Weiblich, links, umweltbewusst
04:05 Minuten
Tausende Schülerinnen und Schüler demonstrieren seit Wochen für Klimaschutz. Die Proteste unterscheiden sich von anderen Veranstaltungen, haben Forscher herausgefunden. Unter anderem, weil ungewöhnlich viele Mädchen dabei sind.
"Man sollte nicht noch mehr die Welt kaputt machen."
"Ich finde es schon aufregend, hier hin zu gehen, aber es hat auch einen Zweck. Und wenn hier Kameras sind und so, die sehen uns ja alle, dann können auch die Politiker sehen, dass wir was bewirken wollen. Und zwar auch zeigen wollen, dass wir da sind und dass wir auch unsere Welt schützen wollen."
"Weil es eine gute Sache ist. Und es nicht so oft passiert, dass sich wirklich die ganzen Schüler aus ganz Deutschland mal organisiert für etwas einsetzen."
Die meisten Klimademonstranten wollen Abitur machen und studieren, sie stammen aus bildungsbürgerlichen Elternhäusern, verorten sich eher im links-grünen politischen Spektrum - und - es sind mehr Schülerinnen als Schüler unterwegs auf den Freitagsdemos. Erstaunlich, sagt Dieter Rucht, der seit Jahrzehnten soziale und politische Bewegungen erforscht.
"Es gibt in der Regel ein Überhang an Männern bei Demonstrationen, wenn man jetzt quer durch den Garten guckt, Aber es gibt einige Ausnahmen und das ist eine Ausnahme. In dem Fall, ich glaube, 57 Prozent der Teilnehmerinnen waren weiblich. Das heißt, die Männer sind in der Minderheit. Das ist nicht die Regel."
Demonstrierende fangen bei ihrem eigenen Konsum an
Der Regierung und den Unternehmen trauen sie nicht so viel zu, den Wissenschaftlern umso mehr. Sie sind der Ansicht: Der Lebensstil jedes einzelnen spielt eine wichtige Rolle beim Klimaschutz. Und sie fangen bei sich selber an. Sabrina Zajak, Vorstandsvorsitzende des Protest- und Bewegungsforschungsinstituts Berlin:
"Kaufen Sie anders ein? Ja. Reduzieren Sie ihren Energieverbrauch? Ja. Reduzieren Sie Konsum insgesamt? Ja. Das sind so Fragen, die wir gefragt haben."
Die "Fridays for Future"- Bewegung unterscheidet sich in mehreren Punkten von anderen Protestbewegungen. Sie ist fast vollständig selbstorganisiert - weder Parteien noch Umweltverbände dominieren. Die Bewegung ist erstaunlich jung - und sie ist weltweit verbreitet.
"Was wir bisher noch nie so gesehen haben, auch nicht bei den Occupy-Blockupy-Geschichten, dass es so verbreitet ist. Also flächendeckend verbreitet ist. Geographisch verbreitet ist. Was natürlich auch an die Schule gekoppelt ist. Die Vernetzung findet natürlich auch über Social Media statt. Und auch der Austausch. Aber der wichtigste Locus ist dieses face-to-face, dieses Physische in den Schulen, diese Freundschaftsbeziehungen, die wir sehen, die die Leute miteinander verbinden."
Greta Thunberg ist nur "ein zusätzliches Moment"
Greta Thunberg spielt eine wichtige Rolle. Der Großteil der Befragten gibt an, dass die 16-jährige Schwedin einen Einfluss auf das eigene Engagement hat.
Ohne Greta Thunberg keine "Fridays for Future-Bewegung"? Nein, sagt Bewegungsforscher Rucht:
"Greta Thunberg ist der Auslöser, aber sie hat nicht die Macht und den Einfluss, um Hundertausende zu bewegen. Das ist ein zusätzliches Moment. Es inspiriert, es beeinflusst auch den Zeitpunkt, wann diese Bewegung jetzt sichtbar wird. Aber das wäre völlig abwegig anzunehmen, nur weil eine junge Person das vorgemacht hat, so folgen ihr Hunderttausende. Nein, da muss schon der Boden bereitet sein. Das heißt, da müssen schon Veränderungen im Kopf, im Verhalten stattgefunden haben. Und dann erst kann der Funke zünden."
Was die Zukunft der Klimademos angeht - da ist Dieter Rucht skeptisch. Jeden Freitag dasselbe, das ermüde auf die Dauer. Das mediale Interesse werde nachlassen, gleichzeitig werde der Druck seitens der Eltern und Lehrer steigen, doch bitte nicht jeden Freitag den Unterricht zu schwänzen. "Die müssen sich was Neues einfallen lassen", meint der Bewegungsforscher.