Friedensgutachten 2017 vorgestellt

Mehr Kooperation statt militärischer Eigenbrötlerei

Russland zeigt eine Topol-M-Atomrakete auf dem Trainingsgelände in Alabino bei Moskau am 07.04.2010.
Die Großmächte erhöhen ihre Militärausgaben. Die Welt mache dies nicht sicherer, sagt die Friedensforschung. © dpa/picture alliance/ RIA Nowosti/ Iliya Pitalev
Bruno Schoch im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke |
In Berlin wurde heute das Friedensgutachten 2017 vorgestellt. Es diagnostiziert ein Bröckeln der Bündnisse, die sich nach 1989 gebildet haben. Auch in Europa werden Forderungen nach höheren Militärausgaben laut. Wie steht die Friedensforschung dazu? Das haben wir den Friedensforscher Bruno Schoch gefragt.
Derzeit sei ein "Übergang von der Kooperationsbereitschaft, die nach 1989 sicher eindeutig größer war als jetzt, zu einer zunehmenden Konkurrenz unter den Großmächten" zu beobachten, so Bruno Schoch, einer der Herausgeber des Friedensgutachtens 2017, im Deutschlandfunk Kultur. Darunter fällt für ihn der Slogan von "America First" genauso wie die Forderung nach höheren Rüstungsausgaben, der Konflikt um die Ukraine, aber auch der neue chinesische Hegemonialanspruch.
Europa stehe nun vor der Frage, wie es sich verhalten soll, so Schoch weiter: Sich an dieser neuen Gewichtung partikularer Nationalinteressen beteiligen oder am Prinzip der Kooperation festhalten? Statt höhere Rüstungsausgaben fordert er "eine umfassende Präventionsagenda". Die sollte "mit Mitteln zur Mediation, für Stabilisierung und für die Unterstützung von UN-Missionen, auch militärischen" ausgestattet sein.
Friedensforscher Dr. Bruno Schoch in der Bundespressekonferenz - hier im Jahr 2016
Im Gespräch: Der Friedensforscher Dr. Bruno Schoch - hier in einer Aufnahme von 2016.© imago/Metodi Popow

Mehr Geld fürs Militär bedeutet nicht mehr Sicherheit

Der Annahme, dass ein höheres Militärbudget "eo ipso mehr Sicherheit bescheren" könne, hält Schoch für irrig. "Wie wollen Sie denn der russischen Aggression auf der Krim mit mehr Militär begegnen? Das war in der letzten Zeit nicht sehr erfolgreich." Schon jetzt lägen die in der EU fürs Militär aufgewendeten Beträge deutlich über den Militärausgaben Russlands und Chinas.
Sinnvoll wären daher nicht höhere Budgets, sondern eine sinnvollere Planung, erklärte Schoch. Unter dem Schlagwort "Pooling & Sharing" sollte die EU ermitteln, welches Land über welche Kompetenzen verfügt:
"Man könnte sich genau überlegen, wer kann was. Das müssen die Anderen dann nicht machen. (…) Man kann auch zusammenlegen. Und dann stellen Sie sehr schnell fest: Es ist eben nicht so furchtbar wenig, sondern es ist enorm viel."
Den Forderungen nach einem Konzert der Mächte und mehr Konkurrenz zwischen den Nationen lehnt er daher ab: "Uns leuchtet das nicht so ein."

Weitere Informationen zum Friedensgutachten hier.

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