Fünf Jahre Snowden-Enthüllungen

Ein Whistleblower lässt die NSA auffliegen

Snowden sitzt auf einem Sessel und zeigt ein Dokument
Edward Snowden lebt seit 2013 in Moskau. © imago / Kyodo News
Von Torsten Teichmann |
Ein Skandal unvorstellbaren Ausmaßes: Der US-Auslandsgeheimdienst NSA spähte zig Millionen Internetnutzer aus und belauschte selbst Kanzlerin Merkel. Die Aufdeckung begann am 5. Juni 2013 durch eine erste Enthüllung von Edward Snowden.
Experten der US-Spionageabwehr sagen, sie kämpfen bis heute mit den Folgen der Snowden-Affäre. Im vergangenen Jahr seien in dem Zusammenhang mehr Dokumente und undichte Stellen bekannt geworden als jemals zuvor, klagt Bill Evanina vom Büro für Gegenspionage.
Und Snowden droht in den USA eine jahrzehntelange Haftstrafe wegen Verrats. Aber um seine eigene Sicherheit gehe es nicht, sagt der 34-Jährige im aktuellen Podcast mit Journalist Mehdi Hasan:
"Ich glaube, dass die Welt eine bessere sein kann. Aber nichts wird besser, außer wir tun etwas dafür. Dazu braucht es Risikobereitschaft, harte Arbeit und letztendlich vielleicht auch Opfer."
Alles beginnt am 5. Juni 2013. Als bekannt wird, dass die Mobilfunkfirma Verizon täglich Millionen Daten ihrer Kunden an den US-Auslandsgeheimdienst NSA weitergibt. Der Informant der britischen Tageszeitung "The Guardian" ist ein ehemaliger Mitarbeiter der CIA und Auftragnehmer der NSA. Er heißt Edward Snowden.

Geheimdienste klagen bis heute über die Folgen

Die Veröffentlichungen, die folgen, sind nach Auffassung des früheren stellvertretende CIA-Chef, Michael Morell, der schwerste Verrat in der Geschichte der US-Geheimdienste. Und der Richard Ledger, aus der Führungsriege der NSA erklärt 2016 im Radiosender NPR, Snowdens Enthüllungen hätten seine Arbeit behindert:
"Eine Terror-Organisation, die Operationen gegen die USA und Westeuropa plante, veränderte ihre Art zu kommunizieren aufgrund der Veröffentlichungen. Und wir haben ihre Spur verloren."
Snowdens Verteidiger halten die Klagen für übertrieben. Mit jedem Tag und jedem Jahr würden Enthüllungen auf Basis der Dokumente an Gewicht verlieren, sagt Snowdens Anwalt.
Und doch wird das Ausmaß der Überwachung in der Zeit der Obama-Administration deutlich. Mit dem Programm PRISM griff die NSA Daten bei Tech-Firmen wie Google, Facebook und Apple ab. Und im Juli 2015 bestätigte Wikileaks auf Basis von Snowden-Dokumenten einen bereits bestehenden Verdacht: Die NSA hatte über Jahre auch Telefongespräche von Bundeskanzlerin Merkel abhört. Präsident Obama muss sich entschuldigen:
"Es hat mich geschmerzt zu sehen, wie die Snowden-Enthüllungen unsere Beziehung belasten."

Held oder Verräter?

Snowden war im Mai 2013, Tage vor der ersten Veröffentlichung von Hawaii nach Honkong geflogen. Im Gepäck hatte er vier Laptops dabei. Rechner mit Zugang zu einigen besonders geheim eingestuften Dokumenten der US-Regierung.
Er gilt seitdem als Held und Verräter. Die USA hatten gleich zu Beginn der Affäre seine Auslieferung beantragt. Ohne Erfolg: Snowden lebt seit 2013 in Moskau, der Hauptstadt Russlands. Immer in Sorge womöglich sein Asyl zu verlieren.
Und was hat sich verändert?
"Ich war sicher, dass sich Dinge ändern und die Leute es verstanden haben. Dann war ich wieder sicher, der Status-Quo bleibt. Aber es ist diese Unsicherheit, aus der ich Hoffnung schöpfe."
Konkret entschied der US-Kongress im Sommer 2015, dass Geheimdienste nicht mehr alle Daten von Telefongesprächen sammeln können. Doch im Januar 2018 verlängerten die Abgeordneten auf der anderen Seite ein Gesetz zur Überwachung ohne richterlichen Beschluss. Alle Vorschläge für einen besseren Schutz der Privatsphäre fielen dabei durch.
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