Fußball im Museum

Ballfahrtsorte des Glücks

Geladene Gäste verfolgen am 04.04.2014 auf der Baustelle des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) die Feierlichkeiten zum Richtfest. In dem Museumsgebäude soll eine Dauerausstellung zur deutschen Fußballgeschichte gezeigt werden.
Richtfest auf der Baustelle des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund im April 2014 © picture alliance / dpa / Bernd Thissen
Von Wolf-Sören Treusch |
Die prominentesten Ausstellungsstücke sind dunkelbraun und neongelb: die beiden Schuhe, mit denen Helmut Rahn und Mario Götze die deutsche Mannschaft 1954 und 2014 zum WM-Titel schossen. Zu sehen im Deutschen Fußballmuseum, das im Spätsommer in Dortmund eröffnet wird. Doch es gibt auch kleinere Museen zur Geschichte des runden Leders.
Mächtig Baukrach, aber das gehört dazu, wenn es still wäre, dann wäre irgendwas falsch.
7700 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, 4000 Kubikmeter Beton, 800 Tonnen Stahl: Das ist das deutsche Fußballmuseum in Dortmund, gleich gegenüber vom Hauptbahnhof. Der Innenausbau läuft auf Hochtouren. Im Sommer wird eröffnet.
"Dann führe ich Sie jetzt einmal durchs Haus, durch das künftige Deutsche Fußballmuseum."
Manuel Neukirchner ist Gründungsdirektor des Deutschen Fußballmuseums.
"Dann beginnen wir dort, wo auch der Museumsbesucher beginnen würde, nämlich bei der Inszenierung des ‚Wunder von Bern', das ist der Beginn der ersten Ausstellungshalbzeit, dann durchlaufen wir die Geschichte des deutschen Fußballs, kommen dann über die Multifunktionsarena und der Schatzkammer in die zweite Ausstellungshalbzeit, dort wird der Bundesligafußball und der Vereinsfußball inszeniert, und alles endet dann unten in der Multifunktionsarena mit dem WM-Bus und mit vielen aktiven Stationen, wo man selber Fußball spielen kann."
Ein lebendiger Erinnerungsort deutscher Fußballgeschichte soll das Museum werden. Ein Ballfahrtsort des Glücks. Im Leitbild heißt es: Das Museum "soll informieren, zum Nachdenken anregen, überraschen, berühren, begeistern – mit einem Wort: unterhalten."
Im Gewirr der nackten Stellwände und Stahlgerüste und der endlos langen Kabelschächte braucht es eine gehörige Portion Phantasie, um sich die künftige Erlebniswelt auszumalen.
Neukirchner: "Ja, hier sehen wir also das Wunder von Bern, Sie kommen die Rolltreppe hochgefahren, das ist schon inszeniert, dann kommen Sie in den Spielertunnel, auch das ist hoch emotional inszeniert, wenn der Spieler aufs Spielfeld geht, und dann kommt der Anpfiff."
Die Ausstellungsebene im zweiten Stock widmet sich in großen Teilen der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft. Die Botschaft ist klar: Wir sind Fußball.
Neukirchner: "Hier sehen Sie schon die Gerüste für diese Riesen-Screens, die wir im Raum haben werden, das sind unsere magischen Momente, wir wollen das so inszenieren, dass wie in einem Fußballspiel plötzlich aus heiterem Himmel eine Szene die Menschen begeistert, der Raum verdunkelt sich, diese Screens gehen an und zeigen über 20 Sekunden prägende Fußballmomente, die sich eingebrannt haben in das kollektive Fußballgedächtnis, der Besucher wird dann hinübergetragen in ein kollektives Erlebnis, dann gehen diese 20, 30 Sekunden zu Ende, und der Raum, der geht wieder in seine ursprüngliche Lichtsituation zurück, der Raum wird wieder heller, und der Besucher geht wieder in sein individuelles Museums-Erlebnis zurück."
