Die Unterdrückten würdevoll in den Fokus gerückt
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Der Brasilianer Sebastião Salgado erhält als erster Fotograf den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Seine äußerst ästhetisierten Arbeiten gelten als aufrüttelnd. Der Fotograf Rolf Nobel sieht Salgados jüngere Arbeiten allerdings kritisch.
Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado erhält den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Das hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Dienstag in Berlin mitgeteilt. Es ist das erste Mal, dass ein Fotograf den Preis erhält.
Die Jury "zeichnet mit ihm einen Bildkünstler aus, der mit seinen Fotografien soziale Gerechtigkeit und Frieden fordert und der weltweit geführten Debatte um Natur- und Klimaschutz Dringlichkeit verleiht", heißt es in der Begründung. In seinen konsequent in Schwarz-Weiß gehaltenen Bildern porträtiere er durch Kriege oder Klimakatastrophen entwurzelte Menschen.
Zwei Schaffensphasen
Der Fotograf Rolf Nobel erklärt im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, Salgado sei ein Künstler mit einer Mission. Er habe in seinen Bildern "der Würde und dem Stolz der Unterdrückten, der Armen und der Verfolgten fotografisch Ausdruck verliehen". Dies habe er mit einer "unglaublichen Emotionalität" und Bildgestaltung gemacht, sagt der ehemalige Professor für Fotografie an der Hochschule Hannover Rolf Nobel. Dies sei Salgado später auch von Kritikern vorgeworfen worden.
Die Arbeiten von Sebastião Salgado, über dessen Leben und Werk 2004 der Regisseur Wim Wenders den Dokumentarfilm "Das Salz der Erde" drehte, ließen sich in zwei Phasen gliedern: Seine Arbeiten von 1986 bis 2000 und die Werke ab 2007.
"Er hat zweifellos in den ersten Jahren Arbeiten abgeliefert, die Einzug in die Geschichte der Fotografie gehalten haben. Was mich an den ersten Arbeiten besonders begeistert, dass er Menschen, die nie im Blickpunkt der Medien stehen, in den Mittelpunkt seiner Arbeiten gerückt hat", sagt Nobel. Salgado habe diese Menschen "zweifellos etwas überhöht", doch sei dies wegen der medialen Abstinenz "dann doch ein legitimer Ausgleich", meint Nobel, der 2008 das Lumix-Fotofestival für junge Fotojournalismus gründete.
Kolonialistischer Blick auf Afrika
Mit den beiden Büchern "Afrika" von 2007 und "Genesis" von 2013, sei es zu einer Kehrtwende gekommen. Das Afrika-Buch habe einen "sehr kolonialistischen Blick", meint Nobel. Der Kontinent werde auf Flora und Fauna reduziert. Damit werde eine westliche Sichtweise bedient. So gebe es in dem Buch nur zwei Seiten, auf denen Autos abgebildet seien. "Das ist eine Sicht auf Afrika, die mit der Realität sehr, sehr wenig zu tun hat", findet Nobel. Der Band "Genesis" sei "unglaublich pathetisch mit einer gespreizten Gefühlsduseligkeit auf die Schönheit der Welt. Aber für meinen Geschmack maßlos überzogen."
Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wird im Oktober während der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche verliehen.
(rzr)