Ales Bjaljatski, Memorial und Center for Civil Liberties
Der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatski erhält den Friedensnobelpreis 2022 zusammen mit den Organisationen Memorial (Russland) und Center for Civil Liberties (Ukraine). © Ill. Niklas Elmehed © Nobel Prize Outreach
Friedensnobelpreis für Aktivisten aus Belarus, Russland und Ukraine
Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatski aus Belarus und die NGOs Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine erhalten den Friedensnobelpreis. Die Vorsitzende des Nobelkomitees betont, wie wichtig Zivilgesellschaft heute sei.
Der Friedensnobelpreis 2022 geht an eine Einzelperson und zwei Menschenrechtsorganisationen: Ales Bjaljatski aus Belarus, Memorial aus Russland und an das Center for Civil Liberties aus der Ukraine.
Man wolle mit der Auszeichnung die enorme Bedeutung unterstreichen, die der Zivilgesellschaft und der Opposition in jeder Gesellschaft – demokratischen wie autokratischen – zukomme, sagte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, der Nachrichtenagentur dpa.
Loblied auf die Zivilgesellschaft
Einzelpersonen und Organisationen könnten eine außerordentliche Rolle in politischen Angelegenheiten und in der Ablehnung von Krieg spielen, so Reiss-Andersen weiter.
Die Preisträger repräsentierten die Zivilgesellschaft in ihren Ländern und hätten einen „außergewöhnlichen Beitrag“ geleistet, um Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch zu dokumentieren, hieß es in der Begründung des Komitees.
"Es ist auch eine Botschaft, dass der Krieg enden muss", sagte Reiss-Andersen. Das Komitee gehe gerade jetzt auf die Zivilgesellschaft ein, weil es der Ansicht sei, dass sie das effektivste Mittel gegen Autoritarismus und gegen Krieg sei. Eine starke Gesellschaft verhindere diese Art von Entwicklungen, sagte die Norwegerin. "Man kann zukünftige Gräueltaten verhindern."
Wurzeln in UdSSR-Dissidentenbewegung
Ales Bjaljatski hat die Organisation Viasna gegründet, die sich schon lange gegen die Folter von politischen Gefangenen einsetzt. Der Menschenrechtsanwalt ist nach den Protesten gegen das Lukaschenko-Regime seit 2020 in belarussischer Haft, ohne dass es einen Prozess gegen ihn gegeben hätte. Berit Reiss-Andersen forderte die belarussischen Behörden auf, Bjaljatski freizulassen.
Die Menschenrechtsorganisation Memorial wurde 1987 in der ehemaligen Sowjetunion gegründet. Sie hat sich der Aufgabe verschrieben, der Opfer des kommunistischen Regimes zu gedenken und entwickelte sich nach dem Ende der UdSSR zu einer der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen in Russland. Im Dezember 2021 wurde Memorial nach einem Gerichtsbeschluss in Russland aufgelöst.
Doppelehrung für Matwijtschuk und CCL
Das Center for Civil Liberties (CCL) wurde 2007 in Kiew gegründet. Schon während der Maidan-Proteste innerhalb der Ukraine dokumentierte das Zentrum Menschenrechtsverletzungen. Nach der Invasion Russlands hat die Organisation Kriegsverbrechen aufgedeckt und dokumentiert – "übrigens auf beiden Seiten", betont Adler, "wenngleich die sehr unterschiedlich ausgeprägt geschehen".
Gründerin Oleksandra Matwijtschuk sei in eine Dissidentenfamilie geboren worden, so Adler. "Und sie versteht sich auch wirklich sehr als Erbin dieses Gedankengutes."
Matwijtschuk erhält in diesem Jahr auch den Alternativen Nobelpreis, was es bisher noch nie gegeben hat.
Kein Preis fürs Herkunftsland
Mancherorts sind Menschen angesichts der Herkunft der Preisträger aber auch irritiert: Bei aller Freude im Land über den ersten Friedensnobelpreis für die Ukraine, gebe es dort auch eine befremdliche Diskussion, meint Adler. Manche setzten die Preisträger mit den Herkunftsländern und quasi deren Regierung gleich.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak etwa habe gesagt, das Nobelpreiskomitee habe eine interessante Auffassung des Wortes Frieden, wenn der Friedensnobelpreis zusammen Vertreter zweier Länder erhalten, die ein drittes überfallen haben.
"In diesem Fall geht es wirklich um Organisationen und einen Menschen, die für die gleichen Werte eintreten wie die Ukraine, also für Demokratie und Freiheit", betont Adler.
Einsatz für Freiheit
Alle drei Preisträger vereine, "dass sie sich immer wieder, auch ganz aktuell, einmischen und auf Freiheitsbeschneidungen und auf Menschenrechtsverletzungen hinweisen".
Oleksandra Matwijtschuk sage auch ganz klar, gewöhnliche Menschen hätten sehr viel mehr Einfluss, als sie denken.
Der Friedensnobelpreis ist mit zehn Millionen Kronen dotiert (rund 920.000 Euro) und wird am 10. Dezember in Oslo verliehen.
(mit dpa)