Auf den Spuren eines extravaganten Fürsten
Lange war der Fürst-Pückler-Park direkt an der Grenze zu Polen ein Geheimtipp. Das hat sich geändert, vor allem seit die Anlage zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
"Das ist für mich völlig neu, und ich bin ziemlich unsicher, wie sich das entwickeln wird. Keine rechte Vorstellung. Interessant zu erfahren, wo die Besucher im Park überhaupt herkommen."
Sonntagnachmittag, 14 Uhr. In Bad Muskau werden mitten im Fürst-Pückler-Park Kaffeetassen auf große, runde Gartentische gestellt. Dazu Stühle und ein großer Schirm, denn es ist schwül-heiß in der nördlichen Oberlausitz direkt an der polnischen Grenze.
Mineralwasser gibt es deshalb auch und wer möchte, kann dazu Kekse oder Waffeln haben. Erika Schmidt lädt zum Parkplausch, Besucher dürfen neben ihr Platz nehmen und die emeritierte Professorin ausfragen.
Verteilt im Park gibt es an diesem Nachmittag noch weitere Tische, besetzt mit Parkführern, einer ehemaligen Oberbürgermeisterin und einem Muskauer Schmiedemeister, der schon als Kind durch den Park streifte. Wir besuchen sie später.
Erst einmal, kaum sind die Kaffeetassen gefüllt, rollt hinter großen, stattlichen Bäumen langsam ein ebenso stattliches Gewitter heran. Erika Schmidt lässt sich davon nicht beeindrucken und erzählt lieber, wann sie den Pückler-Park kennengelernt hat.
"1980, da war mein erster Besuch hier, und dann wieder 1992, das waren aber nur Exkursionen. Und ich bin 1993 nach Dresden an die Uni gekommen und kurz darauf stellte sich hier die Frage nach einem neuen Parkdirektor.
Und in dem Zusammenhang bin ich in das Kuratorium für den Pückler-Park gekommen. Wir hatten nichts mit der Verwaltung und den Finanzen zu tun wie der Stiftungsrat. Aber in denkmalpflegerischen Fragen und wie man mit so einer Gartenanlage umgeht, das war unser Thema."
"Lehrreich, den Park in unterschiedlichen Jahreszeiten zu erleben"
Und damit kennt sich Erika Schmidt bestens aus. Denn lange Jahre hatte sie, neben ihrer Arbeit im Kuratorium, hauptsächlich den Lehrstuhl für Geschichte der Landschaftsarchitektur an der TU Dresden inne. Die einzigartigen, von Hermann von Pückler-Muskau erschaffenen Parks waren da natürlich oft Thema. Erika Schmidt erinnert sich an ihre ersten Jahre hier.
"Es war wirklich sehr lehrreich, diesen Park in unterschiedlichen Jahreszeiten, in aller Ruhe, oft auch allein, unter bestimmten, jeweils fachlichen Problemstellungen, zu erleben. Auch diese Diskussionen, die man in solch einer Anlage immer hat, diese uralten Bäume die hier stehen, die fallen doch eines Tages um und was tut man dann an der Stelle. Und soll man eventuell etwas korrigieren, was in früheren Jahrzehnten ein bisschen schief gelaufen ist. Also das muss man auch beachten, der Garten hat eine Entwicklung durchgemacht."
Eine 200-jährige Entwicklung, um ganz genau zu sein. 1815 begann der Graf von Pückler, der erst etwas später zum Fürsten aufstieg, mit der Planung dieses einzigartigen Landschaftsparks. Jahrelang wurde hier gebaut, gepflanzt und eingerissen, sogar ein ganzes Dorf umgesiedelt, damit sich Pückler seinen Traum eines englischen Gartens in der Oberlausitz erfüllen konnte.
Gäste kann Erika Schmidt noch immer keine begrüßen, dafür Parkdirektor Cord Panning. Der leitet seit 1997 die Geschicke der Pückler-Stiftung, die den Park verwaltet. Und natürlich ist Cord Panning auch ein absoluter Kenner des Fürsten und dessen Gartenidee.
