Freundlich und leidenschaftslos
Shakespeare und Beckett waren die Schwerpunkte bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen, die am Sonntag zu Ende gehen. Es war das zweite Jahr des Intendanten Frank Hoffmann, der höchstens ein mittelmäßiger Regisseur und ein großartiger Kulturmanager ist. Einen wie ihn braucht man, um einen leck geschlagenen Festivaldampfer wieder flott zu kriegen. Aber für die Zukunft benötigen die Ruhrfestspiele mutigere, ästhetisch anspruchsvollere Ideen.
Alle sind nett bei den Ruhrfestspielen. Die Platzanweiser, die Getränkeverkäufer, die Kassendamen. Sie lächeln, sind aufmerksam, verbreiten eine gute Stimmung. In den sechs Wochen Festival war immer was los, im großen Haus, im kleinen Haus, im Theaterzelt, im Zirkuszelt, in den Cafés. Wenn zudem das Wetter mitspielt, ist das Ruhrfestspielhaus ein herrlicher Ort, um sich zu entspannen.
Jeder Kulturveranstalter weiß, dass ein angenehmes Umfeld den Kartenverkauf steigert. Darüber hinaus gibt es nur noch zwei Dinge, um mit Sicherheit Publikum anzuziehen: bekannte Stars und bekannte Stücke. Auch davon gab es in Recklinghausen reichlich. Manchmal enttäuschten die Promis ein bisschen wie Kevin Spacey mit seiner Londoner Shakespeare-Deklamationstruppe.
Gelegentlich waren sie ein Totalausfall wie Désirée Nosbusch als blasse Widerspenstige, die schon von vornherein ganz zahm wirkte. Die Regiestars erfüllten meistens einfach die Erwartungen. Was gab´s von Robert Wilson? Klar, statisches, schönes, irgendwie hohles Bildertheater. Und von Peter Zadek? Altmeisterliches Handwerk, britischen Problemboulevard. Die Liste ließe sich fortsetzen. Nirgendwo lauerte eine Überraschung, denn fast alle Aufführungen waren schon woanders gelaufen. So minimiert Frank Hoffmann das Risiko, aber dass die Ruhrfestspiele kaum noch selbst produzieren sondern höchstens koproduzieren, ist ein Problem. Ein künstlerisch lebendiges Festival sind sie nicht.
Frischen Wind versprach sich die Leitung von der letzten großen Premiere dieses Jahres, "Romeo und Julia" aus Island. Schauspieler und Akrobaten haben dort vor fünf Jahren das "Vesturport Team" gegründet, um eine neue Mischform von Theater, Zirkus und Varieté zu entwickeln. In London wurde "R and J", wie das Stück auf dem Titelblatt des Programmheftes abgekürzt wird, von Kritik und Publikum umjubelt. Aber die Deutschlandpremiere war ein Fiasko. Die isländischen Akteure haben sich bemüht, eine deutsche Fassung zu erstellen. Das ist ihnen misslungen. Erst schmierte sich eine Art Zirkusdirektor mit albernen Scherzen an die Zuschauer heran, dann gab es nur noch kurze, staksige Einwürfe auf Deutsch und den Rest dann doch auf Englisch.
Musicaleinlagen und Clownsnummern können Bereicherungen für eine lebendige Shakespeare-Aufführung sein. Doch Regisseur und Romeodarsteller Gisli Örn Gardarsson verrät wichtige, tragische Szenen an den Klamauk. So baut sich keine Sympathie für das Liebespaar auf, es bleiben einige schöne Bilder an Trapezen und Tüchern. Am Ende hängen fünf Männer mit nacktem Oberkörper kopfüber von der Decke, darunter Romeo, und Julia liegt am Boden.
Die Szene ähnelt einem Schlachthaus, aber das passt nicht wirklich zu "Romeo und Julia", eher zu "Richard III." Was ein Island-Impuls werden sollte, entpuppte sich als eine weitere Enttäuschung, hohles Unterhaltungstheater, nett, manchmal sogar ein bisschen anarchisch-witzig, aber ohne Leidenschaft und Tiefgang.
Mit einigen kleineren Reihen, Festivals im Festival, versuchte Frank Hoffmann, den Ruhrfestspielen künstlerisches Leben einzuhauchen. Da ergaben sich einige schöne Querverweise und Ergänzungen des Programms im großen Haus. Ein italienischer Puppenspieler verknüpfte die Bilderwelten Samuel Becketts und Francis Bacons im Fringe Festival. Und das theater 89 aus Berlin brachte in der Uraufführungsserie Oliver Bukowskis Shakespeareschwank "Nach dem Kuss" auf die Bühne, eine sprachlich präzise und sehr komische freie Neuerzählung von "Romeo und Julia" in einem heutigen Verlierermilieu. Ein kleiner Glanzpunkt, die anderen beiden Uraufführungen waren hundertprozentige Flops. Ins hübsch hässliche Bürgerhaus West, in das die Reihe verfrachtet wurde, verirrten sich nur wenige Menschen.
