Für Norma ins Zeug gelegt

Von Gerald Feldber |
Cecilia Bartoli stand lange im Ruf, ihren Ruhm vor allem auf frisch ausgegrabene Opernrollen zu bauen, die bis dahin kaum einer kannte. Aber mit diesem Klischee hat sie Schluss gemacht, als sie Bellinis Norma sang. Jetzt ist bei Decca eine neue Gesamteinspielung der Oper erschienen.
Wem beim Schlussduett der Oper Norma nicht das Herz bricht, der hat keines – oder er ist zumindest kein Opernfreund … Aber die Berührtheit, die Cecilia Bartoli und John Osborn dabei hinterlassen, ist vielleicht eine ganz andere als bei früheren Aufnahmen. Denn hier singt nicht, wie dort oft, ein Paar, das stolz und heroisch in den Tod geht, sondern wir hören zwei vielleicht noch ziemlich junge Menschen, die ihre Zärtlichkeit, aber auch Erschütterung und sogar Angst nicht verleugnen und gerade daraus ihre Größe gewinnen.

Diese Szene kann stellvertretend für die ganze, intelligent gemachte und eben dadurch sehr anrührende Aufnahme stehen, deren Interpreten außerdem auf die ursprünglichen Quellen der Partitur zurückgegangen sind und dadurch ein insgesamt transparenteres, eher in Aquarell- als Ölfarben gemaltes Klangbild erzielen; kein Wunder bei solch einem historisch informierten Ensemble wie dem "Orchestra La Scintilla" unter dem feinfühligen und kundigen Giovanni Antonini. Kurz und gut: die Decca hat sich mit dieser Produktion ziemlich und mit Erfolg ins Zeug gelegt – was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass neben der Primadonna Bartoli auch alle sonstigen tragenden Rollen hervorragend besetzt sind, etwa mit dem glockenhellen Sopran von Sumi Jo als Adalgisa.

Cecilia Bartoli u.a.: "Norma”
Orchester: Orchestra La Scintilla
Dirigent: Giovanni Antonini
Komponist: Vincenzo Bellini
Format: Doppel-CD
Label: Decca (Universal)

Links:
Cecilia Bartoli u.a.: Norma