Fussball

Der HSV auf dem Weg zur Aktiengesellschaft

Hamburger SV, HSV
Mitglieder des Hamburger SV halten am 19.01.2014 während der HSV-Mitgliederversammlung Stimmkarten in die Höhe. © Picture Alliance / DPA / Axel Heimken
Moderation: Julius Stucke |
Der Rechtsanwalt Martin Stopper befürwortet, dass der Hamburger SV sich eine Reform hin zur Aktiengesellschaft verpassen will. Als eingetragener Verein sei man "nicht mehr auf dem richtigen Weg".
Julius Stucke: Dieser Verein ist besonders in mehrerer Hinsicht: der Hamburger Sportverein, der HSV. Seine erste Herren-Fußballmannschaft ist die einzige, die seit der ersten Bundesliga-Saison in den 60ern bis heute immer in der Bundesliga mitgespielt hat. Und Besonderheit Nummer zwei des Urgesteins: Die Fußballsparte gehörte all die Jahre immer noch zum gesamten Verein, einem klassischen e.V. Die meisten anderen Vereine haben ihre Fußballsparten mittlerweile in Kapitalgesellschaften ausgegliedert.

Der FC Bayern München zum Beispiel, der ist auch eine erfolgreiche Aktiengesellschaft, denn Fußball ist heute auch Geld. Und da sind wir bei einem Problem des HSV: Der Verein ist verschuldet. Eine Reform soll das ändern. Darüber war und ist wohl nicht jeder Traditionalist glücklich. Aber gestern haben die Mitglieder sich für eine Reform entschieden, hin zur Aktiengesellschaft. Wie kann das helfen?

Das soll und Martin Stopper erklären, Münchner Rechtsanwalt für Sportrecht, der Bundesliga-Vereine berät und Fußball-Verbände vertritt. Guten Morgen, Herr Stopper!
Martin Stopper: Guten Morgen!
Stucke: Weil es jetzt um Fußball geht, muss ich Sie als Münchner natürlich vorab fragen, ob Sie überhaupt unparteiische Einschätzungen abgeben können.
Stopper: Ich bin so was von neutral, außerdem noch Rechtsanwalt dazu. Das sollte klappen.
Stucke: Super! Die Fußballsparte des HSV soll in eine AG umgewandelt werden, in eine Aktiengesellschaft. Warum soll das dem Verein bei seinen finanziellen Problemen helfen?
Stopper: Unmittelbar wird es dem Verein natürlich nicht helfen, aber mittelbar schafft er jetzt erst einmal Voraussetzungen, sich andere Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen. Insgesamt ist man ja im 21. Jahrhundert im Profifußball als Kapitalgesellschaft auch etwas glücklicher und etwas rechtssicherer aufgestellt, als als eingetragener Verein. Wenn man diese Strukturreform, über die ja jetzt abgestimmt wurde, dann auch mal durchsetzen kann, dann kann man als verlässlicher Partner schon darüber nachdenken, wie man sich Geld oder Unterstützung von Dritten holt.
Stucke: Man hofft darauf, damit Investoren zu locken?
Stopper: Ja, zu locken, ein verlässlicher Partner zu sein. Es ist wirklich sehr schwierig, bei einem eingetragenen Verein, der der HSV ist, bis heute ja immer noch, zu sagen, bitte engagiere dich doch hier für eine gute Sache, für ein Stück Tradition, aber umgekehrt eben nicht nur für ein Stück Tradition, sondern auch für den Einstieg in den Profifußball.
Profifußball heißt so, weil er es ist: er ist professionell aufgestellt, es geht um Wirtschaftsunternehmen. Das sagt auch die Rechtsprechung, dass es sich bei Fußballvereinen, die Profifußball betreiben, um Wirtschaftsunternehmen im rechtlichen Sinne handelt, und deshalb ist man da einen guten Schritt vorangekommen.
Stucke: Als Sportrechtler sagen Sie, eingetragene Vereine sind kein verlässlicher Partner?
"Das ist jetzt nicht mehr angemessen"
Stopper: Na ja, ein eingetragener Verein ist ja innerhalb seiner Führungsstruktur und in dem, was er tut, gar nicht darauf ausgerichtet, Geschäfte zu machen. Ein eingetragener Verein soll selbstlos handeln und nebenher kann er geschäftlich oder wirtschaftlich tätig sein zu einem gewissen Nebenzweck. Das ist dieses Nebenzweck-Privileg, das der Verein genießt. Dass er wirtschaftlich tätig sein kann, um seinen Hauptzweck, die Ziele eines eingetragenen Vereins zu erreichen, nämlich hier den Fußballbetrieb als ganzen, aber auch sehr als kulturelle Einrichtung Fußballbetrieb, das ist ja jetzt nicht mehr so angemessen, wenn man schaut, was der HSV eigentlich vor hat.
Er möchte wieder zuverlässig in Europa Fußball spielen und gut, und dafür braucht er Spieler, und Spieler brauchen viel Geld, leider Gottes, und eine gesunde Struktur herum. Ein schönes Stadion haben sie schon. Deshalb ist man mit dem eingetragenen Verein nicht mehr auf dem richtigen Weg. Zudem ist es in Hamburg ja auch noch so, dass der eingetragene Verein ein großer Verein ist, in dem nicht nur Fußball gespielt wird, dass aber finanzielle Risiken doch mehr im Fußball eingegangen werden als in anderen Sportarten, und da kann man die anderen Sportarten dann auch etwas sicherer führen und den Fußballsport ausgliedern.
Stucke: Sie sagen es. Es geht - da braucht man gar nicht drum herumzureden - im Fußball auch um viel Geld. Aber es geht dann irgendwo doch eben auch um Fußball und um Sport, um Investitionen in Spieler. Besteht bei einer Aktiengesellschaft nicht auch ein bisschen das Risiko, dass Investoren, Anteilseigner Renditewünsche haben und diese Rendite lieber schnell haben wollen und deshalb Gewinne abziehen und das Geld für sportliche Investitionen nehmen?
Stopper: Ja, das wäre schade, wenn das so ist. Erst mal kann man das festlegen, was man mit seinem Partner oder mit seinem Anteilseigner machen möchte. Man kann dem zum Beispiel gewisse Haltefristen vorschreiben, dass man sagt, ein Jahr rein, und wenn man dann zufällig im Europapokal erfolgreich Geld eingesammelt hat, gehe ich mit einer kleinen Rendite. Mehr wird es dann auch nicht werden, denn so lukrativ geht das auf die Schnelle auch in diesem Fall, wenn man in Europa erfolgreich spielt, nicht. Dann hat man sich den falschen Partner ausgesucht.

Aber das ist wie überall in der Wirtschaft: wenn ich ihn nicht direkt vertraglich binden kann und möchte, dann muss ich mir halt Partner suchen, mit denen ich langfristig zuverlässig und vertrauensvoll zusammenarbeiten kann.

Das macht man hier in München auch mit den Anteilseignern. Adidas und Audi, die sind sehr langfristig strategisch aufgestellt, und solche Partnerschaften machen auch Sinn.
Stucke: ... , sagt der Sportrechtler Martin Stopper zum Hamburger SV, der sich eine Reform verpassen will, hin zur Aktiengesellschaft. Herr Stopper, vielen Dank, einen schönen Tag Ihnen.
Stopper: Herzlichen Dank, Ihnen auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema