Frühe Schritte gegen Politikverdrossenheit
Aufschwung, öffentliche Hand, Kalter Krieg oder Weltanschauung. Kinder werden schon früh mit politischen Begriffen konfrontiert, doch viel anfangen können sie damit meistens nicht. Damit Kinder verstehen und auch mitreden können, haben Gerd Schneider und Christiane Toyka-Seid nun die wichtigsten Begriffe in einem "Politik-Lexikon für Kinder" zusammengefasst.
Was stellt sich ein Kind wohl unter einem Kalten Krieg vor? Dass die Menschen in einem Land, in dem es viel schneit, miteinander kämpfen vielleicht? Die richtige Antwort liefert das "Politik-Lexikon für Kinder" das im Campus Verlag erschienen ist: "Bei einem Kalten Krieg stehen sich Staaten feindlich gegenüber, doch sie kämpfen nicht mit kriegerischen Mitteln gegeneinander. Die Waffen sind kalt, es wird also nicht geschossen."
Kinder ab einem Alter von zehn Jahren können in diesem Buch insgesamt 464 Begriffe aus dem Bereich Politik nachlesen. Die Idee zu diesem Nachschlagewerk stammt von der Internetseite www.hanisauland.de, die von den beiden Autoren der nun erschienenen gebundenen Ausgabe Gerd Schneider und Christiane Toyka-Seid betreut wird. Hier können Kinder und Jugendliche Fragen zu politischen Themen stellen oder die Erklärungen zu politischen Begriffen nachsehen.
Die Erfahrungen, die die Autoren mit dem Onlinelexikon gemacht haben, merkt man der gebundenen Ausgabe deutlich an: Die Begriffe sind überwiegend anschaulich und kindgerecht erklärt und orientieren sich meist an der Gedankenwelt, in der Kinder leben. Was eine freie Marktwirtschaft ist, wird beispielsweise so erklärt: "Stellt euch vor, ihr veranstaltet in der Schule einen Markt, auf dem ihr Spielsachen verkauft. Wenn euch niemand Vorschriften darüber macht, was ihr verkaufen dürft und welchem Preis und zu welcher Qualität, so ist das die Grundidee der freien Marktwirtschaft."
Auch die Auswahl der Definitionen ist geschickt getroffen, sind es doch vor allem die Begriffe, die in den täglichen Nachrichten häufig fallen. Bei manchen Erklärungen hätte eine einfachere Wortwahl die Verständlichkeit jedoch erleichtert. Denn welches zehnjährige Kind weiß zum Beispiel, was mit "weltanschaulich" oder "strafrechtlicher Verfolgung" gemeint ist. Zumal "Weltanschauung" als Stichwort auch nicht erklärt ist. Auch hätten manche Sätze einfacher formuliert sein können, damit Kinder sie besser verstehen und vor allem nicht geistig abschalten. Denn warum werden Gesetze in den Erklärungen "verabschiedet" und nicht einfach beschlossen und warum steht dort, dass Frau Merkel "das Amt der Bundeskanzlerin innehat" und nicht einfach, dass sie Bundeskanzlerin ist.
Die Aufmachung des Buchs ist dagegen sehr kindgerecht gestaltet. Es gibt viele farbige Illustrationen zu den Themen, historische und zeitgenössische Fotos zu den Begriffen, lustige Cartoons und übersichtliche Beschriftungen. Wie die Gesetzgebung funktioniert oder wie man Bundeskanzler/in wird, ist in anschaulichen schematischen Übersichten erklärt. Auch erwachsenen Lesern macht es Spaß, sich diese Abbildungen anzusehen.
Auf der rechten und linken Seite der Erklärungen gibt es zu vielen Stichworten noch nützliche Extratipps, wo sich die Kinder weiter informieren können. Zum Beispiel Angaben zu Internetseiten. Außerdem erfahren die Kinder unter der Rubrik "schon gewusst" interessante Zusatzinformationen zu einem Thema. Neben dem Begriff "Hinduismus" steht etwa, dass viele Frauen in Indien einen roten Punkt auf der Stirn tragen, weil diese Farbe Glück bringen soll. Und dass dieser Punkt früher das Zeichen dafür war, dass diese Frauen verheiratet sind. Diese Informationen sind interessant und nützlich.
