Friedensnobelpreis für Denis Mukwege und Nadia Murad

"Sie erinnern daran, wofür der Preis eigentlich gestiftet wurde"

Die Fotomontage zeigt die beiden Friedensnobelpreisträger, die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad und den kongolesischen Arzt Denis Mukwege.
Die Friedensnobelpreisträger Nadia Murad und Denis Mukwege. © Montage Deutschlandradio / dpa / AFP
Moderation: Korbinian Frenzel |
Zwei engagierte Einzelpersonen und Aktivisten für Menschenrechte bekommen in diesem Jahr den Friedensnobelpreis: Die Jesidin Nadia Murad und der Kongolese Denis Mukwege. Der Publizist Albrecht von Lucke sagt, warum diese Entscheidung richtig ist.
Der Friedensnobelpreis 2018 geht an den kongolesischen Arzt Denis Mukwege und die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad. Mukwege gilt als weltweit führender Experte für die Behandlung von Mädchen und Frauen, die durch Gruppenvergewaltigungen sowie durch gezielte physische Unterleibsschändungen verletzt wurden. Mukweges Arbeit konzentriert sich aber nicht ausschließlich auf die medizinischen Belange. Er engagiert sich ebenso politisch: Er dokumentiert die Grausamkeiten und benennt verantwortliche Tätergruppen öffentlich.

Der Schutz des einzelnen Schicksals

Die Jesidin Nadia Murad wurde im Irak selbst Opfer des sogenannten Islamischen Staates, die heute 25-Jährige wurde gefoltert und vergewaltigt. Seither engagiert sie sich unermüdlich im Kampf gegen das Leid der Jesiden.
Für Albrecht von Lucke sind Murad und Mukwege genau die richtigen Personen, nämlich "zwei hochindividuelle Schicksale, um daran zu erinnern, wofür eigentlich der Friedenspreis gestiftet wurde. Das ist doch der Kerngedanke: nämlich zum Schutze des einzelnen Schicksals, zum Schutze des Individuellen" - und dies in einem Jahr, in dem an Institutionen wie den Völkerbund und an die Deklaration der Menschenrechte erinnert werde – beides werde gegenwärtig stark angegriffen, so von Lucke.

Mehr und mehr zum Menschenrechtspreis geworden

Der Friedensnobelpreis sei mehr und mehr auch ein Menschenrechtspreis geworden und demzufolge an Menschen verliehen worden, die sich um dieses Thema verdient gemacht hätten.
Früher war die Verleihung des Preises an Staatsoberhäupter oder andere wichtige Politiker eher die Regel – siehe Willy Brandt, Jitzchak Rabin oder Barack Obama. Ist heute unter ihnen niemand mehr, der preiswürdig wäre?


Albrecht von Lucke meint: Gerade das Beispiel Barack Obama zeige deutlich, wohin eine derart verfrühte, für noch zu leistende Friedensarbeit erfolgte Verleihung des Nobelpreises führen könne: "Das war nicht unbedingt etwas, das veranlasst, sofort den nächsten großen Potentaten auszuzeichnen."
Albrecht von Lucke, Publizist und Politologe (8.9.2016).
Albrecht von Lucke, Publizist und Politologe.© imago / Metodi Popow
Studiogäste: Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke (ganz rechts) und Studierende der Humboldt-Universität zu Berlin
Studiogäste: Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke (ganz rechts) und Studierende der Humboldt-Universität zu Berlin© Deutschlandradio / Malte Kollenberg

Politiker kommen und gehen - Probleme bleiben

Unsere studentischen Studiogäste von der Humboldt-Universität Berlin, die heute mitdiskutierten, waren mit der Entscheidung des Osloer Nobelpreiskomitees ebenso einverstanden wie Lucke: Die diesjährige Entscheidung trage offenbar der Tatsache Rechnung, dass sich in den letzten Jahren viele engagierte Initiativen wie etwa #MeToo formiert hätten – und die stünden für echte Inhalte und Anliegen. Zudem: Politische Gestalten kämen und gingen innerhalb kurzer Zeiträume, doch die Probleme blieben bestehen. Deshalb sei es eine gute Wahl, Menschen auszuzeichnen, die selbst ein schweres Schicksal erlitten hätten.
(mkn)

Die komplette Sendung mit Albrecht von Lucke hören Sie hier:
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