Ein multimediales Gesamtkunstwerk soll entstehen. Ein Zusammenspiel aus Klanginstallationen, Filmausschnitten, Lichteffekten und Originalobjekten.
Geschichte zum Anfassen in Thüringen
Das Kontrastprogramm zur multimedialen Erlebniswelt in Dortmund gibt es 300 Kilometer weiter östlich. Zwei Räume, acht Vitrinen, unzählige Fotos, Trikots und Zeitungsausschnitte an den Wänden: Das ist die "Fußballzeitreise" in Tabarz, einem Ort mit etwa 4000 Einwohnern im Thüringer Wald, mitten in Deutschland. Hier gibt es Fußballgeschichte zum Anfassen.
Danny: "Geht bisschen schwerer wie ne andere Pumpe."
Marcel Wedow: "Ja, ist ja ne Gummiblase auch drinne."
Sören: "Also es ist auf jeden Fall ein Unterschied." (Luft entweicht)
Drei 15-jährige Besucher lassen sich von Marcel Wedow, dem Betreiber des Museums, einen originalen Handkompressor aus dem Jahre 1910 vorführen.
Wedow: "Dann hat man sich hier vorne die Nadel drauf geschraubt, (Pfiffgeräusche) und dann hat man die Bälle aufpumpen können. Also da steckt richtig Druck dahinter. Und in dem Ball ist halt diese Gummiblase, dann wurde die umgeknickt, gebunden, und dann wurde der Ball wie eine Operationsnaht zugenäht."
Die jungen Besucher sind irritiert, die große Menge an Ausstellungsstücken auf so kleinem Raum scheint sie zu überfordern. Seit 2006 sammelt Marcel Wedow. Anfangs, erzählt er, habe er seine Andenken noch in der Wohnstube platziert:
"Dann hat es nachher sich so rum gesprochen, dass wildfremde Leute an der Tür geklingelt haben, haben gesagt: ‚Mensch, ich würde gern das mal sehen, was du da gesammelt hast', und dann sind die quer durch die Stube marschiert, und meine Frau, die stand dann am Bügelbrett und hat mit großen Augen geguckt: ‚wer ist das jetzt schon wieder, der an ihr vorbei läuft', und irgendwann hat sie gesagt: ‚jetzt ist Schluss'."
Also baute er den alten Kuhstall aus. Auf 25 Quadratmetern betreibt er seither die vielleicht kleinste Fußballausstellung Deutschlands. Sonntagvormittags ist geöffnet, 1.500 Besucher waren schon da. Eine Zahl, die der DFB im deutschen Fußballmuseum in Dortmund in Spitzenzeiten täglich erwartet.
Wedow: "Das sind alles Originalsachen, das sind auch Dinge von ehemaligen berühmten Fußballern, es sind keine Kopien, alles das, was ihr seht, das nennt man in Fachkreisen Memorabilien. Und jedes einzelne Teil, jedes einzelne Bild hat hier seine Geschichte."
Vor allem die WM 1954 hat es Marcel Wedow angetan. In einer der Vitrinen liegt ein Autogramm von Helmut Rahn. Er bekam es von einem Ehepaar, das den Siegtorschützen gegen die Ungarn zufällig per Autostop mitnahm.
"Das ist die Original-Eintrittskarte vom Finale in Bern. 1954." – "Alter."
Dann erzählt er von Werten wie Kameradschaft, Zusammenhalt und Disziplin, ohne die das Wunder von Bern niemals möglich gewesen wäre. Auch da hören die drei jugendlichen Besucher aufmerksam zu. Darum sind sie hier. Sie bereiten gerade ihre Abschlusspräsentation in der 10. Klasse vor. Thema: die Geschichte des deutschen Fußballs.
Wedow: "Sepp Herberger, was wisst ihr über Sepp Herberger? Den Trainer, wisst ihr da was?
Das Zitat.
Ja, erzähl!