Die Ruhrfestspiele sind ein bisschen besser geworden als im letzten Jahr, aber nur ein bisschen. Der einzige richtige Höhepunkt ist schon fast zwei Jahre alt, Stefan Puchers grandiose "Othello"-Inszenierung aus dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Intendant Frank Hoffmann ist ein höchstens mittelmäßiger Regisseur und ein großartiger Kulturmanager. Einen wie ihn braucht man, um einen leck geschlagenen Festivaldampfer wieder flott zu kriegen. Aber für die Zukunft benötigen die Ruhrfestspiele mutigere, ästhetisch anspruchsvollere Ideen. Auf Dauer reicht es nicht, sich und die Kunst gut zu verkaufen.
Jeder Kulturveranstalter weiß, dass ein angenehmes Umfeld den Kartenverkauf steigert. Darüber hinaus gibt es nur noch zwei Dinge, um mit Sicherheit Publikum anzuziehen: bekannte Stars und bekannte Stücke. Auch davon gab es in Recklinghausen reichlich. Manchmal enttäuschten die Promis ein bisschen wie Kevin Spacey mit seiner Londoner Shakespeare-Deklamationstruppe.
Gelegentlich waren sie ein Totalausfall wie Désirée Nosbusch als blasse Widerspenstige, die schon von vornherein ganz zahm wirkte. Die Regiestars erfüllten meistens einfach die Erwartungen. Was gab´s von Robert Wilson? Klar, statisches, schönes, irgendwie hohles Bildertheater. Und von Peter Zadek? Altmeisterliches Handwerk, britischen Problemboulevard. Die Liste ließe sich fortsetzen. Nirgendwo lauerte eine Überraschung, denn fast alle Aufführungen waren schon woanders gelaufen. So minimiert Frank Hoffmann das Risiko, aber dass die Ruhrfestspiele kaum noch selbst produzieren sondern höchstens koproduzieren, ist ein Problem. Ein künstlerisch lebendiges Festival sind sie nicht.
Frischen Wind versprach sich die Leitung von der letzten großen Premiere dieses Jahres, "Romeo und Julia" aus Island. Schauspieler und Akrobaten haben dort vor fünf Jahren das "Vesturport Team" gegründet, um eine neue Mischform von Theater, Zirkus und Varieté zu entwickeln. In London wurde "R and J", wie das Stück auf dem Titelblatt des Programmheftes abgekürzt wird, von Kritik und Publikum umjubelt. Aber die Deutschlandpremiere war ein Fiasko. Die isländischen Akteure haben sich bemüht, eine deutsche Fassung zu erstellen. Das ist ihnen misslungen. Erst schmierte sich eine Art Zirkusdirektor mit albernen Scherzen an die Zuschauer heran, dann gab es nur noch kurze, staksige Einwürfe auf Deutsch und den Rest dann doch auf Englisch.
Musicaleinlagen und Clownsnummern können Bereicherungen für eine lebendige Shakespeare-Aufführung sein. Doch Regisseur und Romeodarsteller Gisli Örn Gardarsson verrät wichtige, tragische Szenen an den Klamauk. So baut sich keine Sympathie für das Liebespaar auf, es bleiben einige schöne Bilder an Trapezen und Tüchern. Am Ende hängen fünf Männer mit nacktem Oberkörper kopfüber von der Decke, darunter Romeo, und Julia liegt am Boden.
Die Szene ähnelt einem Schlachthaus, aber das passt nicht wirklich zu "Romeo und Julia", eher zu "Richard III." Was ein Island-Impuls werden sollte, entpuppte sich als eine weitere Enttäuschung, hohles Unterhaltungstheater, nett, manchmal sogar ein bisschen anarchisch-witzig, aber ohne Leidenschaft und Tiefgang.
Mit einigen kleineren Reihen, Festivals im Festival, versuchte Frank Hoffmann, den Ruhrfestspielen künstlerisches Leben einzuhauchen. Da ergaben sich einige schöne Querverweise und Ergänzungen des Programms im großen Haus. Ein italienischer Puppenspieler verknüpfte die Bilderwelten Samuel Becketts und Francis Bacons im Fringe Festival. Und das theater 89 aus Berlin brachte in der Uraufführungsserie Oliver Bukowskis Shakespeareschwank "Nach dem Kuss" auf die Bühne, eine sprachlich präzise und sehr komische freie Neuerzählung von "Romeo und Julia" in einem heutigen Verlierermilieu. Ein kleiner Glanzpunkt, die anderen beiden Uraufführungen waren hundertprozentige Flops. Ins hübsch hässliche Bürgerhaus West, in das die Reihe verfrachtet wurde, verirrten sich nur wenige Menschen.
Die Ruhrfestspiele sind ein bisschen besser geworden als im letzten Jahr, aber nur ein bisschen. Der einzige richtige Höhepunkt ist schon fast zwei Jahre alt, Stefan Puchers grandiose "Othello"-Inszenierung aus dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Intendant Frank Hoffmann ist ein höchstens mittelmäßiger Regisseur und ein großartiger Kulturmanager. Einen wie ihn braucht man, um einen leck geschlagenen Festivaldampfer wieder flott zu kriegen. Aber für die Zukunft benötigen die Ruhrfestspiele mutigere, ästhetisch anspruchsvollere Ideen. Auf Dauer reicht es nicht, sich und die Kunst gut zu verkaufen.