"Theater und Opern sind keine nette Beigabe"
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Während Geschäfte und Schulen schrittweise wieder geöffnet werden, fühlen sich viele Kultureinrichtungen vergessen. Dabei wäre es nur eine Frage guter Organisation, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen, findet unser Autor.
Die Theater und Opern müssen sofort wieder öffnen, weil sie – erstens – die reale Bühne zum Leben brauchen, wie die Luft zum Atmen. – Ja, sie haben alles versucht: Sie haben gestreamt, sie haben gepostet, sie haben gechattet. Sie haben Sachen aus ihren Archiven geholt. Doch damit sind sie jetzt durch. Jetzt heißt es: Zurück auf die reale Bühne.
Denn nur das direkte, körperlich spürbare Kunsterlebnis macht sie zu dem, was sie sind: Orte aus denen man anders rausgeht, als man reingekommen ist. Keine technische Reproduktion kann das ausgleichen. Auch all die lustigen kleinen Social-Media-Aktivitäten nicht. Es gibt da etwas, das man erst spürt, wenn das Handy aus ist und der Bildschirm schwarz, eine – nennen wir sie – analoge Magie, die nur von Mensch zu Mensch überspringen kann.
Live ist live
Und dann zweitens, weil Besucher sich mal wieder einer Inszenierung aussetzen sollten, ohne auf die Pausetaste drücken zu können. So einfach kommt man nicht aus seiner Sitzreihe, gerade wenn man in der Mitte sitzt! Flucht schwer gemacht. Da ist da und live ist live, das gibt es kein Pardon.
Und drittens gibt es keinen Grund, Theater und Opern weiter geschlossen zu halten, wenn Autohäuser und Baumärkte offen sein dürfen. Oder wenn die Bahn fährt. Oder der Bus. Menschen kommen – trotz Corona – an verschiedenen Orten zusammen. Also warum nicht im Theater und in der Oper?
Es ist alles eine Frage der Organisation. Dann wird eben behutsam eingelassen, dann wird nur jeder zweite Sitz verkauft, dann werden kleine Aufführungen gezeigt, die – wenn die Regie smart ist – die Coronaepidemie künstlerisch aufgreifen und ganz automatisch für Distanz auf der Bühne sorgen.
Desaster für uns
Und noch ein vierter Grund, warum die Bühne wieder ganz schnell bespielt werden muss: Theater und Opern sind systemrelevant. Sie sind keine nette Beigabe, sie sind Teil unserer humanistischen DNA. Wenn bis zum Ende dieser Saison nichts mehr läuft, dann ist das ein Desaster für die Bühnen und es ist ein Desaster für uns.
Und fünftens, ganz ehrlich, ich möchte wieder nach der Aufführung mit Freunden ein paar Gläser Riesling trinken. In einer Bar. Ganz nah beieinander stehend. Danach bei der Verabschiedung mit ihnen in den Armen liegen. Aber das steht wieder auf einem anderen Blatt.