Freunde der politischen abstrakten Kunst
Die Sammlung von Barbara und Axel Haubrok ist derzeit zu Gast in den Hamburger Deichtorhallen. Sie ist konsequent auf internationale zeitgenössische Konzeptkunst ausgerichtet - insbesondere auf Video, Fotografie und Installation.
Unterschiedlicher, so scheint es, könnten zwei Sammlertypen kaum sein. Auf der einen Seite: der 69-jährige Unternehmer und Bauchmensch Harald Falckenberg, dem hartnäckig das Klischee anhaftet, die Gegenwartskunst lediglich als eine Art polit-ästhetischer Spaßguerilla in der Nachfolge der Achtundsechziger-Bewegung zu sammeln; auf der anderen Seite der knapp zehn Jahre jüngere frühere Unternehmensberater Axel Haubrok, dem ebenso hartnäckig das Klischee anhaftet, er interessiere sich eigentlich nur für Kunst, die gar nicht aussieht wie Kunst und im Grunde ein rein intelligibles, ästhetisches Spiel sei. Klischees, gegen die sich Sammler Haubrok mit Nachdruck verteidigt.
"Ich und wir finden gerade dann Kunst interessant, wenn Geschichten darin verborgen sind. Nur man muss diese Geschichten lesen können. Die Arbeiten wirken eigentlich nur im ersten Augenblick spröde."
Gern assistiert Haubrok dem Betrachter bei der Enthüllung der unsichtbaren Hintergründe. So steht man vor einer Arbeit des niederländischen Künstlerpaars Willem de Rooij und Jeroen de Rijke, die zunächst bloß aussieht wie ein großes schwarzes Rechteck, die sich bei näherer Betrachtung aber als dicht gewebte Oberfläche erweist, die einen kaum sichtbaren Farbverlauf nimmt:
"Wer die Arbeiten von Willem de Rooij und seinerzeit von Jeroen de Rijke kennt, weiß, dass also Farben und Übergänge also immer politisch aufgeladen sind. Da drüben haben wir von Braun nach Schwarz, und wenn wir uns an die deutsche Nachkriegsgeschichte erinnern, hat’s glaube ich eine solche Entwicklung gegeben von Braun nach Schwarz, und das heißt also hier geht es nicht nur um das formale Äußere, es geht schon auch um eine gewisse Aufgeladenheit der Werke, die man allerdings nicht auf Anhieb so erkennen kann. Deswegen erzähl ich halt eben gern die Geschichten dazu."
Beide Sammler sind seit einiger Zeit miteinander befreundet. Falckenberg hat Haubrok die gewaltigen Räume seiner Sammlung in Hamburg-Harburg nun zum freien Spiel überlassen, weil er, wie er sagt, künftig öfter so etwas machen will: nur noch Zuschauer in der eigenen Sammlung zu sein. Aber gerade Haubroks auf mittlerweile über 750 Arbeiten angewachsene Sammlung findet er interessant, obwohl diese sich im Gegensatz zu Falckenbergs Sammlung fast ausschließlich auf die letzten 20 Jahre bezieht. Aber Haubrok glaubt wie Falckenberg, dass das Thema einer politischen abstrakten Kunst heute alles andere als erledigt ist.
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"Es sind halt eben politische Aspekte, persönliche Aspekte, soziale Aspekte und so weiter, und so fort, und diese Mischung, gerade diese Mischung, finden wir sehr interessant, und das ist eigentlich so eine Weiterentwicklung."
Harald Falckenberg:
"Dazu muss man natürlich wissen, dass das nicht unbedingt etwas mit der alten Konzeptkunst und dem alten Minimalismus zu tun hat. Diese Kunst als Widerstandskunst in den sechziger Jahren, darauf kommt es mir an! Die wollten einfach mit dem herkömmlichen Kunstwerkbegriff aufräumen. Und deswegen ist diese Sammlung so interessant, das war der Aspekt, warum wir es hier haben. Wir wollten keinen Leistungsvergleich machen, das ist ganz wichtig. Wir wollen hier nicht zeigen was der hat und was der hat, das ist überhaupt nicht unsere Absicht."
