Freundschaft in Kabul, Liebe in Dublin
"Drachenläufer" spielt im Kabul der 70er Jahre. Die Freundschaft zwischen zwei Jungen zerbricht, als einer dem anderen in einer bedrohlichen Situation nicht beisteht. Einer der beiden stellt sich als Erwachsener seinen Erinnerungen. Der irische Film "Once" erzählt von einer Liebe in Dublin zwischen einem Straßenmusiker und einer tschechischen Pianistin.
"Drachenläufer"
USA 2007, Regie: Marc Forster, Hauptdarsteller: Zekiria Ebrahimi, Ahmad Khan Mahmoodzada, Prädikat: besonders wertvoll
Regisseur Marc Forster ist ein deutschstämmiger Schweizer, der seit der Jahrhundertwende in Hollywood Fuß gefasst hat. Aber der Reihe nach: Marc Forster, geboren am 30. November 1969 in Illertissen, Ulm, Sohn eines deutschen Arztes und Pharmaunternehmers, der im Wintersportort Davos (im Kanton Graubünden) aufwuchs.
Nach dem Gymnasium Studium an der Filmschule der New York University, Abschluss 1993. Zwei Jahre darauf entsteht mit einem Budget von 10.000 Dollar der experimentelle Film "Loungers". Im Jahr 2000 zieht Forster nach Los Angeles. Mit einer Amateurkamera, 100.000 Dollar und Schauspieler und Technikern, die ohne Lohn arbeiten, dreht er das psychologische Horror-Drama "Everything Put Together", das beim Sundance Festival erstaufgeführt und für den Jury-Preis nominiert wird.
Seitdem "ist er wer" und beginnt seine Karriere: 2001 entsteht "Monster's Ball", der zwei "Oscar"-Nominierungen einheimst, Halle Berry gewinnt als erste Afroamerikanerin den "Oscar" als "Beste Hauptdarstellerin". Gleich sieben "Oscar"-Nominierungen erhält er für seinen nächsten, 2004 gedrehten Film "Wenn Träume fliegen lernen", die Geschichte um den Peter-Pan-Autoren J.M. Barrie, mit Johnny Depp und Kate Winslet in den Hauptrollen.
Danach entstehen die Spielfilme "Stay" (2005, mit Ewan McGregor) und "Schräger als Fiktion" (2006, mit Will Ferrell, Dustin Hoffman, Emma Thompson). Beim - noch titellosen - neuen, 23. Bond-Film, der sich momentan in der Dreh-Anfangsphase befindet, führt Marc Forster Regie.
Der Erstlingsroman "Drachenläufer" stammt von Khaled Hosseini und wurde 2003 unter dem Originaltitel "The Kite Runner" und ein Jahr darauf bei uns unter dem Titel "Drachenläufer" veröffentlicht. Seitdem ist er in über 40 Ländern erschienen, wurde weltweit über sieben Millionen Mal verkauft.
Khaled Hosseini wurde am 4. März 1965 in Kabul, Afghanistan als Sohn eines Diplomaten geboren. Die Mutter unterrichtete Persisch und Geschichte an einer Mädchen-High-School. 1976 verließ die Familie Afghanistan, als Khaleds Vater eine Stelle an der afghanischen Botschaft in Paris bekam. 1980 emigrierte die Familie in die USA, die Familie ließ sich in San José, Kalifornien nieder. Khaled studierte Medizin in San Diego und arbeitete anschließend als Internist.
Heute hat er die Arbeit als Arzt unterbrochen und lebt als Schriftsteller mit seiner Familie in Kalifornien. Im August 2007 erschien sein zweiter Roman: "Tausend strahlende Sonnen", der ebenfalls in Afghanistan spielt.
Zum Film: Mit Afghanistan verbinden wir heute Negativbegriffe wie Terror, Taliban, El Kaida. Sehen bärtige Stammeskrieger, Opiumfelder, Waffen. Wie aber war es in den Zeiten, bevor es dort den Krieg mit der Sowjetunion und bevor es die Taliban gab? Davon erzählt der Film. Dabei verarbeitet Romanautor Khaled Hosseini Erinnerungen an die eigene privilegierte Kindheit als Diplomatensohn. Schildert die Geschichte der Kinder Amir und Hassan.
