Fußball spielt eine ganz große Rolle in meinem Leben. Seitdem ich vier bin, spiele ich Fußball. Habe natürlich die erste Zeit bei den Jungs gespielt - da, wo ich herkomme, aus Ribnitz-Damgarten, gab es keine Mädchenmannschaft. Bis ich zwölf war, habe ich bei den Jungs gespielt und durfte dann erst hoch zu den Frauen.
Fußball
Seit Mitte 2022 dürfen Transmänner auch in Frauenteams im Amateurbereich spielen. © dpa / picture alliance / Bernd Feil
Wie ein Transmann in einem Frauenteam spielt
06:47 Minuten
Erst als Mädchen, dann als Frau, jetzt als Mann: Ben Elias Borchardt spielt seit vielen Jahren in einem Fußballteam. Durch eine neue DFB-Spielordnung kann er nun auch als Transmann bei den Frauen der HSG Warnemünde kicken.
Ein Nachmittag auf dem Sportplatz der Hochschulsportgemeinschaft Warnemünde. Zwei Kinderteams trainieren auf dem Kunstrasen. Die Frauenmannschaft kommt dazu.
Herren in der Damenmannschaft? Trainer Steffen Wendt heißt auch sie ganz selbstverständlich willkommen.
Herren in der Damenmannschaft? Trainer Steffen Wendt heißt auch sie ganz selbstverständlich willkommen.
Ist hier kein Ding, meint sein Kollege Jörg Burgstaler:
"Hier kann jeder sich ausleben - in welche Richtung und Art und Weise er möchte. Letztlich geht es darum, zusammen Fußball zu spielen. Das bieten wir an - und das leben wir auch."
Einer der beiden Männer in der Frauenmannschaft der HSG Warnemünde ist Ben Elias Borchardt. 27 Jahre alt, gelernter Koch. Geboren als Lilli - und als Fußballfan.
"Hier kann jeder sich ausleben - in welche Richtung und Art und Weise er möchte. Letztlich geht es darum, zusammen Fußball zu spielen. Das bieten wir an - und das leben wir auch."
Einer der beiden Männer in der Frauenmannschaft der HSG Warnemünde ist Ben Elias Borchardt. 27 Jahre alt, gelernter Koch. Geboren als Lilli - und als Fußballfan.
Als Mädchen in der Jungenmannschaft - dagegen hatte keiner etwas einzuwenden. Die Probleme begannen, als sich Lili mit 23 Jahren zu einer Geschlechtsumwandlung entschloss.
Als Ben von seinem Team ausgeschlossen wurde
Schon lange hatte sie sich im falschen Körper gefühlt. Ihre Familie unterstützte diesen Weg - und auch die Teamkolleginnen beim Fußball taten das. Auf das, was dann kam, waren weder Ben noch seine Kapitänin Jenny Koss vorbereitet.
"Dann kam die Schocknachricht: Er darf jetzt nicht mehr bei uns mitspielen! Das war schwierig, damit umzugehen - als Mannschaft und auch generell im Verein. Dann ging das so schleppend voran. Jetzt sind wir glücklich, dass er wieder dabei sein kann."
Die Zeit von einer und einer halben Saison war der Warnemünder von den Punktspielen seiner Mannschaft ausgeschlossen. Natürlich hat Ben weiter trainiert. Er ist eine Kämpfernatur.
"Dann kam die Schocknachricht: Er darf jetzt nicht mehr bei uns mitspielen! Das war schwierig, damit umzugehen - als Mannschaft und auch generell im Verein. Dann ging das so schleppend voran. Jetzt sind wir glücklich, dass er wieder dabei sein kann."
Die Zeit von einer und einer halben Saison war der Warnemünder von den Punktspielen seiner Mannschaft ausgeschlossen. Natürlich hat Ben weiter trainiert. Er ist eine Kämpfernatur.
Trotz mehrerer heftiger Verletzungen hatte er sich immer wieder zurück in die Mannschaft gekämpft. Und auch nach jeder Operation, die eine Geschlechtsumwandlung mit sich bringt, trainierte er eisern weiter.
Warum Ben bei den Frauen bleiben wollte
Mitte 2022 dann der Wendepunkt: Der Deutsche Fußball-Verband legt für den Amateurbereich eine neue Spielordnung fest: Trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen dürfen nach Abstimmung mit einer Vertrauensperson im Landesverband selbst entscheiden, ob sie in der Frauen - oder Männersektion spielen wollen. Für Ben war klar: Ich bleibe bei den Frauen.
"In erster Linie, weil die Akzeptanz im Frauenfußball viel, viel größer ist. Denen ist es egal, ob da Ben mitspielt oder nicht. Das ist der erste Punkt, dass Frauen da viel, viel mehr Akzeptanz aufweisen. Zum Zweiten ist Männerfußball robuster. Hätte ich die Möglichkeit nicht gehabt, bei den Frauen zu spielen, dann hätte ich tatsächlich aufgehört, Fußball zu spielen. Aufgrund meiner Krankenvorgeschichte mit den Kreuzbandrissen wäre der Männerbereich nicht infrage gekommen."
