Syrisches Kultur-Festival soll Brücken schlagen
Bremen hat überproportional viele Flüchtlinge aufgenommen. Unter ihnen sind auch viele Künstler, die nun das Funun-Festival organisieren - und auf diese Weise syrische Kunst nach Norddeutschland bringen.
Naser Agha ist in seiner Heimat Syrien ein bekannter Künstler. 2007 war er mit seinen Bildern im syrischen Pavillon auf der Biennale in Venedig vertreten. Er hat in Italien gelebt, in Griechenland. seine Heimat war Aleppo. Doch 2013 musste er fliehen, lebte zunächst ein Jahr in Istanbul, dann kam er nach Bremen. Für das erste syrische Kulturfestival in Bremen kümmert er sich um eine Sammelausstellung syrischer Künstler.
"Das besondere an der Ausstellung ist", sagt der 55-Jährige, "dass so viele unterschiedliche Künstler teilnehmen, dass wir eine große Vielfalt zeigen können. Bildende Kunst war in Syrien immer schon sehr wichtig für die arabische Gesellschaft – die Kunst von Orient und Okzident hat sich hier immer schon vermischt, weil viele Künstler gereist sind, im Ausland studiert und gearbeitet haben."
Die Verbindung von alter Heimat und neuer Heimat – das will auch der Musiker Mohanad Akkash.
"Die Musik ist das Produkt der Gesellschaft also dessen, wo sie geboren ist, wo sie lebt, wo sie sich entwickelt - wenn man die Ursprungskultur verlässt, dann vermischt sie sich mit der anderen Umgebung und es entsteht etwas Neues. Und ganz wundervoll ist es wenn man eine Blume von dem alten Teil nimmt und eine Blume von dem neuen Teil und sie zusammensetzt und dann ein neues klingendes Bild erzeugt."
Funun ist das arabische Wort für Künste
Mohanad Akkash hat mit zwei Bremern – David Niedermayer und Gert Woyczechowski - eine Band gegründet. Damas nennen sie sich, das ist ein Kosename für Damaskus, der Heimatstadt von Mohanad Akkash, einem gelernten Journalisten.
Niedermayer: "Ich habe Mohanad kennengelernt auf einem Konzert, da bin ich zu einer Gruppe gegangen, mit denen er vorher zusammengespielt hat und da hab ich das Konzert gehört und gedacht, geil, das will ich auch machen, das war richtig schön, und dann irgendwann später ist mir aufgefallen, dass wir quasi Nachbarn sind und er begegnete mir ein paarmal auf der Straße und ich habe gedacht, ist er das, ist er das, und irgendwann habe ich ihn dann einfach angesprochen auf der Straße und hab gesagt 'Hey, ich glaub, ich kenn dich, du spielt Percussion und hab ich gesagt, pass auf, ich spiel Oud, lass uns mal zusammensetzen, ich glaub, das wird witzig.'"
Alle sind Teil des Funun-Festivals, das in der nächsten Woche in Bremen beginnt. Funun ist das arabische Wort für Künste und es beschreibt die Situation in Bremen ganz gut. Hier haben überdurchschnittlich viele Kulturschaffende im letzten Jahr ihren Asylantrag gestellt, hier hat das erste syrische Exilorchester ein aufsehenerregendes Konzert gespielt, hier hat sich deshalb auch der erste Syrische Exil-Kulturverein gegründet, maßgeblich vorangetrieben auch von Jasmina Heritani. Die Deutsch-Syrerin ist 1982 in Deutschland geboren, hat aber einen großen Teil ihrer Schulzeit in Syrien verbracht.
"Und was mich wahnsinnig traurig macht, ist, dass Monumente in Palmyra zerstört werden und dass wir da nichts machen können, der Chefarchäologe von Palmyra hat das mit seinem Leben bezahlt zu versuchen, diese Monumente zu schützen, das können wir im Exil nicht machen, aber was wir machen können ist, dass was hier ankommt an Kultur, was unsere Kultur ist, sei es in Form von Musik, sei es in Form von Bildern, sei es in Form von Literatur, zu fördern, zu schützen und auch weiterzugeben, denn ich möchte genau wie die Künstler, dass eine Botschaft hier ankommt, dass wir ein Land sind, in dem es ungeheure kulturelle Schätze gab."
Den Schwerpunkt des Festivals bilden drei Konzerte
Das Festival soll Brücken schlagen – zwischen den neuen Bürgern und den Bremern, so wie es Nasser Agha in seiner Kunst bereits tut. Das Prägende, das Auffälligste an Nasers Kunst sind die Farben. Weil, schwärmt er, seine Heimat voller Farben ist: blau in allen Schattierungen, rot, ocker, gelb, weiß. Viel bunter als seine neue Heimat Norddeutschland.
"Den Hintergrund der Bilder der letzten Jahre bilden fast immer geometrische Systeme, Raster, mit Symbolen, die an arabische Ornamente erinnern. Dazwischen blitzen Architekturelemente – vor allem Fenster – aus Aleppo und aus Bremen. Fenster, weil sie Orientierung und Umbruch signalisieren, sie lassen nach innen schauen und öffnen auch den Blick nach draußen."
Neue Blickwinkel für alle. Den Schwerpunkt des Festivals bilden drei Konzerte, unter anderem Aeham Ahmad, der als "Pianist in den Trümmern" bekannt wurde. Es gibt Lesungen, Diskussionen und auch das Syrian Heritage Archive Project stellt seine Arbeit in Bremen vor.
Heritanmi: "Die über genau das sprechen, das uns als Verein hier in Deutschland nicht möglich ist, nämlich die kulturellen Monumente in Syrien zu schützen, also sie archivieren, alle Zerstörungen in Syrien und planen jetzt einen Wiederaufbau Syriens, also haben sozusagen eine digitale Animation, wie man etwas wiederaufbauen könnte und das war uns unwahrscheinlich wichtig im Rahmen des Festivals, auch das mit darzustellen, weil wir nicht nur über die Künste, die wir hier im Exil haben, also die wir präsentieren können, etwas bringen möchten, sondern auch in Betracht ziehen möchten, was halt im Land gemacht werden kann für die Zukunft."
Genau das soll in Bremen nun einen Anfang finden – ein jährliches Festival soll etabliert werden, zu dem aus ganz Europa syrische Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle zusammenkommen, um die syrische Kultur im Exil wachzuhalten, bekanntzumachen und weiterzuentwickeln. Vielleicht wird es ja irgendwann auch geöffnet für Künstler im Exil aller Nationen.