Mitte der 70er Jahre ist Kabul eine malerisch von schneebedeckten Bergkuppen umgebene blühende Metropole. Mit orientalischem Flair und gelassener Lebensart. Amir, der Sohn des Hausherrn, und Hassan, der Sohn eines Hausangestellten, verbringen viel Zeit zusammen. Sowohl beim beliebten Windvogel-, Drachen-Wettkampf wie auch im Kino mit heißgeliebten Western-Filmen. Doch eines Tages zerbricht diese Freundschaft, als Hassan von einem stärkeren, älteren Junge vergewaltigt wird und Amir nicht eingreift, seinem Freund nicht beisteht. Aus Scham über seine Feigheit verrät Amir die tiefe Freundschaft.
Viele Jahre später muss er sich als Erwachsener, der nun mit eigener Familie in den USA lebt, seinen Erinnerungen, seiner Schuld stellen. Muss zurückkehren, um eine große moralische Schuld endgültig zu tilgen. Ein packender Roman, ein ebenso großer Wurf von Film. Der überwiegend an einem Ort der Welt spielt, der "so" selten beachtet wird. (Gedreht wurde übrigens in der westchinesischen Wüste, an der Grenze zu Afghanistan). Dabei eine universelle Geschichte angenehm ruhig wie nahegehend ausbreitet: Freundschaft, Verrat, Schuld und Sühne.
Es ist ein Film der Entwicklungen, das heißt - man muss sich hierauf einlassen, quasi in die sich unaufgeregt entwickelnde Geschichte eintauchen (wie eben auch in diesen ganz vorzüglichen Roman), die Geschehnisse und Ereignisse aufnehmen, wirken lassen, sich an die vergleichsweise "fremden" Personen ebenso "herantasten" wie an diesen weitgehend unbekannten (Leinwand-)Ort, an diese weitgehend "unbekannte Spielfilm-Stelle" der Welt.
Dann ist es ein wunderbares Genuss-Abenteuer, hier zuzuschauen, zuzuhören. Marc Forster versteht es ausgezeichnet, Stimmungen, Gefühle, Zeitzeichen auszubreiten und ohne moralische oder politische oder gar belehrende Ausrufungszeichen zu setzen, ganz im Gegenteil: Man ist ob dieser "anderen" Stimmungen und schicksalhaften Abläufe dauerhaft interessiert, gespannt wie dann auch betroffen. Wobei natürlich das zuletzt hochaktuelle (Taliban-)Umfeld ebenso brisant, aber eben nicht hyperhysterisch schematisiert wird, sondern in einem sensiblen Spannungsrahmen eingebunden ist, der menschlich und politisch niemanden kalt lassen kann.
Die Neugier für die afghanische Geschichte, für die afghanische Kultur und deren Sitten und Gebräuche wird durch den Film jedenfalls immens geweckt. Ein in jeder Hinsicht aufregender, im besten Sinne spannender Menschen- und Kultur-Film, der (angenehm-)viel unter die Haut und in den Kopf steigt. Was natürlich nicht zuletzt auch an dieser geglückten Darstellermischung aus Profis und Laien liegt: Der Auftritt des jetzt 13 Jahre alten Ahmad Khan Mahmoodzada als junger Hassan "zählt zu den großartigsten Kinderdarbietungen in der Filmgeschichte", befand die "New York Times". Und auch die weiteren - unbekannten - Akteure verleihen dem Stoff wie den Bildern eine immense Würde und Authentizität. Der "Spiegel" notiert in dieser Woche völlig zu Recht: Der schwierige Spagat zwischen Kunst- und Kommerzkino ist hier jedenfalls mühelos wie vollauf geglückt: Ein Klasse-Film!