"Er kam aus England und hat binnen einer Woche eine Proklamation verfasst, einen Aufruf zur Anlage eines riesigen Parks, hat seine Muskauer Hintersassen, seine Untertanen aufgefordert ihm das Land abzutreten, einzutauschen, um einen Park gigantischen Ausmaßes anzulegen. Und das inmitten größter Not.
Die Befreiungskriege waren gerade beendet, die Truppen waren abgezogen, haben ein devastiertes Land hinterlassen. Es herrschte eigentlich nur Armut und Hungersnot und dann kommt der dandyhafte junge Graf Pückler aus England aus London und sagt, liebe Leute, jetzt geht's los, ich leg euch einen tollen Park an."
Die Begeisterung der Muskauer hielt sich zuerst in Grenzen, und es dauerte gut 30 Jahre, bis der Park in etwa die Gestalt angenommen hatte, die Pückler vorschwebte: mit langgezogenen Wegen, Sichtachsen zwischen einzelnen Gebäuden, gesäumt von luftigen Baumreihen. Pückler, schwärmt Panning, habe so eine großartige Anlage geschaffen - unverwechselbar und einzigartig, dabei trotzdem unglaublich minimalistisch.
"Ganz wenige Baumarten, eigentlich nur vier, die Eiche, die Linde, die Buche, die Hainbuche, die in immer neuen Konstellationen das Raumgerüst des Parks abgeben, ausbilden und unter Ausnutzung dieser einmaligen Topographie. Wir sind hier in dem Gebiet einer Endmoräne die von dem Fluss, von der Neiße beschnitten wird, dadurch entsteht ein spannendes Relief und daraus wird jetzt Landschaftskunst abgeleitet, inszeniert, in einer sehr weiten, großen Dimension und so großartig, wie man es sonst in Kontinentaleuropa nirgends findet."
Als Pückler 1871 starb, war das keineswegs das Ende des Parks. Im Gegenteil: Generationen nachfolgender Besitzer der Standesherrschaft Muskau entwickelten die Anlage weiter, errichteten neue Gebäude, vergrößerten das Gelände. Dann kam der Zweite Weltkrieg und danach die wohl dunkelste Zeit des Parks, so Cord Panning.
"Die Oder-Neiße-Grenze hat ihn geteilt und die polnische Seite wurde dem Forst übergeben, es wurde aufgeforstet und die natürliche Sukzession hat sich ihr Recht geholt, der Park ist komplett verwildert. Auf der deutschen Seite waren die Gebäude größtenteils zerstört und dass der Park dann diese Kraft entwickeln konnte, aus den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges die hier stattgefunden haben, nochmals zu einer Renaissance zu kommen und sich wieder zusammen zu finden, über die Grenze hinweg, das ist in der Tat schon ein Wunder, auch der Gartendenkmalpflege, was es in dieser Art so wohl nirgendwo in Europa gibt."
Erika Schmidt nennt das zwar kein Wunder, aber auch sie erinnert sich genau an die erste Zeit nach der Wende. Das Schloss im Zentrum, mittlerweile prunkvoll restauriert, war damals eine Ruine. Die Brücken über die Neiße, den kleinen Grenzfluss zu Polen, der in Sichtweite neben unserem Gartentisch vorbei fließt, waren fast alle zerstört.
"Es war der Park reduziert auf das engere Umfeld des Schlosses. Und der entscheidende Schritt in der Nachwendezeit war dann die wirkliche Wiedervereinigung mit dem polnischen Parkteil. Das hat einen enormen Wandel bewirkt. Und in meinen ersten Jahren hier in diesem Kuratorium habe ich es erlebt, dass ich durch die Anlage ging und gefragt wurde: Wo ist denn hier der Park? Einfach, weil viele Menschen mit einem bedeutenden Park oder Garten verbinden, dass es da Blumen gibt, und nicht so dieser Landschaftsraum. Der wird nicht unbedingt als Kunstwerk erkannt."