Doch die Autoren erklären nicht nur, sie animieren die Kinder auch zum Nachdenken. Unter der Sparte "Grips" fragen sie beispielsweise unter dem Stichwort Zivilcourage "Welche Situation kannst du dir vorstellen, in der man Zivilcourage zeigen sollte?" Besonders sinnvoll ist die Rubrik "Nachgefragt" unter der die Autoren Fragen von Kindern zu einem bestimmten Thema beantworten. "Wieso haben manche Menschen vom Islam eine schlechte Meinung?" ist eine dieser Fragen und die Antwort lautet unter anderem: "Viele Menschen kennen die Religion des Islam nicht und hören davon nur im Zusammenhang mit dem Heiligen Krieg oder den Terroranschlägen." Diese Fragen wie auch die Stichworte haben die Autoren aus dem Onlinelexikon übernommen.
Alles in allem schließt das "Politik-Lexikon für Kinder" eine wichtige Lücke auf dem Buchmarkt, denn bisher gibt es kaum einen Band, der politische Begriffe so umfassend und leicht verständlich erklärt. Und genau das ist wichtig, damit Kinder schon früh an diese Sprache gewöhnt werden und lernen, mit ihr umzugehen. Nicht zuletzt liefern solche Bücher den Kindern auch das Rüstzeug dafür, mitreden zu können und das Kauderwelsch der Politiker verstehen und einordnen zu können. Und es hilft dabei zu verhindern, dass Kinder (wie viele ihrer Eltern) während der Nachrichten geistig abschalten und dass schon in jungen Jahren die Weichen für eine Politikverdrossenheit gelegt werden. Auch deswegen ist dieses Buch nicht nur Kindern zu empfehlen: Denn viele Erwachsene könnten ebenfalls ein wenig Nachhilfe in politischen Fragen gebrauchen. Selten bekommt man so spielerisch und gut verständlich erklärt, wie unser Staat eigentlich funktioniert und wovon die Politiker in den Nachrichten eigentlich immer reden.
Gerd Schneider, Christiane Toyka-Seid: Politik-Lexikon für Kinder
Von Aufschwung bis Zivilcourage.
Campus Verlag
324 Seiten, 19,90 Euro
Kinder ab einem Alter von zehn Jahren können in diesem Buch insgesamt 464 Begriffe aus dem Bereich Politik nachlesen. Die Idee zu diesem Nachschlagewerk stammt von der Internetseite www.hanisauland.de, die von den beiden Autoren der nun erschienenen gebundenen Ausgabe Gerd Schneider und Christiane Toyka-Seid betreut wird. Hier können Kinder und Jugendliche Fragen zu politischen Themen stellen oder die Erklärungen zu politischen Begriffen nachsehen.
Die Erfahrungen, die die Autoren mit dem Onlinelexikon gemacht haben, merkt man der gebundenen Ausgabe deutlich an: Die Begriffe sind überwiegend anschaulich und kindgerecht erklärt und orientieren sich meist an der Gedankenwelt, in der Kinder leben. Was eine freie Marktwirtschaft ist, wird beispielsweise so erklärt: "Stellt euch vor, ihr veranstaltet in der Schule einen Markt, auf dem ihr Spielsachen verkauft. Wenn euch niemand Vorschriften darüber macht, was ihr verkaufen dürft und welchem Preis und zu welcher Qualität, so ist das die Grundidee der freien Marktwirtschaft."