"Once"
Irland 2006, Regie: John Carney, Hauptdarsteller: Glen Hansard, Marketa Irglova, ohne Altersbeschränkung
John Carney ist ein irischer Drehbuch-Autor, Produzent und Regisseur, der 1972 in Dublin geboren wurde, zunächst Kurzfilme schuf, um dann die Spielfilme "November Afternoon" (1996, eine Schwarz-Weiße-Low-Budget-Produktion, die von der irischen "Times" zum "Besten Film des Jahres 1997" gekürt wurde) und "On The Edge" (2001, mit Cillian Murphy und Stephen Rea, für die Universal Studios) zu realisieren. Zugleich arbeitet er erfolgreich für das Fernsehen und war an Irlands erfolgreichster unabhängiger TV-Serie "Bachelors Walk" als Co-Autor und Regisseur beteiligt.
2006 entstand, für vergleichsweise lächerliche 130.000 Euro, "Once" (Buch und Regie), der im Vorjahr beim Sundance-Festival den Publikumspreis gewann und seitdem auf dem Siegeszug um die (Kino-)Welt ist. Steven Spielberg wird in diesem Zusammenhang gerne zitiert: "Ein kleiner Film mit dem Titel 'Once' gab mir genug Inspiration, um über den Rest des Jahres zu kommen." Wenn das kein Güte-Stempel ist....., aber in der Tat: "Once" ist eine jener kleinen, bezaubernden Entdeckungen, die so unverhofft auftauchen und so herrlich-lange nachhallen. Und die in diesem "gigantischen Brüll-Alltag" auf so wunderbare Weise, jenseits von Glamour und Business, von Fratzenkultur und Banalität(en), Dämlichkeit(en), Emotionen wie gleichsam Musikalität und Seele freisetzen. Also augenzwinkernd-fein ausatmen und "beruhigen". Will sagen: "Once" tut richtig gut.
Natürlich geht es um Außenseiter. Um DEN Jungen und DAS Mädchen. Im Dublin von heute. Da ist einerseits der bettelarme, aber deshalb nicht herumjammernde Straßenmusiker mit der lauten Gitarre und ebensolcher Stimme. Der sich - bildlich-musikalisch gesprochen - mit seinen Songs geradezu auskotzt. Und da ist SIE, die neugierig geworden ist. Die sich nähert, aber mit irgendwelchen Standardantworten keineswegs zufrieden ist. Eine tschechische Immigrantin, wie sich herausstellt, die Hilfsarbeiten macht, aber Pianistin ist. Die Liebe zur Musik bringt sie näher.
Wie, das soll, das darf gar nicht weiter erzählt werden, das muss man sehen und noch besser - hören. Denn "Once" kann man auch als so eine Art "Wild-Musical" bezeichnen, aber ich merke bereits beim Schreiben, die "korrekte" Klassifizierung fällt schwer, so angenehm ungewöhnlich wie federleicht-schön ist dieses 85-minütige Anders-Erlebnis von Kino. Ein Stück Juwel, mit dem man respektvoll wie genießerisch wie "einfach so" umgehen sollte: Romeo und Julia, das Straßenpaar von Dublin ohne die üblichen Kitschmotive. Und auch ohne..., aber lassen wir das. Eine Hymne an das "normale" Dublin, bezeichnet ER diese "gesungene Liebeserklärung", Glen Hansard: Sänger und Gitarrist der irischen Band "The Frames". In Alan Parkers Band-Klassiker "The Commitments" spielte er 1991 den Gitarristen Outspan Foster.
Für "Once" hat er die Songs mit der weiblichen Hauptdarstellerin, der erst 19-jährigen Sängerin und Pianistin Markéta Irglová, einer Liedermacherin aus der ehemaligen Tschechoslowakei, geschrieben und eingespielt. Ergebnis: Endlich einmal kein glatter, kein geschönter, kein konstruierter Quatsch an Beziehung und Music, sondern eine richtig urwüchsige, völlig unaufgeregte, angenehm lakonische Frisch-Fröhlich-Fromm-urige-Einfach-So-Begegnungs-Song-Geschichte von Boy und Girl. Das ist es. Wer an diesem Film vorbeistolpert, ist selber schuld, aber sage keiner, dass er nicht gewusst habe, dass es diesen Film gibt: "Once" ist Musik-Charme- und Atmosphäre-Kult-pur. Ein Film zum, pardon, Liebhaben, Gerne-Mögen. SO WUNDERBAR-NORMAL-SCHÖN WAR KINO SCHON LANGE NICHT MEHR!