‚Der Ball ist rund' und ‚ein Spiel dauert 90 Minuten'.
Richtig. Und da gibt es noch mehrere Zitate, er nannte es nämlich Kernsätze."
"Nach dem Spiel ist vor dem Spiel", "Das nächste Spiel ist immer das schwerste": Sätze, die auch die Jugendlichen kennen. Sie sind selbst aktive Fußballer.
Wedow: "Mit diesen Schuhen haben zum Beispiel die Ungarn gespielt. Im Endspiel. Das sind die genagelten Stollen. Nehmt sie mal ruhig in die Hand, auch wenn sie dreckig sind, das ist nur alte Erde..."
Die Fußballschuhe sind schwer, das haben die jungen Besucher jetzt nicht erwartet. Sie sind verblüfft.
Wedow: "Das ist das Gute bei uns, das ist jetzt nicht wie nachher in Dortmund, das angehende Fußballmuseum, dass ihr dann euch die Nasen platt drückt vor den Vitrinen, hier kann man Fußballgeschichte anfassen und spüren. Und das ist ganz wichtig."
Keine Objektschlacht, sondern eine Erlebniswelt
Zurück in Dortmund. Die Erwartungen der Besucher an ein Museum über Fußball hätten sich geändert, sagt der Gründungsdirektor des deutschen Fußballmuseums, Manuel Neukirchner:
"Der Deutsche Fußballbund hat schon mal eine Ausstellung gemacht. Das war im Jahr 2000 im Oberhausener Gasometer. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens. Dort hatten wir in dieser unglaublichen Industriekathedrale über 2000 Exponate auch gezeigt, also das war eine Objektschlacht."
Und genau die darf es nicht wieder werden, ist er überzeugt. Fußball ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, seine Präsenz in den Medien allumfassend. Die Zahl der Menschen, die gar nichts über Fußball wissen, wird weiter sinken. Das Fußballmuseum der Moderne muss kein Grundlagenwissen mehr vermitteln, so Neukirchner, es muss eine Erlebniswelt schaffen – multimedial und interaktiv, emotional und lebendig.
"Wir haben keine Mona Lisa, wo ich sage: das Exponat ist so stark für sich, dass man jegliche Inszenierung zurücknehmen muss, und da jetzt nur einen Schuh in Isolationshaft zu stellen hinter Glas, ich glaube, das ist auch nicht mehr zeitgemäß. Und das führt dazu, dass wir jetzt nicht einfach ein Exponat in die Vitrine stellen und sagen: Das ist jetzt der Schuh von Helmut Rahn, der uns diesen 3:2-Erfolg beschert hat, sondern der Schuh ist nur noch ein Bestandteil, um einfach auch einen größeren Kontext zu zeigen."
"Deutschland im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft. Das ist eine Riesen-Sensation, das ist ein echtes Fußballwunder."
"Und das versuchen wir, indem wir verschiedenste Dinge miteinander in Verbindung bringen. Dass wir Kulissen bauen, dass wir mit offenen Tönen im Raum arbeiten, Bühnenbilder schaffen, ich glaube, das ist dieser Schritt mehr als der DFB noch gewagt hat im Jahre 2000 mit dieser reinen Objektschau."
WM-Collage: "Noch acht Minuten – Sechs Minuten noch. – Unaufhaltsam läuft der große Zeiger der elektrischen Uhr hier im Berner Wankdorfstadion."
"Da sollte der Fußball auch so selbstbewusst sein zu sagen, da setzen wir uns auch drüber hinweg, dass es diese Puristen gibt, die das so sehen mögen, sondern da sind wir ganz selbstbewusst zu sagen, da inszenieren wir den Fußball ein Stück, und das verträgt der Fußball auch."
WM-Collage: "Rahn schießt! – Nein dribbelt, schießt! – Tor! Tor! Tor! Deutschland ist Weltmeister! – Bei uns ist es lustig heute, man hört's."
