"Afghanistan ist kein verlorenes Land"
Flüchtlinge aus Afghanistan werden in ihre Heimat abgeschoben. Mirco Günther, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kabul, findet das unverantwortlich. Er hält nichts davon, das Land einfach aufzugeben - auch wenn unvermindert schwere Anschläge die Städte erschüttern.
In Afghanistans Hauptstadt Kabul und in anderen Städten reißen die Anschläge nicht ab. Ein Hotel und die humanitäre Organisation Save the children waren diesmal das Ziel. Die Situation der Bürger ist dramatisch, auch für Ausländer ist das Leben in Afghanistan nicht ungefährlich. Ist es ein verlorenes Land – hat alle Unterstützung in den letzten Jahren nichts genützt?
Mirco Günther, der seit 2017 das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kabul leitet, hat einen realistischen Blick auf das Land und macht sich keine Illusionen – möchte aber von solchen Pauschalurteilen nichts hören. Gerade in den großen Städten habe sich in Sachen medizinische Versorgung und in der Armutsbekämpfung viel getan. Im Norden allerdings sei die Situation weitaus schwieriger. Dennoch sieht Günther seine Stiftung nicht auf verlorenem Posten.
"Vor allem, wenn man das Privileg hat, mit Afghaninnen und Afghanen zu arbeiten, dann ist man immer wieder beeindruckt über die Standfestigkeit und den Mut, mit dem sie jeden Tag ihren Alltag gestalten."
Nicht von Müdigkeit und Desinteresse leiten lassen
Bezogen auf Stiftungen und humanitäre Organisationen vor Ort sagte Günther weiter: "Was uns jetzt nicht leiten darf, sind Zynismus und Sarkasmus. Oder auch Müdigkeit und Desinteresse."
Flüchtlinge aus Afghanistan in der jetzigen Situation in ihr Heimatland zurückzuschicken, hält Günther für unverantwortlich. Vielmehr sollten die Natomitglieder, die in Afghanistan im Einsatz gewesen seien, all ihre Maßnahmen einer gründlichen Evaluierung unterziehen. Dies habe bislang nur Norwegen gemacht.
(mkn)