USA 2007, Regie: Marc Forster, Hauptdarsteller: Zekiria Ebrahimi, Ahmad Khan Mahmoodzada, Prädikat: besonders wertvoll
Regisseur Marc Forster ist ein deutschstämmiger Schweizer, der seit der Jahrhundertwende in Hollywood Fuß gefasst hat. Aber der Reihe nach: Marc Forster, geboren am 30. November 1969 in Illertissen, Ulm, Sohn eines deutschen Arztes und Pharmaunternehmers, der im Wintersportort Davos (im Kanton Graubünden) aufwuchs.
Nach dem Gymnasium Studium an der Filmschule der New York University, Abschluss 1993. Zwei Jahre darauf entsteht mit einem Budget von 10.000 Dollar der experimentelle Film "Loungers". Im Jahr 2000 zieht Forster nach Los Angeles. Mit einer Amateurkamera, 100.000 Dollar und Schauspieler und Technikern, die ohne Lohn arbeiten, dreht er das psychologische Horror-Drama "Everything Put Together", das beim Sundance Festival erstaufgeführt und für den Jury-Preis nominiert wird.
Seitdem "ist er wer" und beginnt seine Karriere: 2001 entsteht "Monster's Ball", der zwei "Oscar"-Nominierungen einheimst, Halle Berry gewinnt als erste Afroamerikanerin den "Oscar" als "Beste Hauptdarstellerin". Gleich sieben "Oscar"-Nominierungen erhält er für seinen nächsten, 2004 gedrehten Film "Wenn Träume fliegen lernen", die Geschichte um den Peter-Pan-Autoren J.M. Barrie, mit Johnny Depp und Kate Winslet in den Hauptrollen.
Danach entstehen die Spielfilme "Stay" (2005, mit Ewan McGregor) und "Schräger als Fiktion" (2006, mit Will Ferrell, Dustin Hoffman, Emma Thompson). Beim - noch titellosen - neuen, 23. Bond-Film, der sich momentan in der Dreh-Anfangsphase befindet, führt Marc Forster Regie.
Der Erstlingsroman "Drachenläufer" stammt von Khaled Hosseini und wurde 2003 unter dem Originaltitel "The Kite Runner" und ein Jahr darauf bei uns unter dem Titel "Drachenläufer" veröffentlicht. Seitdem ist er in über 40 Ländern erschienen, wurde weltweit über sieben Millionen Mal verkauft.
Khaled Hosseini wurde am 4. März 1965 in Kabul, Afghanistan als Sohn eines Diplomaten geboren. Die Mutter unterrichtete Persisch und Geschichte an einer Mädchen-High-School. 1976 verließ die Familie Afghanistan, als Khaleds Vater eine Stelle an der afghanischen Botschaft in Paris bekam. 1980 emigrierte die Familie in die USA, die Familie ließ sich in San José, Kalifornien nieder. Khaled studierte Medizin in San Diego und arbeitete anschließend als Internist.
Heute hat er die Arbeit als Arzt unterbrochen und lebt als Schriftsteller mit seiner Familie in Kalifornien. Im August 2007 erschien sein zweiter Roman: "Tausend strahlende Sonnen", der ebenfalls in Afghanistan spielt.
Zum Film: Mit Afghanistan verbinden wir heute Negativbegriffe wie Terror, Taliban, El Kaida. Sehen bärtige Stammeskrieger, Opiumfelder, Waffen. Wie aber war es in den Zeiten, bevor es dort den Krieg mit der Sowjetunion und bevor es die Taliban gab? Davon erzählt der Film. Dabei verarbeitet Romanautor Khaled Hosseini Erinnerungen an die eigene privilegierte Kindheit als Diplomatensohn. Schildert die Geschichte der Kinder Amir und Hassan.