Auch die Auswahl der Definitionen ist geschickt getroffen, sind es doch vor allem die Begriffe, die in den täglichen Nachrichten häufig fallen. Bei manchen Erklärungen hätte eine einfachere Wortwahl die Verständlichkeit jedoch erleichtert. Denn welches zehnjährige Kind weiß zum Beispiel, was mit "weltanschaulich" oder "strafrechtlicher Verfolgung" gemeint ist. Zumal "Weltanschauung" als Stichwort auch nicht erklärt ist. Auch hätten manche Sätze einfacher formuliert sein können, damit Kinder sie besser verstehen und vor allem nicht geistig abschalten. Denn warum werden Gesetze in den Erklärungen "verabschiedet" und nicht einfach beschlossen und warum steht dort, dass Frau Merkel "das Amt der Bundeskanzlerin innehat" und nicht einfach, dass sie Bundeskanzlerin ist.
Die Aufmachung des Buchs ist dagegen sehr kindgerecht gestaltet. Es gibt viele farbige Illustrationen zu den Themen, historische und zeitgenössische Fotos zu den Begriffen, lustige Cartoons und übersichtliche Beschriftungen. Wie die Gesetzgebung funktioniert oder wie man Bundeskanzler/in wird, ist in anschaulichen schematischen Übersichten erklärt. Auch erwachsenen Lesern macht es Spaß, sich diese Abbildungen anzusehen.
Auf der rechten und linken Seite der Erklärungen gibt es zu vielen Stichworten noch nützliche Extratipps, wo sich die Kinder weiter informieren können. Zum Beispiel Angaben zu Internetseiten. Außerdem erfahren die Kinder unter der Rubrik "schon gewusst" interessante Zusatzinformationen zu einem Thema. Neben dem Begriff "Hinduismus" steht etwa, dass viele Frauen in Indien einen roten Punkt auf der Stirn tragen, weil diese Farbe Glück bringen soll. Und dass dieser Punkt früher das Zeichen dafür war, dass diese Frauen verheiratet sind. Diese Informationen sind interessant und nützlich.
Doch die Autoren erklären nicht nur, sie animieren die Kinder auch zum Nachdenken. Unter der Sparte "Grips" fragen sie beispielsweise unter dem Stichwort Zivilcourage "Welche Situation kannst du dir vorstellen, in der man Zivilcourage zeigen sollte?" Besonders sinnvoll ist die Rubrik "Nachgefragt" unter der die Autoren Fragen von Kindern zu einem bestimmten Thema beantworten. "Wieso haben manche Menschen vom Islam eine schlechte Meinung?" ist eine dieser Fragen und die Antwort lautet unter anderem: "Viele Menschen kennen die Religion des Islam nicht und hören davon nur im Zusammenhang mit dem Heiligen Krieg oder den Terroranschlägen." Diese Fragen wie auch die Stichworte haben die Autoren aus dem Onlinelexikon übernommen.
Alles in allem schließt das "Politik-Lexikon für Kinder" eine wichtige Lücke auf dem Buchmarkt, denn bisher gibt es kaum einen Band, der politische Begriffe so umfassend und leicht verständlich erklärt. Und genau das ist wichtig, damit Kinder schon früh an diese Sprache gewöhnt werden und lernen, mit ihr umzugehen. Nicht zuletzt liefern solche Bücher den Kindern auch das Rüstzeug dafür, mitreden zu können und das Kauderwelsch der Politiker verstehen und einordnen zu können. Und es hilft dabei zu verhindern, dass Kinder (wie viele ihrer Eltern) während der Nachrichten geistig abschalten und dass schon in jungen Jahren die Weichen für eine Politikverdrossenheit gelegt werden. Auch deswegen ist dieses Buch nicht nur Kindern zu empfehlen: Denn viele Erwachsene könnten ebenfalls ein wenig Nachhilfe in politischen Fragen gebrauchen. Selten bekommt man so spielerisch und gut verständlich erklärt, wie unser Staat eigentlich funktioniert und wovon die Politiker in den Nachrichten eigentlich immer reden.
Gerd Schneider, Christiane Toyka-Seid: Politik-Lexikon für Kinder
Von Aufschwung bis Zivilcourage.
Campus Verlag
324 Seiten, 19,90 Euro