Friedensverhandlungen in Kolumbien

Ende eines blutigen Bürgerkriegs

Kinder in Cauca spielen vor einer Mauer, die eine Aufschrift trägt ("Cese al fuego bilatera, "Bilaterale Feuerpause").
Spielende Kinder in Cauca, eine Stadt, die bisher unter der Kontrolle der FARC stand. © picture alliance / dpa / Christian Escobar Mora
Von Burkhard Birke |
Am heutigen Montag wollen der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos und ein Vertreter der linksgerichteten Guerilla FARC einen Friedensvertrag unterzeichnen. Die Unterschriften beenden einen mehr als 50 Jahre währenden Konflikt mit über 200.000 Toten.
"Die Friedensglocken läuten in Kolumbien. Wir wollen keinen Krieg mehr: Weder in Kolumbien noch irgendwo anders auf der Welt."
Stolz verkündete Präsident Juan Manuel Santos vor der UN Vollversammlung das, woran niemand so recht geglaubt hatte: Den Schlussstrich unter 52 Jahre bewaffneter Auseinandersetzung mit den Revolutionären Streitkräften Kolumbien, den FARC. Ein Abkommen mit Signalwirkung?
"Zum ersten Mal in der Geschichte der Lösung bewaffneter Konflikte verständigen sich eine illegale bewaffnete Gruppierung und eine Regierung ohne Druck von außen darauf, sich einer Übergangsjustiz zu stellen."
Entführungen, Morde, willkürliche Enteignungen: Die Verbrechen der Guerilla, aber auch von Sicherheitskräften der Regierung sollen im Rahmen einer Sondergerichtsbarkeit geahndet werden: Im Gegenzug für lückenlose Aufklärung, Wiedergutmachung und das Versprechen, nie wieder solche Taten zu begehen, wird die Maximalstrafe auf fünf bis acht Jahre Gefängnis reduziert.
Im Mittelpunkt stehen die Opfer: Sie, vor allem die Millionen Binnenflüchtlinge und Enteigneten sollen – auch über eine umfassende Landreform – entschädigt werden. Israel gehört zu den Glücklichen, die bereits für Enteignung kompensiert wurden.
"Ich verzeihe den Tätern und würde sie umarmen, damit sie sich wieder in die Gesellschaft eingliedern. Jeder sollte die Chance bekommen, sich zu ändern. Das war doch ein Konflikt, bei dem sich vor allem Paramilitärs und Guerilla, arme Leute auf beiden Seiten gegenüberstanden."
Arme Kämpfer, die auf Seiten der Paramilitärs von reichen Großgrundbesitzern und durch Drogenhandel finanziert und vom Militär teilweise unterstützt wurden. Die Guerilla indes finanzierte sich maßgeblich durch Entführungen und Drogen.

Senatorenposten für Guerilleros

Jetzt wollen die FARC laut Abkommen für den Anbau alternativer Produkte eintreten, auch beim Räumen der Landminen wollen sie aktiv werden. Ihren Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit werden sie statt mit der Waffe künftig an den Urnen fortsetzen: Mit der Garantie von fünf Senatoren- und fünf Abgeordnetensitzen für die kommenden beiden Legislaturperioden ist ihnen im Friedensvertrag eine politische Stimme garantiert.
Zunächst freilich müssen sich die ca. 8000 FARC Kämpfer in 22 speziellen Zonen zusammenfinden, von wo sie die Resozialisierung beginnen. Binnen sechs Monaten sollen sie ihre Waffen unter internationaler Kontrolle abgeben.
Drei Denkmäler: Eines vor der UNO in New York, eines in Havanna und eines in Kolumbien sollen damit errichtet werden. Die UNO hat bereits die Entsendung von 450 Beobachtern beschlossen. In der Bevölkerung bleibt die Skepsis dennoch groß: Sie darf kommenden Sonntag über den Vertrag abstimmen.

Friedensschluss ist alternativlos

Ausverkauf des Landes an die Guerilla, Straffreiheit für schlimmste Verbrechen: Mit solchen Slogans und Behauptungen ziehen Gegner wie der frühere Präsident Alvaro Uribe durchs Land –mit zum Teil erstaunlichem Erfolg. Nach mehr als 220.000 Toten gibt es für Luis Guillermo, der Generalssekretär der Internationalen Menschenrechtsliga, jedoch keine Alternative:
"8.300.000 Opfer zählt Kolumbien offiziell in diesem Konflikt seit Januar 1985! Wenn der Krieg nicht endet, wird es weitere Opfer geben. Der Krieg muss enden. Diejenigen, die für ein Nein beim Referendum werben, frage ich, ob sie ihre Kinder in den Krieg schicken wollen?"
Ohnehin ist mit dem zwei- bis dreitausend Kämpfer zählenden ELN, dem nationalen Befreiungsheer, noch eine Guerillagruppe aktiv. Es gilt also noch einige Hürden zu nehmen, vor allem:
"Nur mit Vergebung und Versöhnung können wir ein neues Kolumbien aufbauen. Alles andere hieße, weiter dem Hass und der Rache Raum zu geben."
So bringt es Luis Augusto Castro, der Vorsitzende der Bischofskonferenz Kolumbiens auf den Punkt.
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