Mitte der 70er Jahre ist Kabul eine malerisch von schneebedeckten Bergkuppen umgebene blühende Metropole. Mit orientalischem Flair und gelassener Lebensart. Amir, der Sohn des Hausherrn, und Hassan, der Sohn eines Hausangestellten, verbringen viel Zeit zusammen. Sowohl beim beliebten Windvogel-, Drachen-Wettkampf wie auch im Kino mit heißgeliebten Western-Filmen. Doch eines Tages zerbricht diese Freundschaft, als Hassan von einem stärkeren, älteren Junge vergewaltigt wird und Amir nicht eingreift, seinem Freund nicht beisteht. Aus Scham über seine Feigheit verrät Amir die tiefe Freundschaft.
Viele Jahre später muss er sich als Erwachsener, der nun mit eigener Familie in den USA lebt, seinen Erinnerungen, seiner Schuld stellen. Muss zurückkehren, um eine große moralische Schuld endgültig zu tilgen. Ein packender Roman, ein ebenso großer Wurf von Film. Der überwiegend an einem Ort der Welt spielt, der "so" selten beachtet wird. (Gedreht wurde übrigens in der westchinesischen Wüste, an der Grenze zu Afghanistan). Dabei eine universelle Geschichte angenehm ruhig wie nahegehend ausbreitet: Freundschaft, Verrat, Schuld und Sühne.
Es ist ein Film der Entwicklungen, das heißt - man muss sich hierauf einlassen, quasi in die sich unaufgeregt entwickelnde Geschichte eintauchen (wie eben auch in diesen ganz vorzüglichen Roman), die Geschehnisse und Ereignisse aufnehmen, wirken lassen, sich an die vergleichsweise "fremden" Personen ebenso "herantasten" wie an diesen weitgehend unbekannten (Leinwand-)Ort, an diese weitgehend "unbekannte Spielfilm-Stelle" der Welt.
Dann ist es ein wunderbares Genuss-Abenteuer, hier zuzuschauen, zuzuhören. Marc Forster versteht es ausgezeichnet, Stimmungen, Gefühle, Zeitzeichen auszubreiten und ohne moralische oder politische oder gar belehrende Ausrufungszeichen zu setzen, ganz im Gegenteil: Man ist ob dieser "anderen" Stimmungen und schicksalhaften Abläufe dauerhaft interessiert, gespannt wie dann auch betroffen. Wobei natürlich das zuletzt hochaktuelle (Taliban-)Umfeld ebenso brisant, aber eben nicht hyperhysterisch schematisiert wird, sondern in einem sensiblen Spannungsrahmen eingebunden ist, der menschlich und politisch niemanden kalt lassen kann.
Die Neugier für die afghanische Geschichte, für die afghanische Kultur und deren Sitten und Gebräuche wird durch den Film jedenfalls immens geweckt. Ein in jeder Hinsicht aufregender, im besten Sinne spannender Menschen- und Kultur-Film, der (angenehm-)viel unter die Haut und in den Kopf steigt. Was natürlich nicht zuletzt auch an dieser geglückten Darstellermischung aus Profis und Laien liegt: Der Auftritt des jetzt 13 Jahre alten Ahmad Khan Mahmoodzada als junger Hassan "zählt zu den großartigsten Kinderdarbietungen in der Filmgeschichte", befand die "New York Times". Und auch die weiteren - unbekannten - Akteure verleihen dem Stoff wie den Bildern eine immense Würde und Authentizität. Der "Spiegel" notiert in dieser Woche völlig zu Recht: Der schwierige Spagat zwischen Kunst- und Kommerzkino ist hier jedenfalls mühelos wie vollauf geglückt: Ein Klasse-Film!
"Once"
Irland 2006, Regie: John Carney, Hauptdarsteller: Glen Hansard, Marketa Irglova, ohne Altersbeschränkung
John Carney ist ein irischer Drehbuch-Autor, Produzent und Regisseur, der 1972 in Dublin geboren wurde, zunächst Kurzfilme schuf, um dann die Spielfilme "November Afternoon" (1996, eine Schwarz-Weiße-Low-Budget-Produktion, die von der irischen "Times" zum "Besten Film des Jahres 1997" gekürt wurde) und "On The Edge" (2001, mit Cillian Murphy und Stephen Rea, für die Universal Studios) zu realisieren. Zugleich arbeitet er erfolgreich für das Fernsehen und war an Irlands erfolgreichster unabhängiger TV-Serie "Bachelors Walk" als Co-Autor und Regisseur beteiligt.
