Für eine bessere Zukunft
1700 Mal sind Schiffe von der französischen Stadt Nantes ausgelaufen, um Sklaven zu kaufen und in die Karibik zu bringen. 450.000 Afrikaner sollen die Reeder deportiert haben. Nantes arbeitet jetzt seine Geschichte auf und hat ein "Mahnmal für die Abschaffung der Sklaverei" errichtet.
Quai de la Fosse, so heißt in Nantes eine breite Uferstraße, deren Name eng mit dem Sklavenhandel verbunden ist. In den fünfstöckigen Bürgerhäusern mit Blick auf die Loire lebten früher viele Sklavenhändler. Marie-Helene Jouzeau, verantwortlich für Denkmalpflege und Archäologie der Stadt, bleibt vor einem herunter gekommenen Haus mit schmiedeeisernem Balkon stehen, dem man ansieht, dass es einmal prächtig war.
"Die meisten Häuser hier wurden im 18. Jahrhundert gebaut, und zwar von Reedern, nicht wenige handelten mit Sklaven. So auch der Bauherr dieses Eckhauses hier. Es gehörte der Familie Montaudoin, die zwischen 1716 und 1722 die Hälfte aller Sklavenschiffe in Nantes ausgerüstet hat."
Die heutigen Bewohner schauen jetzt auf eine Esplanade mit großer Eisenplatte, darauf steht: "Mahnmal für die Abschaffung der Sklaverei". In den Steinboden haben der Künstler Krzysztof Wodiczko und der Architekt Julian Bonder die Namen der Schiffe eingelassen, die von Nantes aus gut 1700 Mal nach Afrika ausgelaufen sind, um Sklaven zu kaufen und in die Karibik zu bringen.
Die Gedenkstätte selbst liegt unterirdisch. Wer die breite Treppe hinabsteigt, stößt zuerst auf eine Glaswand mit einem Zitat aus der UN-Menschenrechtserklärung: "Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten."
Der Besucher taucht ins Halbdunkel ein. Er bewegt sich jetzt unter der ehemaligen Landungsbrücke auf einem schier endlosen Holzsteg. Decke und Pfeiler sind aus nacktem Beton, eine Seitenwand ist schräg, wie in einem Schiffsbauch, auf der anderen Seite fließt die Loire. Akustische Elemente verstärken die beklemmende Erinnerung an das Unterdeck eines Bootes.
Auf der schrägen Seitenwand aus mattem Glas sind weitere Texte zur Abschaffung der Sklaverei zu lesen, Zitate aus vielen Jahrhunderten und vielen Ländern. Francoise Vergès ist Vorsitzende des französischen Komitees zur Erinnerung an die Geschichte der Sklaverei. Sie begrüßt, dass hier auch Texte von Menschen aus Haiti, von den Antillen, aus Reunion und aus englischen Kolonien versammelt sind.
"Das beweist, dass der Kampf gegen die Sklaverei nicht nur in Europa, sondern auf allen Kontinenten geführt wurde, und vor allem: dass die ersten Abolitionisten die Sklaven selbst waren."
Seit 20 Jahren setzt sich Nantes jetzt bereits intensiv mit dem schwarzen Kapitel seiner Geschichte auseinander. Im städtischen Museum, das im ehemaligen Schloss der Herzöge der Bretagne untergebracht ist, erfährt man, dass die hiesigen Reeder 450.000 Afrikaner deportiert haben. Doch trotz aller Selbstkritik hat es 14 Jahren gedauert, bis aus dem Beschluss zu einem Mahnmals auch Wirklichkeit geworden ist. Nicht nur der Preis, immerhin 7, 9 Millionen Euro, hat zu Protesten geführt, sagt die Verantwortliche für den Denkmalschutz, Marie-Helene Jouzeau.
"Heute erwarten die Bewohner der Stadt dieses Mahnmal, aber auf dem Weg dorthin hat es viele Spannungen gegeben. Die Legitimität eines solchen Denkmals wurde angezweifelt, seine Form kritisiert. Es ist wirklich nicht mit Gelassenheit entstanden ..."
Die Stadt legt jetzt großen Wert darauf, das Denkmal mit Leben zu füllen. So wurde parallel zur Eröffnung ein internationales Kolloquium zum Thema "Sklaverei gestern und heute" veranstaltet, bei dem interessierte Bürger drei Tage lang mit Spezialisten des Themas in Kontakt treten konnten. Auch Vertreter der unzähligen Vereine waren eingeladen, die sich seit den 80er-Jahren dafür stark machen, dass Nantes seine Geschichte aufarbeitet. Alle begrüßten das neue Denkmal. Vereinzelt wurden aber auch Befürchtungen laut, dass es möglicherweise nicht viel mehr sein werde als eine teure Besucherattraktion. Auch Peter Lema, Mitbegründer eines Vereins, der die Erinnerung an die Sklaverei in der Bevölkerung wach halten will, ist skeptisch.
"Es reicht nicht aus, schöne Denkmäler zu verwirklichen. Das Mahnmal ist nur dann sinnvoll, wenn es einen Prozess auslöst, der zu einem besseren Zusammenleben führt. Für viele Nachkommen der Sklaven ist die alte Hierarchie immer noch aktuell. Wer besitzt denn auf den Antillen heute das Kapital? Das sind doch mehrheitlich die Erben von der falschen Seite ..."
Eine bessere Zukunft, dieses Ziel hat aber auch Jean-Marc Ayrault im Blick. Der Bürgermeister von Nantes, zugleich Fraktionsführer der Sozialisten in der Nationalversammlung, ist wesentlich dafür verantwortlich, dass dieses Mahnmal verwirklicht wurde.