Axel Haubrok:
"Genau, und das fand ich halt eben sehr interessant, dass man hier diesen Freiraum nutzt und die großen Entfernungen, diese Blickachsen, das Licht, das sich von der einen Seite zur anderen bewegt, zwischen Hell und Dunkel. Wenn Sie jetzt einmal durch den Raum gehen, werden Sie sehen, durch diese Fenster oder wie auch immer – das ist schon super, das ist superinteressant, auch so schräg und so. Das ist das, weshalb wir zuerst gesagt haben, zuerst war's ein bisschen schwierig, aber dann, als wir uns in die Räume verliebt haben, war das wunderbar."
Nicht zuletzt ist es wohl die gemeinsame Aversion gegen das Gefällige und Eventige das diese beiden so unterschiedlichen Temperamente als Sammler eint. Axel Haubrok begann vor 20 Jahren, Kunst zu sammeln und hegte nie den Anspruch, damit große öffentliche Auftritte hinzulegen. Die ersten Objekte und Malereien seiner Sammlung stammten von Günter Foerg, Imi Knoebel oder Donald Judd, ehe er sich dann auf die aktuelle Gegenwart verlegte, mit Arbeiten, die, wie Haubrok betont, keineswegs leicht vermittelbar auf dem Kunstmarkt sind. Dazu gehören etwa raumgreifende Installationen von Christoph Büchel oder eine Mobiliarkollage von Florian Slotawa, performative Arbeiten wie "This is Propaganda" von Tino Seghal, die ebenso auf der Biennale Venedig zu sehen war wie Gregor Schneiders "Totes Haus Ur". Zur Sammlung gehören auch immaterielle Arbeiten wie Martin Creeds "Lights Off", bei der man, wenn man sich traut, einen völlig dunklen, leeren Saal der Sammlung Falckenberg begehen kann. Freilich, dies ist keine politische Kampfkunst, hinter ihren äußersten Reduktionen steckt, passend zu heutigen Zeit, keine Utopie mehr – mehr eine künstlerische Geste, die sich gegen die ewige Verfügbarkeit der Bilder wendet. Dass sie gerade diese Gesten als Sammlungsgegenstand, als künstlerisches Statement jenseits von Fluxus und Arte Povera auch als Haltung zur Gegenwart wahrnimmt, macht die Sammlung Haubrok in der Tat einzigartig in Deutschland.
"Ich und wir finden gerade dann Kunst interessant, wenn Geschichten darin verborgen sind. Nur man muss diese Geschichten lesen können. Die Arbeiten wirken eigentlich nur im ersten Augenblick spröde."
Gern assistiert Haubrok dem Betrachter bei der Enthüllung der unsichtbaren Hintergründe. So steht man vor einer Arbeit des niederländischen Künstlerpaars Willem de Rooij und Jeroen de Rijke, die zunächst bloß aussieht wie ein großes schwarzes Rechteck, die sich bei näherer Betrachtung aber als dicht gewebte Oberfläche erweist, die einen kaum sichtbaren Farbverlauf nimmt:
"Wer die Arbeiten von Willem de Rooij und seinerzeit von Jeroen de Rijke kennt, weiß, dass also Farben und Übergänge also immer politisch aufgeladen sind. Da drüben haben wir von Braun nach Schwarz, und wenn wir uns an die deutsche Nachkriegsgeschichte erinnern, hat’s glaube ich eine solche Entwicklung gegeben von Braun nach Schwarz, und das heißt also hier geht es nicht nur um das formale Äußere, es geht schon auch um eine gewisse Aufgeladenheit der Werke, die man allerdings nicht auf Anhieb so erkennen kann. Deswegen erzähl ich halt eben gern die Geschichten dazu."
