Freund und Retter
Hermann Kestens umfangreiches literarisches Werk ist heute so gut wie vergessen, zumindest ein Buch jedoch hat überlebt: "Meine Freunde, die Poeten" heißt es, ein Erinnerungsbuch mit 13 Porträts berühmter literarischer Zeitgenossen. Der Band erschien zunächst 1959, wurde bis in die 70er Jahre immer wieder aufgelegt. Jetzt bringt der Zürcher Atrium-Verlag eine Neuausgabe heraus.
Der Schriftsteller Hermann Kesten (1900 – 1996) hat ein umfangreiches Werk von Romanen, Erzählungen, Theaterstücken hinterlassen – es ist fast völlig vergessen. Dennoch bewahrt die Literaturgeschichte dem gebürtigen Österreicher bis heute ein ehrendes Andenken, denn er hat in den Jahren des Nationalsozialismus vielen Kollegen buchstäblich das Leben gerettet.
Kesten selbst entkam 1940 der Verfolgung, von New York aus organisierte er im "Emergency Rescue Committee" die Flucht hunderter deutscher Emigranten, darunter Heinrich Mann, Franz Werfel und Lion Feuchtwanger, um nur die berühmtesten zu nennen.
Schon vorher war Kesten für die Emigration eine wichtige Gestalt: Als Lektor und Herausgeber eines Exil-Verlags beschaffte er Arbeit und Geld für die oft mittellosen Autoren, war Ansprechpartner, Ratgeber und treuer Freund: Der "Schutzheilige aller über die Welt Versprengten", wie Stefan Zweig einmal über Kesten schrieb, eine sprichwörtlich gewordene Einschätzung, bis heute verleiht das PEN-Zentrum ihre "Hermann Kesten-Medaille" für besondere Verdienste um verfolgte Autoren.
Der Schriftsteller Kesten war in den 1920er Jahren durchaus erfolgreich, schrieb im Stil der "Neuen Sachlichkeit", der große Durchbruch blieb ihm jedoch versagt. 1953 erschien nun jenes Buch, das seinen Namen im literarischen Bewusstsein gehalten: hat: "Meine Freunde, die Poeten".
Immer wieder aufgelegt, bietet der Band dreizehn biographische Porträts von Schriftstellern, mit denen Kesten engen und engsten Kontakt hatte, die er bewunderte, bisweilen förderte und oft bis zu ihrem Tod als Freund begleitete, etwa Joseph Roth, Alfred Döblin, Erich Kästner. Dazu kommen die Namen von Thomas, Heinrich und Klaus Mann, André Gide, Kurt Tucholsky, Lion Feuchtwanger und Stefan Zweig, aber auch die damals noch blutjunge Irmgard Keun, Annegret Kolb und Luise Rinser.
Hermann Kesten schreibt über diese Größen mit großer Sympathie, aber auch kritischem Respekt. Er hat sie alle getroffen, in den verschiedensten, oft auch angespannten Situationen, er hat ihre Eigenarten und Schrullen zu spüren bekommen, ließ sich nie aus der Ruhe des freundlichen Beobachters bringen.
Zahlreiche Anekdoten und biographische Details, die Kesten überliefert, sind mittlerweile Allgemeingut der literarhistorischen Erinnerung geworden. Seine Formulierung etwa über Thomas Mann als "hartnäckigem Villenbesitzer" wird immer wieder kolportiert, die Schilderung von Joseph Roths Trink-Exzessen oder der Großzügigkeit des schwerreichen Stefan Zweig haben viele spätere Biographen in ihre Darstellungen eingebaut, so manches Mal wurde die Quelle Hermann Kesten dabei unterschlagen.
Aber nicht nur für literarische Kenner ist sein Buch ein Vergnügen. Wie nebenbei erzählt Kesten auch von den Werken und seiner Lektüre, liefert so auch eine kluge und elegante Einführung in die Literatur der Freunde und Poeten. Es bleibt zu hoffen, dass diese glänzenden Essays nunmehr erneut die größere Öffentlichkeit finden, die sie verdienen.
Rezensiert von Joachim Scholl
Hermann Kesten: Meine Freunde, die Poeten
Atrium Verlag Zürich 2006
Neuausgabe des Originals von 1953
288 Seiten, 19,90 Euro.
Kesten selbst entkam 1940 der Verfolgung, von New York aus organisierte er im "Emergency Rescue Committee" die Flucht hunderter deutscher Emigranten, darunter Heinrich Mann, Franz Werfel und Lion Feuchtwanger, um nur die berühmtesten zu nennen.
Schon vorher war Kesten für die Emigration eine wichtige Gestalt: Als Lektor und Herausgeber eines Exil-Verlags beschaffte er Arbeit und Geld für die oft mittellosen Autoren, war Ansprechpartner, Ratgeber und treuer Freund: Der "Schutzheilige aller über die Welt Versprengten", wie Stefan Zweig einmal über Kesten schrieb, eine sprichwörtlich gewordene Einschätzung, bis heute verleiht das PEN-Zentrum ihre "Hermann Kesten-Medaille" für besondere Verdienste um verfolgte Autoren.
Der Schriftsteller Kesten war in den 1920er Jahren durchaus erfolgreich, schrieb im Stil der "Neuen Sachlichkeit", der große Durchbruch blieb ihm jedoch versagt. 1953 erschien nun jenes Buch, das seinen Namen im literarischen Bewusstsein gehalten: hat: "Meine Freunde, die Poeten".
Immer wieder aufgelegt, bietet der Band dreizehn biographische Porträts von Schriftstellern, mit denen Kesten engen und engsten Kontakt hatte, die er bewunderte, bisweilen förderte und oft bis zu ihrem Tod als Freund begleitete, etwa Joseph Roth, Alfred Döblin, Erich Kästner. Dazu kommen die Namen von Thomas, Heinrich und Klaus Mann, André Gide, Kurt Tucholsky, Lion Feuchtwanger und Stefan Zweig, aber auch die damals noch blutjunge Irmgard Keun, Annegret Kolb und Luise Rinser.
Hermann Kesten schreibt über diese Größen mit großer Sympathie, aber auch kritischem Respekt. Er hat sie alle getroffen, in den verschiedensten, oft auch angespannten Situationen, er hat ihre Eigenarten und Schrullen zu spüren bekommen, ließ sich nie aus der Ruhe des freundlichen Beobachters bringen.
Zahlreiche Anekdoten und biographische Details, die Kesten überliefert, sind mittlerweile Allgemeingut der literarhistorischen Erinnerung geworden. Seine Formulierung etwa über Thomas Mann als "hartnäckigem Villenbesitzer" wird immer wieder kolportiert, die Schilderung von Joseph Roths Trink-Exzessen oder der Großzügigkeit des schwerreichen Stefan Zweig haben viele spätere Biographen in ihre Darstellungen eingebaut, so manches Mal wurde die Quelle Hermann Kesten dabei unterschlagen.
Aber nicht nur für literarische Kenner ist sein Buch ein Vergnügen. Wie nebenbei erzählt Kesten auch von den Werken und seiner Lektüre, liefert so auch eine kluge und elegante Einführung in die Literatur der Freunde und Poeten. Es bleibt zu hoffen, dass diese glänzenden Essays nunmehr erneut die größere Öffentlichkeit finden, die sie verdienen.
Rezensiert von Joachim Scholl
Hermann Kesten: Meine Freunde, die Poeten
Atrium Verlag Zürich 2006
Neuausgabe des Originals von 1953
288 Seiten, 19,90 Euro.