2006 entstand, für vergleichsweise lächerliche 130.000 Euro, "Once" (Buch und Regie), der im Vorjahr beim Sundance-Festival den Publikumspreis gewann und seitdem auf dem Siegeszug um die (Kino-)Welt ist. Steven Spielberg wird in diesem Zusammenhang gerne zitiert: "Ein kleiner Film mit dem Titel 'Once' gab mir genug Inspiration, um über den Rest des Jahres zu kommen." Wenn das kein Güte-Stempel ist....., aber in der Tat: "Once" ist eine jener kleinen, bezaubernden Entdeckungen, die so unverhofft auftauchen und so herrlich-lange nachhallen. Und die in diesem "gigantischen Brüll-Alltag" auf so wunderbare Weise, jenseits von Glamour und Business, von Fratzenkultur und Banalität(en), Dämlichkeit(en), Emotionen wie gleichsam Musikalität und Seele freisetzen. Also augenzwinkernd-fein ausatmen und "beruhigen". Will sagen: "Once" tut richtig gut.
Natürlich geht es um Außenseiter. Um DEN Jungen und DAS Mädchen. Im Dublin von heute. Da ist einerseits der bettelarme, aber deshalb nicht herumjammernde Straßenmusiker mit der lauten Gitarre und ebensolcher Stimme. Der sich - bildlich-musikalisch gesprochen - mit seinen Songs geradezu auskotzt. Und da ist SIE, die neugierig geworden ist. Die sich nähert, aber mit irgendwelchen Standardantworten keineswegs zufrieden ist. Eine tschechische Immigrantin, wie sich herausstellt, die Hilfsarbeiten macht, aber Pianistin ist. Die Liebe zur Musik bringt sie näher.
Wie, das soll, das darf gar nicht weiter erzählt werden, das muss man sehen und noch besser - hören. Denn "Once" kann man auch als so eine Art "Wild-Musical" bezeichnen, aber ich merke bereits beim Schreiben, die "korrekte" Klassifizierung fällt schwer, so angenehm ungewöhnlich wie federleicht-schön ist dieses 85-minütige Anders-Erlebnis von Kino. Ein Stück Juwel, mit dem man respektvoll wie genießerisch wie "einfach so" umgehen sollte: Romeo und Julia, das Straßenpaar von Dublin ohne die üblichen Kitschmotive. Und auch ohne..., aber lassen wir das. Eine Hymne an das "normale" Dublin, bezeichnet ER diese "gesungene Liebeserklärung", Glen Hansard: Sänger und Gitarrist der irischen Band "The Frames". In Alan Parkers Band-Klassiker "The Commitments" spielte er 1991 den Gitarristen Outspan Foster.
Für "Once" hat er die Songs mit der weiblichen Hauptdarstellerin, der erst 19-jährigen Sängerin und Pianistin Markéta Irglová, einer Liedermacherin aus der ehemaligen Tschechoslowakei, geschrieben und eingespielt. Ergebnis: Endlich einmal kein glatter, kein geschönter, kein konstruierter Quatsch an Beziehung und Music, sondern eine richtig urwüchsige, völlig unaufgeregte, angenehm lakonische Frisch-Fröhlich-Fromm-urige-Einfach-So-Begegnungs-Song-Geschichte von Boy und Girl. Das ist es. Wer an diesem Film vorbeistolpert, ist selber schuld, aber sage keiner, dass er nicht gewusst habe, dass es diesen Film gibt: "Once" ist Musik-Charme- und Atmosphäre-Kult-pur. Ein Film zum, pardon, Liebhaben, Gerne-Mögen. SO WUNDERBAR-NORMAL-SCHÖN WAR KINO SCHON LANGE NICHT MEHR!