Als die Kreisliga-Schiris streikten
Immer wieder tätliche Übergriffe: Da haben sie einfach kein Spiel mehr gepfiffen. Der Streik der Celler Kreisliga-Schiedsrichter sorgte bundesweit für Aufsehen. Denn aggressiv und gewaltbereit ist der Fußball auch anderswo.
Letzten Sonntag, kurz nach drei, Altencelle, ein Ortsteil süd-östlich der Stadt. Der SV Altencelle, 1. Herren, spielt gegen den MTV Langlingen, Kreisliga, dreißig, vierzig Zuschauer.
Achim Prüße ist stellvertretender Vosritzender des NFV-Kreises Celle, der NFV ist der Niedersächsische Fußball-Verband. Prüße, 54, aus Hambüren, ist darüber hinaus Vorsitzender des Spielausschusses, der SV Altencelle ist sein Heimverein. Der ist auf seiner wunderbaren Anlage nicht betroffen:
"Der ist nicht betroffen."
Etwa 70 Spiele waren es, die ohne Schiedsrichteransetzung stattfanden. Achim Prüße:
"Die aber auch alle durchgeführt wurden und ohne größere Probleme abgeschlossen wurden. Aber es gab bis auf eine Ausnahme keine größeren Ausraster der Spieler oder Betreuer."
Die, die Betreuer, waren eingesprungen als Schiedsrichter. Oder Jugendleiter oder andere Vereinsmitglieder – Hauptsache, jemand stand auf dem Platz.
Die Ausnahme, die Prüße andeutete:
"Bei einem Spiel wurde da einem am Boden liegenden Spieler mit voller Wucht in den Bauch getreten, das geht jetzt auch vors Sportgericht, das sind natürlich solche Sachen, die wir nicht akzeptieren werden hier mehr."
Michael Frede, 45, Celler, ist seit 30 Jahren Schiedsrichter und Vorsitzender des Ausschusses im Kreis Celle. Der Kreis Celle: Seit drei Jahren ist er der unfairste Niedersachsens, in der Fair-Play-Tabelle:
"Und seit April diesen Jahres hat sich dann die Lage derart verschlechtert, dass wir allein sechs Spielabbrüche hatten."
Tätlichkeiten gegen die Schiedsrichter bei vieren, Jagd jener bis in die Kabine bei zweien ...
"... und beim letzten Spielabbruch Mitte August mussten sogar fünf Streifenwagen ausrücken, um die Gemüter zu beruhigen und dem Schiri ein sicheres Geleit von der Anlage zu gewährleisten."
Angriffe, Übergriffe, Attacken, Aggressionen durch die jeweils gegnerischen Mannschaften.
Beteiligt: nicht alle, aber viele Vereine:
"Leider. Es ist 'ne große Bandbreite."
Der Großteil der Vereine reagierte verständnisvoll auf den zweiwöchigen Streik der Schiedsrichter, ein Verein hat seine zweite Herrenmannschaft zurückgezogen, einer weiteren droht ein Ausschluss, diverse Spieler sind gesperrt.
"Mit Antrag auf Ausschluss aus dem Spielbetrieb des Niedersächsischen Fußballverbandes."
Achim Prüße.
Die Ursachen, die Gründe, die Motive? Teilgenommen an den Übergriffen haben alle.
Michael Frede, der Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses:
"Ich weiß noch, ein Spiel vor vor kurzem, da ist ein Trainer sechs Mal um den Platz gelaufen und hat den Schiri angeschrien, was geht da ab, also was geht in den Köpfen vor, da ist überhaupt kein Respekt mehr und da ist dieser faire Umgang, da ist überhaupt kein respektvoller Umgang mehr da, nicht nur gegenüber Schiedsrichtern, auch unter den Spielern und da vermisse ich manchmal die Konsequenz in den Vereinen zu sagen 'Komm, Du schadest uns nur', da haben die Leute immer wieder 'ne Plattform um sich entsprechend negativ zu präsentieren."