Auszeichnung für den Freiheitskampf
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Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht an die simbabwische Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga - für ihr vielfältiges Schaffen und mutiges politisches Engagement. Sie werfe universelle Fragen auf, so die Publizistin Bascha Mika.
Tsitsi Dangarembga wird in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Das gab der Stiftungsrat am Montag in Frankfurt am Main bekannt.
"Die Schriftstellerin und Filmemacherin aus Simbabwe verbindet in ihrem künstlerischen Werk ein einzigartiges Erzählen mit einem universellen Blick und ist deshalb nicht nur eine der wichtigsten Künstlerinnen ihres Landes, sondern auch eine weithin hörbare Stimme Afrikas in der Gegenwartsliteratur", heißt es in der Begründung der Jury. Außerdem ist Tsitsi Dangarembga Dramatikerin.
Tsitsi Dangarembga habe "eine sehr eigene Art zu erzählen", sagt Bascha Mika, die Mitglied der Jury war. Das zeige sich beispielsweise gleich an ihrem ersten Roman "Nervous Conditions" (zu Deutsch "Aufbrechen"). "Dieses Buch ist von der BBC in Großbritannien zu den 100 wichtigsten Büchern gezählt worden, die die Welt verändert haben. Das merkt man auch am Erzählstil. Ich glaube, jeder, der diese Bücher liest, ist sofort gepackt."
Gegen ein brutales Regime
Doch Tsitsi Dangarembga sei nicht nur eine Pionierin auf ihren Gebieten und eine "wahnsinnig vielseitige Künstlerin", sondern sie kämpfe sowohl in ihrem künstlerischen Schaffen als auch durch politisches Engagement gegen Unterdrückung aufgrund des Geschlechts, durch Rassismus und Kolonialismus. "Sie geht auch heute in Simbabwe auf die Straße, weil es ein absolut brutales und korruptes Regime ist", so Bascha Mika. "Und dagegen erhebt sie ihre Stimme."
Damit werfe sie Fragen auf, die universellen Charakter haben. Sie erreiche ein breites Publikum über ihr Land hinaus, heißt es von der Jury. Und dass sie bei ihrem Kampf auch in Kauf nehme, von der Regierung gerichtlich verfolgt zu werden. "Wenn ihr wollt, dass euer Leiden aufhört, müsst ihr handeln", fordert Tsitsi Dangarembga. "Handeln kommt aus der Hoffnung. Dies ist das Prinzip von Glauben und Handeln."
Bascha Mika erklärt weiter, dass die Künstlerin darüber hinaus seit vielen Jahren die Kultur in ihrem Land fördere. Und es ihr ein besonderes Anliegen sei, Frauen den Zugang zu ermöglichen.
Auch für Tsitsi Dangarembgas Übersetzer Ilija Trojanow ist der Preis ein Zeichen dafür, "dass man bestimmte Kämpfe im globalen Süden endlich wahrnimmt". Es gebe jedoch leider immer noch zu wenig direkten Austausch mit diesen Ländern. Die Aufmerksamkeit der Literaturwelt komme immer noch über die Metropolen London, New York, Paris: "Wer es dort schafft, wird dann auch bei uns mehr wahrgenommen",
sagt Trojanow im Gespräch
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Dangarembga wurde 1959 in Mutoko, im heutigen Nordosten von Simbabwe geboren und gehört zu den wichtigsten Schriftstellerinnen und Schriftstellern, Dramatikerinnen und Filmemachern ihres Landes. 1988 erschien ihr Debüt-Roman "Nervous Conditions". Die deutsche Übersetzung ("Aufbrechen") kam erst 2019 in die Buchhandlungen. Ihr Filmregie-Studium absolvierte sie in Berlin.
Wichtiger Beitrag zum Frieden
Der Stiftungsrat des Friedenspreises, eine unabhängige Jury, wählt alljährlich den Preisträger aus eingesandten Vorschlägen aus, die einen "wichtigen Beitrag zum Frieden, der Menschlichkeit und der Verständigung der Völker geleistet" haben. Die Auszeichnung ist mit 25.000 Euro dotiert. Sie wird traditionell am letzten Tag der Frankfurter Buchmesse in der Frankfurter Paulskirche verliehen – in diesem Jahr am 24. Oktober.
Im vergangenen Jahr ging der Preis an den indischen Wirtschaftswissenschaftler und Philosophen Amartya Sen. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern der vergangenen Jahre gehören außerdem Margaret Atwood, Carolin Emcke und Navid Kermani.
Der Friedenspreis ermutigt die Gekürten, auch nach der Verleihung Debatten anzustoßen und auf Missstände hinzuweisen. Jeweils ein Jahrzehnt steht unter einem thematischen Leitgedanken, etwa "die globalisierte Welt" oder "Menschenrechte im digitalen Zeitalter".
(abr / ros)