"In erster Linie, weil die Akzeptanz im Frauenfußball viel, viel größer ist. Denen ist es egal, ob da Ben mitspielt oder nicht. Das ist der erste Punkt, dass Frauen da viel, viel mehr Akzeptanz aufweisen. Zum Zweiten ist Männerfußball robuster. Hätte ich die Möglichkeit nicht gehabt, bei den Frauen zu spielen, dann hätte ich tatsächlich aufgehört, Fußball zu spielen. Aufgrund meiner Krankenvorgeschichte mit den Kreuzbandrissen wäre der Männerbereich nicht infrage gekommen."
Immer wieder musste er fiese Sprüche hören
Die Mannschaft stand also hinter ihm, als Lilli als Ben zurückkehrte und dann durch die neue DFB-Regel auch wieder bei den Punktspielen der Kreisoberliga antreten durfte. Das gefiel nicht allen auf dem Fußballplatz.
Frauen mit Bart gehören auf den Jahrmarkt - das war der Spruch, der mir immer im Gedächtnis bleiben wird. Und dann auch: Du Scheiß-Transe, du Scheiß-Kerl, geh doch dahin, wo du hingehörst. Ich habe genug Rückhalt und muss mich damit nicht herumärgern. Das wird hinter meinem Rücken geklärt und erledigt.
Die Frau, die derlei Dinge im Hintergrund klärt und erledigt, ist Marij Duhra. Sie ist Inklusionsbeauftragte beim Landesfußballverband Mecklenburg-Vorpommern.
Was tun, wenn fiese Sprüche kommen - zumal von den Zuschauern, die ja nach dem Spiel schnell weg sind?
"Wenn man so tut, als ob man das jetzt nicht gehört hat oder als ob es nicht so schlimm ist, das ist nicht das Idealbild, wo wir hin wollen. Wir wollen einen wertebasierten Fußball, bei dem klar ist: Das war jetzt eine Grenze, die überschritten wurde. Entweder du entschuldigst dich oder du gehst jetzt. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Da wollen wir die Vereine hinbringen. Da sind transphobe Aktionen nur ein Beispiel, bei rassistischen Vorfällen wünsche ich mir das ganz genauso. Empathie ist der Schlüssel, das wünsche ich mir von allen Beteiligten ein bisschen mehr."
"Wenn man so tut, als ob man das jetzt nicht gehört hat oder als ob es nicht so schlimm ist, das ist nicht das Idealbild, wo wir hin wollen. Wir wollen einen wertebasierten Fußball, bei dem klar ist: Das war jetzt eine Grenze, die überschritten wurde. Entweder du entschuldigst dich oder du gehst jetzt. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Da wollen wir die Vereine hinbringen. Da sind transphobe Aktionen nur ein Beispiel, bei rassistischen Vorfällen wünsche ich mir das ganz genauso. Empathie ist der Schlüssel, das wünsche ich mir von allen Beteiligten ein bisschen mehr."
Umstrittene neue DFB-Spielordnung
Von den Gegnern der neuen DFB-Spielordnung wird vorgebracht, dass es ungerecht sei, wenn Männer in einer Frauenmannschaft spielen.
"Da durfte man sich dann schon anhören: Du bist gedopt, du hast körperliche Vorteile, und bist ja so viel besser als wir! Was aber völliger Bullshit ist, weil aufgrund von Testosteron habe ich mehr Masse, aber ich spiele dadurch keinen besseren Fußball. Ich bin nicht schneller und besser. Das kann man nicht an Testosteron festmachen."
Jenny Koss, Bens Mannschaftskapitänin, sieht es genauso.
"Manche haben einen wesentlich anderen oder robusteren Körperbau als er jetzt mitbringt. Das wird oft als Ausrede oder so genommen. Fußballspielen kann er halt - das ist gut für uns - lacht - und schlecht für die gegnerischen Teams dann in dem Fall. Aber es hat nichts damit zu tun, ob er jetzt männlich oder weiblich ist."
Nicht auf Masse kommt es an, sondern auf Klasse. Und die hat Ben Elias Borchardt.
"Da durfte man sich dann schon anhören: Du bist gedopt, du hast körperliche Vorteile, und bist ja so viel besser als wir! Was aber völliger Bullshit ist, weil aufgrund von Testosteron habe ich mehr Masse, aber ich spiele dadurch keinen besseren Fußball. Ich bin nicht schneller und besser. Das kann man nicht an Testosteron festmachen."
Jenny Koss, Bens Mannschaftskapitänin, sieht es genauso.
"Manche haben einen wesentlich anderen oder robusteren Körperbau als er jetzt mitbringt. Das wird oft als Ausrede oder so genommen. Fußballspielen kann er halt - das ist gut für uns - lacht - und schlecht für die gegnerischen Teams dann in dem Fall. Aber es hat nichts damit zu tun, ob er jetzt männlich oder weiblich ist."
Nicht auf Masse kommt es an, sondern auf Klasse. Und die hat Ben Elias Borchardt.
Schließlich steht er schon seit 23 Jahren auf dem Fußballplatz. Erst als Mädchen, dann als Frau, jetzt als Mann. Die HSG Warnemünde liegt auf Tabellenplatz zwei. In der Winterpause steht für Ben die nächste Operation an. Zum Saisonstart im Frühjahr will er wieder fit sein.