Heute ist der Fürst-Pückler-Park mit einer Gesamtfläche von über 800 Hektar der größte Landschaftspark Zentraleuropas. Und seit 2004 Weltkulturerbe, grenzübergreifend, das ist nahezu einmalig. Neue und restaurierte Brücken verbinden den größeren polnischen Teil wieder mit dem kleineren deutschen. Gerade wie heute, am Sonntag, ist hier jede Menge los. Über das Jahr kommen mehr als 300.000 Besucher.
Besonders beliebt bei älteren Touristen: kleine Pferdewagen, mit denen sie langsam durch den Park zuckeln. Kutscher oder Kutscherin zeigen ihnen die Anlage und erklären alles ganz genau.
Gemächlich traben die Pferde über die Brücken, immer wieder überholt von Fahrradfahrern. Viele sind unterwegs, obwohl gar nicht auf allen Wegen gefahren werden darf. Dazwischen flanieren Spaziergänger über lange Sandwege, viele verschwinden irgendwann im Café oder einer der Ausstellungen im Schloss. Vom Kaffeetisch aus kann man das alles wunderbar beobachten.
Und obwohl das Gewitter nun bedrohlich nah ist und sich der Parkdirektor schon wieder verabschiedet hat, halten endlich erste Besucher an Erika Schmidts Gartentisch.
Gemächlich traben die Pferde über die Brücken, immer wieder überholt von Fahrradfahrern. Viele sind unterwegs, obwohl gar nicht auf allen Wegen gefahren werden darf. Dazwischen flanieren Spaziergänger über lange Sandwege, viele verschwinden irgendwann im Café oder einer der Ausstellungen im Schloss. Vom Kaffeetisch aus kann man das alles wunderbar beobachten.
Und obwohl das Gewitter nun bedrohlich nah ist und sich der Parkdirektor schon wieder verabschiedet hat, halten endlich erste Besucher an Erika Schmidts Gartentisch.
Erika Schmidt: "Möchten sie eine Tasse Kaffee? Gern. Und sie sind noch unterwegs trotz Gewittergefahr!? Ja, ja. Was hat sie hergeführt? Das neue Buch von James Bowman. Hab ich eine Kritik zufällig gelesen. Ja, das kenne ich."
Gespräch am Tisch: "Diese Staude da, was ist denn das für eine Pflanze? Das ist ein Strauch und zwar eine Kastanie. Eine Strauchkastanie! Wahnsinn. Also die Wurzeln streichen in die Breite, und dann kommen überall neue Triebe heraus. Da können sie auch reingehen, da haben die Gärtner so kleine Lichtungen geschnitten. Ach, waren sie schon drin. Ja, wie im Regenwald. Wie alt ist denn so eine Strauchkastanie? Soweit ich weiß, kennt man hier das Pflanzdatum nicht genau. Bestimmt mehr als 100 Jahre. 1900!"
Weiß Ewa Johna, die sich ebenfalls gerade dazu gesetzt hat. Die Polin arbeitet für die Stiftung, als Landschaftsarchitektin auf der deutschen Seite des Parks. Denn die Verwaltung ist immer noch getrennt, trotz vieler gemeinsamer Projekte. Eine eigene Stiftung gibt es auf polnischer Seite nicht. Trotzdem kennt Ewa Johna, wie eigentlich jeder hier, natürlich auch den polnischen Teil des Muskauer-Parks.
Gespräch: "Bis auf, dass die meisten da versprochenen Sachen fast alle abgerissen sind. Das Mausoleum ist gesprengt. Ja, und das hat natürlich mit der Grenze zu tun gehabt. 1970er-Jahre, da waren diese Verhältnisse deutsch-polnische anders als heute. Das war wahrscheinlich die Befürchtung, dass man das wieder übernimmt dieses Terrain. Und das ist gesprengt worden, also das englische Haus, das Mausoleum. Leider. Aber es gibt diese Idealbilder, die Pückler hat malen lassen, während er dabei war, den Park zu gestalten. Das sind Gemälde, die zeigen so seine Vision. Aber nicht unbedingt das, was er sich dann leisten konnte. Pückler hat das veröffentlicht, in seinem Buch 'Andeutungen über Landschaftsgärtnerei', wo er deren Anwendung so beschreibt am Beispiel von Muskau."