Beide Sammler sind seit einiger Zeit miteinander befreundet. Falckenberg hat Haubrok die gewaltigen Räume seiner Sammlung in Hamburg-Harburg nun zum freien Spiel überlassen, weil er, wie er sagt, künftig öfter so etwas machen will: nur noch Zuschauer in der eigenen Sammlung zu sein. Aber gerade Haubroks auf mittlerweile über 750 Arbeiten angewachsene Sammlung findet er interessant, obwohl diese sich im Gegensatz zu Falckenbergs Sammlung fast ausschließlich auf die letzten 20 Jahre bezieht. Aber Haubrok glaubt wie Falckenberg, dass das Thema einer politischen abstrakten Kunst heute alles andere als erledigt ist.
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"Es sind halt eben politische Aspekte, persönliche Aspekte, soziale Aspekte und so weiter, und so fort, und diese Mischung, gerade diese Mischung, finden wir sehr interessant, und das ist eigentlich so eine Weiterentwicklung."
Harald Falckenberg:
"Dazu muss man natürlich wissen, dass das nicht unbedingt etwas mit der alten Konzeptkunst und dem alten Minimalismus zu tun hat. Diese Kunst als Widerstandskunst in den sechziger Jahren, darauf kommt es mir an! Die wollten einfach mit dem herkömmlichen Kunstwerkbegriff aufräumen. Und deswegen ist diese Sammlung so interessant, das war der Aspekt, warum wir es hier haben. Wir wollten keinen Leistungsvergleich machen, das ist ganz wichtig. Wir wollen hier nicht zeigen was der hat und was der hat, das ist überhaupt nicht unsere Absicht."
Axel Haubrok:
"Genau, und das fand ich halt eben sehr interessant, dass man hier diesen Freiraum nutzt und die großen Entfernungen, diese Blickachsen, das Licht, das sich von der einen Seite zur anderen bewegt, zwischen Hell und Dunkel. Wenn Sie jetzt einmal durch den Raum gehen, werden Sie sehen, durch diese Fenster oder wie auch immer – das ist schon super, das ist superinteressant, auch so schräg und so. Das ist das, weshalb wir zuerst gesagt haben, zuerst war's ein bisschen schwierig, aber dann, als wir uns in die Räume verliebt haben, war das wunderbar."
Nicht zuletzt ist es wohl die gemeinsame Aversion gegen das Gefällige und Eventige das diese beiden so unterschiedlichen Temperamente als Sammler eint. Axel Haubrok begann vor 20 Jahren, Kunst zu sammeln und hegte nie den Anspruch, damit große öffentliche Auftritte hinzulegen. Die ersten Objekte und Malereien seiner Sammlung stammten von Günter Foerg, Imi Knoebel oder Donald Judd, ehe er sich dann auf die aktuelle Gegenwart verlegte, mit Arbeiten, die, wie Haubrok betont, keineswegs leicht vermittelbar auf dem Kunstmarkt sind. Dazu gehören etwa raumgreifende Installationen von Christoph Büchel oder eine Mobiliarkollage von Florian Slotawa, performative Arbeiten wie "This is Propaganda" von Tino Seghal, die ebenso auf der Biennale Venedig zu sehen war wie Gregor Schneiders "Totes Haus Ur". Zur Sammlung gehören auch immaterielle Arbeiten wie Martin Creeds "Lights Off", bei der man, wenn man sich traut, einen völlig dunklen, leeren Saal der Sammlung Falckenberg begehen kann. Freilich, dies ist keine politische Kampfkunst, hinter ihren äußersten Reduktionen steckt, passend zu heutigen Zeit, keine Utopie mehr – mehr eine künstlerische Geste, die sich gegen die ewige Verfügbarkeit der Bilder wendet. Dass sie gerade diese Gesten als Sammlungsgegenstand, als künstlerisches Statement jenseits von Fluxus und Arte Povera auch als Haltung zur Gegenwart wahrnimmt, macht die Sammlung Haubrok in der Tat einzigartig in Deutschland.