"Sklaven gibt es noch in der Welt. 27 Millionen Menschen sind im Sklavenhandel, das ist unheimlich viel. Und das wissen unsere Mitbürger nicht sehr. Dieses Mahnmal ist dafür da, um die Vergangenheit besser zu verstehen, aber vor allem unsere Zeit und die Zukunft besser zu machen."
"Die meisten Häuser hier wurden im 18. Jahrhundert gebaut, und zwar von Reedern, nicht wenige handelten mit Sklaven. So auch der Bauherr dieses Eckhauses hier. Es gehörte der Familie Montaudoin, die zwischen 1716 und 1722 die Hälfte aller Sklavenschiffe in Nantes ausgerüstet hat."
Die heutigen Bewohner schauen jetzt auf eine Esplanade mit großer Eisenplatte, darauf steht: "Mahnmal für die Abschaffung der Sklaverei". In den Steinboden haben der Künstler Krzysztof Wodiczko und der Architekt Julian Bonder die Namen der Schiffe eingelassen, die von Nantes aus gut 1700 Mal nach Afrika ausgelaufen sind, um Sklaven zu kaufen und in die Karibik zu bringen.
Die Gedenkstätte selbst liegt unterirdisch. Wer die breite Treppe hinabsteigt, stößt zuerst auf eine Glaswand mit einem Zitat aus der UN-Menschenrechtserklärung: "Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten."
Der Besucher taucht ins Halbdunkel ein. Er bewegt sich jetzt unter der ehemaligen Landungsbrücke auf einem schier endlosen Holzsteg. Decke und Pfeiler sind aus nacktem Beton, eine Seitenwand ist schräg, wie in einem Schiffsbauch, auf der anderen Seite fließt die Loire. Akustische Elemente verstärken die beklemmende Erinnerung an das Unterdeck eines Bootes.
Auf der schrägen Seitenwand aus mattem Glas sind weitere Texte zur Abschaffung der Sklaverei zu lesen, Zitate aus vielen Jahrhunderten und vielen Ländern. Francoise Vergès ist Vorsitzende des französischen Komitees zur Erinnerung an die Geschichte der Sklaverei. Sie begrüßt, dass hier auch Texte von Menschen aus Haiti, von den Antillen, aus Reunion und aus englischen Kolonien versammelt sind.
"Das beweist, dass der Kampf gegen die Sklaverei nicht nur in Europa, sondern auf allen Kontinenten geführt wurde, und vor allem: dass die ersten Abolitionisten die Sklaven selbst waren."
Seit 20 Jahren setzt sich Nantes jetzt bereits intensiv mit dem schwarzen Kapitel seiner Geschichte auseinander. Im städtischen Museum, das im ehemaligen Schloss der Herzöge der Bretagne untergebracht ist, erfährt man, dass die hiesigen Reeder 450.000 Afrikaner deportiert haben. Doch trotz aller Selbstkritik hat es 14 Jahren gedauert, bis aus dem Beschluss zu einem Mahnmals auch Wirklichkeit geworden ist. Nicht nur der Preis, immerhin 7, 9 Millionen Euro, hat zu Protesten geführt, sagt die Verantwortliche für den Denkmalschutz, Marie-Helene Jouzeau.
"Heute erwarten die Bewohner der Stadt dieses Mahnmal, aber auf dem Weg dorthin hat es viele Spannungen gegeben. Die Legitimität eines solchen Denkmals wurde angezweifelt, seine Form kritisiert. Es ist wirklich nicht mit Gelassenheit entstanden ..."
Die Stadt legt jetzt großen Wert darauf, das Denkmal mit Leben zu füllen. So wurde parallel zur Eröffnung ein internationales Kolloquium zum Thema "Sklaverei gestern und heute" veranstaltet, bei dem interessierte Bürger drei Tage lang mit Spezialisten des Themas in Kontakt treten konnten. Auch Vertreter der unzähligen Vereine waren eingeladen, die sich seit den 80er-Jahren dafür stark machen, dass Nantes seine Geschichte aufarbeitet. Alle begrüßten das neue Denkmal. Vereinzelt wurden aber auch Befürchtungen laut, dass es möglicherweise nicht viel mehr sein werde als eine teure Besucherattraktion. Auch Peter Lema, Mitbegründer eines Vereins, der die Erinnerung an die Sklaverei in der Bevölkerung wach halten will, ist skeptisch.
"Es reicht nicht aus, schöne Denkmäler zu verwirklichen. Das Mahnmal ist nur dann sinnvoll, wenn es einen Prozess auslöst, der zu einem besseren Zusammenleben führt. Für viele Nachkommen der Sklaven ist die alte Hierarchie immer noch aktuell. Wer besitzt denn auf den Antillen heute das Kapital? Das sind doch mehrheitlich die Erben von der falschen Seite ..."
Eine bessere Zukunft, dieses Ziel hat aber auch Jean-Marc Ayrault im Blick. Der Bürgermeister von Nantes, zugleich Fraktionsführer der Sozialisten in der Nationalversammlung, ist wesentlich dafür verantwortlich, dass dieses Mahnmal verwirklicht wurde.
"Sklaven gibt es noch in der Welt. 27 Millionen Menschen sind im Sklavenhandel, das ist unheimlich viel. Und das wissen unsere Mitbürger nicht sehr. Dieses Mahnmal ist dafür da, um die Vergangenheit besser zu verstehen, aber vor allem unsere Zeit und die Zukunft besser zu machen."