"Oje, Oje, was machen wir denn jetzt"
Jetzt ist das Gewitter da, in Sekunden schüttet es wie aus Gießkannen. Eilig packen wir zusammen und flüchten ins Schloss. Es sind nur ein paar Meter bis dahin, trotzdem sind alle nass bis auf die Knochen.
In den überdachten Eingangsbereich des wunderschönen, erst vor vier Jahren wiedereröffneten Schlosses, haben sich Dutzende Besucher gerettet. Und weil draußen gerade die Welt unterzugehen scheint, nutzen viele den Moment, sich drinnen eine der Ausstellungen anzuschauen. Eine gute Idee. Die Ausstellung, die noch bis Oktober zu sehen ist, heißt, wer hätte es gedacht, "Pückler!" Mit dem Zusatz: "Pückler? Einfach nicht zu fassen!"
Videowand: "Er muss strahlend schön gewesen sein in seiner Jugend! Oh ja, und er ist es noch heute. Er ist Frauen gegenüber bald sanft, bald heftig. Oft blendend, wie Don Juan. Aufgetakelt, widerlich. Er hat eine Künstlerseele! Ist Spiritualist und Denker, Einsiedler und Salonlöwe. Er ist der genialste Landschaftsgärtner, den wir heute kennen. Waren sie in Muskau? Dort schauen sie sein Herz."
"Hier gibt es die Welt als Bühne. Und hier haben wir uns mal erlaubt, die vielen Pückler-Porträts künstlerisch neu umzusetzen. Es geht um ihn als Standesherren, es geht um ihn als Gärtner, er hat ja nicht nur Muskau und Branitz geschaffen, sondern viele andere Gärten mit beeinflusst. Es geht natürlich auch um ihn als Schriftsteller. Weil das wissen vielleicht die allerwenigsten, dass Pückler ja Bücher geschrieben hat. Zehn Titel insgesamt, das wichtigste Werk natürlich die 'Andeutungen über Landschaftsgärtnerei', dieses Gartenwerk. Zu dem ja viele Lithografien gehören, also 43 Blätter, die Muskau zeigen. Und natürlich das wohl bekannteste Buch von ihm, 'Briefe eines Verstorbenen', wo er ja Briefe veröffentlicht, die er an seine Ehefrau Lucie geschrieben hat, die die Zeit betreffen, als er in England weilt."
Videowand: "Wenn ich von ihm lese, kommt er mir ein wenig vor wie der Zauberer Merlin. So faszinieren mich seine Worte."
Auf zwei Etagen hat Regina Barufke, gemeinsam mit einem kleinen Team, diese Ausstellung konzipiert. Sie haben die umfangreiche Biografie des Fürsten aufgearbeitet, sein Leben durchleuchtet, natürlich jegliche Fakten rund um seinen Park gesammelt – und seinen adligen Stammbaum.
"Es geht im ersten Bereich um Pücklers Familie. Fürst Pückler ist in Muskau geboren, aber sein Vater nicht. Also die lebten ja in Branitz. Wie haben die Pücklers in Muskau eingeheiratet, wer waren die Vorfahren von Pückler? In welche Zeit ist Pückler eigentlich hier rein geboren worden? Man sieht auch zeitgenössische Lithografien oder Kupferstiche, original aus dieser Zeit."
In weiteren Bereichen erfährt man allerhand über Pücklers Frauen, seine Reisen in ferne Länder, seine politischen Ambitionen – und natürlich alles über seine Parkideen. Man kann sogar mit einer kleinen Kutsche auf Schienen durch ein überdimensionales Gemäldebuch fahren. Gezeigt werden verschiedene Ecken des Parks, zu hören sind die Gedanken des Fürsten höchstpersönlich.
