"Für Menschen, die auf der Suche sind"

"Credo" – zu Deutsch: Ich glaube – lautet der Titel eines Buches von Hans Küng aus dem Jahr 1992. Darin legt der Schweizer Theologe das Apostolische Glaubensbekenntnis aus, das inhaltliche Fundament vieler christlicher Kirchen.
In seinem neuen Buch "Was ich glaube" erweitert der 81-Jährige den Gesichtskreis. Er stellt "Grundüberzeugungen und Grundhaltungen" vor, die ihm wichtig waren und sind. Entstanden ist so eine "kleine Summe" der Küng'schen Lebensphilosophie.

Die hat bei einem ehemaligen Professor der Dogmatik immer auch etwas zu tun mit Glauben im christlichen Sinn. Doch geht Küng an vielen Stellen über die "offizielle Religion" hinaus und reflektiert mit Blick auf philosophische Traditionen und Weltreligionen, "was Vernunft, Herz und Hand eines Menschen bewegt".

Im Zuge dessen bedenkt Küng zum Beispiel die Frage: Leben um zu arbeiten? Küng, oft Einzelkämpfer und Autor von mehr als 50 Büchern, bekennt: "Ich arbeite leidenschaftlich." Arbeit, so Küng weiter, sei ein wichtiges Element in seinem Leben, aber doch nicht dessen Sinn und Grund.

Küng schreibt "für Menschen, die auf der Suche sind". Seine gut lesbare, "von persönlicher Erfahrung getragene, seriös informierende Besinnung zum sinnvollen Lebensvollzug" trägt der Schweizer auf gut 300 Seiten in zehn Kapiteln vor. Die sind dem Leben in seiner Unterschiedlichkeit und Vielfalt zugewandt.

Küng beginnt bodenständig: Lebensvertrauen, ein gereiftes verantwortetes Grundvertrauen, ist geistige Grundlage für jeden Menschen – und will gelernt sein. Küng erinnert an das Schwimmen. Wasser trägt. Das Leben auch. Das ist seine Überzeugung. Beweisen kann er sie nicht.

So bietet auch der christliche Glaube keine Garantie. Viele Menschen, so Küng, beziehen hieraus ihr Lebensvertrauen. Es gibt ferner Christen, die Gebete auswendig aufsagen, im Grunde aber ohne Vertrauen leben. Sie sind in Küngs Augen weltfremde und religiöse Schwärmer, denen es an Bodenhaftung fehlt.

Im Gegenzug steht für Küng fest: Auch Atheisten können aus ihrem Grundvertrauen heraus "ein echt menschliches, also humanes und in diesem Sinn moralisches Leben führen". Atheismus muss nicht Nihilismus zur Folge haben.

Hier und an vielen anderen Stellen spürt man Küngs Respekt vor Nicht- und Andersgläubigen. Im Kapitel "Lebensmodell" spielt er dann unterschiedliche "Wege zum Gipfel" durch. Das sind die verschiedenen Wege der Weltreligionen.

Auf das Hindu- und Buddhamodell folgt das konfuzianische Modell. Als Christ sind Küng das jüdische und das christliche Modell besonders nahe. Das muslimische ist ihm ebenfalls wichtig. Denn es erinnert mitunter an die jüdischen Wurzeln des Christentums. Die sind durch den Kontakt des Christentums mit griechischer Philosophie und Kultur oft verdeckt.

Küng endet mit dem Kapitel "Lebensvision". Utopien sind nicht Küngs Sache, er ist vor allem am Allgemeinwohl interessiert, an einer besseren, argumentativ entwickelten Weltordnung. Die muss Politik und Wirtschaft ebenso in den Blick nehmen wie die Einheit der Kirchen und den Frieden der Religionen.

Besprochen von Thomas Kroll

Hans Küng: Was ich glaube
Piper Verlag, München, Zürich 2009
319 Seiten, 18,95 Euro