Lautsprecher: "Vor uns entfaltet sich ein umfassendes Bild meines Gartenreichs, das von hier fast unendlich erscheint. Doch weiter, und ohne Fernsicht durch den dichten Wald geschlängelt. Hinter der letzten Wendung erwartet uns die englische Cottage. Ländliche Heiterkeit und Geselligkeit mit einer Kegelbahn und Tanzsaal für die Belustigung meiner guten Bürger und Untertanen."
Eine zehnminütige Kutschfahrt durch den Garten, mit eindrücklichen Bildern. Doch ein Blick aus dem Fenster verrät: Es wird langsam Zeit, wieder nach draußen zu gehen. Die letzten Gewitterwolken ziehen ab, noch regnet und donnert es, aber am Horizont scheint schon die Sonne durch die Baumwipfel. Tropfnasse Besucher stehen unter dem Schlossdach, ein Stimmengewirr aus Deutsch und Polnisch. Alle warten darauf, endlich wieder raus zu können. Mittendrin auch Ewa Johna und Erika Schmidt.
Gespräch: "Vielleicht sollte man auch sagen, dass auf der polnischen Seite besonders viele von diesen uralten Eichen stehen. Also wunderbare, knorrige alte Bäume, einen dieser Bäume hat man dann als die Herrmannseiche bezeichnet. Pückler selbst hat das schon so genannt. Da hat er sich ein Denkmal gesetzt und andererseits hat man um diese Eiche herum so einen altgermanischen Platz angeordnet, mit Findlingen, die hier in der Gegend ja viel gefunden werden. Das war seit dem späten 18. Jahrhundert ein Thema geworden, die nationale Identität. Ich würde da noch nicht von Nationalismus reden, aber diese Suche nach dem Spezifikum der deutschen Kultur."
Seit 2004 auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste
Ein Teil der Standesherrschaft Muskau, die damals dem Fürsten Pückler gehörte, reichte bis ins heutige Polen. Eine Grenze gab es damals nicht, weshalb der Park auf beiden Seiten der Neiße entstehen konnte. Nach der Grenzziehung 1945, erzählt Ewa Johna, war diese Ecke auch für viele Polen jahrzehntelang absolutes Randgebiet. Erst nach der Grenzöffnung, dem EU-Beitritt und vor allem dem UNESCO-Titel kamen immer mehr hierher.
"Also seit 2004, als das auf die UNESCO-Weltkulturerbeliste gekommen ist, wächst das Interesse. Wir sehen hier wahrscheinlich in der Runde sehr viele polnische Gäste. Die interessieren sich sehr und kommen aus unterschiedlichen Ecken von Polen. Das ist nicht so diese Bevölkerung, die hier in der Nähe wohnt, mehr Zentralpolen und nördliche Seite. Es kommen viele Touristen und sie sind sehr begeistert, dass sie so etwas, was bislang nicht bekannt war, an dieser Randlage sehen und erfahren können."
Endlich hat es aufgehört zu regnen. Vor dem Schloss haben sich riesige Pfützen gebildet, ein paar große Baumkübel, die rechts und links der Terrasse stehen, sind umgekippt und liegen auf den Wegen. Jetzt, nach dem Unwetter, ist die Luft im Park angenehm frisch.
Die Erste, die ihren Platz an einem der Gartentische wieder eingenommen hat, ist die ehemalige Oberbürgermeisterin von Dresden und sächsische Sozialministerin, Helma Orosz. Sie kennt die Anlage so gut, weil sie sechs Jahre lang dem Förderverein des Parks vorstand.
Und, weil sie aus der Region stammt. Orosz hat lange in Weißwasser gelebt, gearbeitet und Politik gemacht, die Stadt liegt nur wenige Autominuten von Bad Muskau entfernt. Hier war sie schon zu DDR-Zeiten.
Und, weil sie aus der Region stammt. Orosz hat lange in Weißwasser gelebt, gearbeitet und Politik gemacht, die Stadt liegt nur wenige Autominuten von Bad Muskau entfernt. Hier war sie schon zu DDR-Zeiten.
"Zumindest für die Region und auch für die Muskauer war dieser Park immer ein ganz besonderer Platz. Aber man hat schon darunter gelitten, dass man kaum Möglichkeiten hatte, finanzieller Art, bestimmte Dinge, die halt verfallen waren, dass man nicht viel ändern konnte. Natürlich sind die Wiesen gemäht worden, wir haben es über Jahre erlebt, dass hier Schafe geweidet haben. Aber was eben für alle beklemmend war, war diese Ruine des Schlosses."
Nun ist fast alles wieder restauriert, es gibt einen neuen Kräutergarten und eine Schlossgärtnerei, eine Orangerie, sogar ein paar kleine, historische Ferienhäuser. Stiftung und Förderverein mussten dafür eine Menge Geld auftreiben - mit Erfolg.
"Es sind auf jeden Fall zweistellige Millionenbeträge. Die Sensibilität des Freistaates und vor allem des Ministerpräsidenten Milbradt waren ein Auslöser. Aber auch Landtagsabgeordnete aus der Region, Bürgermeister und viele andere Vereine haben sich da stark gemacht. Und man hat dann versucht, sukzessive über mehrere Jahre ist ja diese Wiederherstellung des Parks insgesamt und des Schlosses gelaufen, die Mittel einzuteilen."
Zwischenfrage Autor: "Als dieser Weltkulturerbetitel vergeben wurde. Hat das noch mal Aufmerksamkeit gebracht?"
"Na klar! Nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch ein deutliches Signal: Es lohnt sich, hier weiter zu investieren. Es hat natürlich auch viele Geldgeber noch einmal euphorisch werden lassen und uns unterstützen. Und besonders für die vielen kleinen Helfer, die Unternehmen in der Region, den Förderverein und andere Gremien, war das ein deutliches Zeichen: Unsere Engagement hat sich gelohnt und wir sollten einfach weiter daran arbeiten.
Weil, 'Kurstadt Bad Muskau', das war schon ein Name, der in den letzten Jahrzehnten Rang und Namen hatte. Das kuren mit bestimmten Wassern war hier ganz bekannt. Und da ist man ja dabei, diese Thermalwasser wieder anzuschließen und weiterzuentwickeln. So dass diese Kurstadt am Ende wieder ihren alten Glanz ausstrahlt und damit in einer Region, die wirtschaftlich schon das ein oder andere Problem hat, um es vorsichtig auszudrücken, wieder Arbeitsplätze und vor allem Gäste hier in die Region zu bringen."
Ein aktuelles Thema, auch am Tisch, an dem mittlerweile wieder ein paar Besucher Platz genommen haben - dazu Cord Panning. Mit Arbeiten im westlich gelegenen Berg- und im Badepark, erzählt der Direktor, könnten in Zukunft sicher sogar noch zusätzliche Gäste angelockt werden.
Gespräch: "Also man hat den Bergpark auch immer etwas unterschätzt. Weil man gesagt hat, das ist eher so ein bisschen waldartig und hier ist die große Gartenkunst. Das stimmt nicht, das ist genauso Pückler-Park wie hier unten. Und was haben sie jetzt im Oberpark vor? Wäre das eine, das Wegesystem wieder herzustellen und es gibt da alte Bergbaubereiche, man hat da 300 Jahre unter Tage Bergbau betrieben. Dass man diese Bereiche auch wieder identifizieren kann, die zur Alaungewinnung gedacht gewesen sind."
Der Bergbau ist fast überall in der Oberlausitz ein großes Thema - selbst im Pückler-Park, erzählt Panning auf unserem Weg zum letzten Parkplausch am Gartentisch.
"Die Endmoräne hat die unterschiedlichsten Erdschichten relativ steil an die Erdoberfläche gestellt und darunter auch Braunkohle. Und daraus sind ganz interessante Seestrukturen entstanden, die heute diese gesamte Landschaft prägen und davon gibt es auch ein paar Relikte im Bergpark. Das heißt, im 19. Jahrhundert war so dieser vorindustrielle Braunkohlentagebau, Untertagebau der durchaus einige Spuren im Muskauer Park hinterlassen hat.
Darunter leidet der Jagdpark des Fürsten Pückler, der befindet sich inmitten des Braunkohlenabbaugebietes Nochten. Da wurde Anfang der 1990er Jahre die Entscheidung getroffen im Genehmigungsverfahren, den in den Abbau mit einzubeziehen. Das schmerzt, wenn man sich um den Erhalt der Landschaft im Sinne Pücklers kümmert, ist aber ein Prozess, der schon voll im Gange ist und dieser Jagdpark ist verloren gegangen und ist auch nicht wieder herdzubringen, der bleibt nur in der Erinnerung."
Eine Runde vieler alter Geschichten
Im Tagebau Nochten, nur ein paar Kilometer westlich, vernichtet der Braunkohleabbau seit Jahren ein von Pückler genutztes Jagdgebiet. Auch ein kleines Schloss gab es dort. Noch heute existieren viele Kulturdenkmäler, schreiben Blogger der Region, die nach und nach dem Tagebau zum Opfer fallen. Wenn man so will, wird dort Weltkulturerbe vernichtet.
Ankunft an der letzten Station. Der Gartentisch ist gut gefüllt, nebenan rauscht ein kleiner Wasserfall, eine idyllische Kulisse. Franz Klenner, ein Muskauer Schmiedemeister in vierter Generation und früher oft als Handwerker im Park aktiv, unterhält sich angeregt mit Ekkehard Brucksch. Der war hier 38 Jahre lang Parkbereichsleiter, mittlerweile sind beide Rentner. Als Kinder haben sie hier gemeinsam rund ums Schloss gespielt.
Klenner: "An meinen ersten Parkbesuch kann ich mich sicher nicht mehr erinnern, da habe ich im Kinderwagen gelegen, das ist 63 oder 64 Jahre her. Und dann kam man später immer mit der Familie, Sonntagnachmittag, im Park spazieren gegangen. Dann mit der Schule im Park Langstreckenlauf gemacht. Na ja und dann kam die Lehrzeit und dann ging es schon langsam los mit immer mal was im Park zu arbeiten."
Brucksch: "Wir sind nicht nur drum herum geschlichen, wir waren auch drinnen. Und die Klenner-Brüder waren wahrscheinlich auch mit drinnen in der Ruine als Kinder. Und das war für uns ein ziemlich abenteuerlicher Spielplatz. Wir haben zu DDR-Zeiten auch versucht, Dinge zu machen. Aber an die Schlossruine hat damals niemand gedacht.
Wir haben in den Achtzigerjahren eine Ruinensicherung in der Form gemacht, dass wir die Birken, die auf den Mauern gewachsen sind, abgesägt und rausgerissen haben. Und wir konnten uns gar nicht mehr vorstellen, dass das Schloss irgendwann mal wieder aufgebaut wird."
Eine Runde vieler alter Geschichten. Die Tischgäste hören interessiert zu. Mittendrin auch Barbara Baran-Kalasz, die allerdings die meisten Erzählungen wohl schon kennen dürfte. Denn auch sie ist Muskauerin - und führt seit fast zehn Jahren Besucher durch den Park. Es werden immer mehr Touristen, stellt sie fest, was gut ist für ihren Job. Allerdings, und da klingt sie fast ein wenig traurig, gibt es auch immer weniger ruhige Ecken. Und das sind eigentlich ihre persönlichen Lieblingsorte.
"Ich mag so die Ecken, so wie hier, bisschen ruhiger, bisschen grün. Ich geh gern privat durch den Park, spät am Abend oder früh morgens, wenn noch nicht so viele Touristen da sind. Es ist schön, wenn man ganz allein durch den Park geht, was aber immer seltener wird. Kommt auch auf die Jahreszeiten an.Der Park ist ja wirklich zu jeder Jahreszeit schön. Auch wenn es regnet oder stürmt, es ist immer etwas Besonderes."