Also wir bieten alles: ein Erlebnis mit allen Sinnen.
Wedow: "DDR-Fußballer? Jürgen Heun. Ist das ein Begriff? FC Rot-Weiß Erfurt? – Ja. – Ja? Oder nicht mehr so? – Doch. Habe ich schon mal gehört. – Ja, jedenfalls ist er zum Jahrhundertfußballer des FC Rot-Weiß Erfurt gewählt worden ..."
Marcel Wedow wäre kein echter Thüringer, wenn er in seinem Museum in Tabarz nicht auch Sammlerstücke des DDR-Fußballs hätte. Zum Beispiel die drei bunten Pokale aus Glaskristall, die der ehemalige DDR-Nationalspieler Jürgen Heun dem Museum überließ. Unterhaltsamer ist allerdings die dazugehörige Anekdote, nach der Heun einmal vier Tore gegen Union Berlin schoss und deshalb zum Lohn eine moderne Gasheizung in seine Wohnung eingebaut bekam.
Wedow: "Das ist Fußballgeschichte pur. Mir ist es nicht wichtig, wenn ich jetzt so ein Autogramm habe, für mich ist es wichtig, wenn ich die Geschichte, die hinter diesen Menschen steht, dann höre oder gewisse Anekdoten, die nicht unbedingt in Büchern steht."
"Diese Vitrine, die verbirgt einen richtigen Schatz."
Marcel Wedow zeigt auf einen schmucklosen braunen Koffer. Neugierig betrachten ihn die jungen Besucher. Der stand 100 Kilometer entfernt bei einer Antiquitätenhändlerin zum Verkauf, erzählt Marcel:
"Ja, und dann haben wir uns den angeguckt, und ich habe gedacht, ich dreh durch. Das ist der Koffer von Joachim Henschel, das war der Busfahrer von der Nationalmannschaft von der WM 1966 und der WM 74. Und der hat alles aufgehoben."
Darin unter anderem eine Liste, die dokumentiert, was der Busfahrer der Nationalmannschaft damals dabei haben musste. Neben vielem: 3.000 Flaschen Bier. Marcel Wedows Augen leuchten: Fundstücke wie diese machen den ganzen Sammlerspaß aus.
"Hier ist sogar der Fahrtenschreiber von der WM 74 noch drinne in dem Koffer, welche Stationen er während der WM 74 angefahren hat, also: es ist wirklich ein Riesenschatz, und wenn das der DFB mitbekommen hätte, die hätten den Schatz am liebsten bestimmt für sich selber gehabt, der hätte sich auch sehr gut in Dortmund gemacht."
Fast zwei Stunden sind die Jugendlichen mit ihm auf Fußballzeitreise unterwegs. Einem Vergleich mit größeren Museen, finden sie, hält Tabarz allemal stand.
"Joh, Fußball-Geschichte interessiert einen schon so, wie das früher so war, hat man auch viel gelernt, also: vieles wusste ich noch nicht. Also in Hamburg war ich schon mal im Museum, im Stadion. – Wir waren ja auch schon im Camp Nou in Barcelona, ... – Aber da konnte man jetzt nichts anfassen, da stand man halt immer vor den Vitrinen und hat geguckt."
Ein Blick in die Statistik verrät: Deutschlands Museen und Ausstellungshäuser sind extrem beliebt. Etwa 116 Millionen Besucher meldeten sie für das Jahr 2013. Wie viele davon in ein Fußballmuseum gingen, ist nicht überliefert. Entweder sie tauchen in gar keiner offiziellen Museumsstatistik auf – wie beispielsweise die Fußballzeitreise in Tabarz, die als eingetragener Verein organisiert ist – oder sie fallen unter die Rubrik "Kulturgeschichtliche Spezialmuseen" und werden darin nicht extra aufgeführt. Wie beispielsweise die Museen der Bundesligavereine.
Fan-Kutten des BVB und andere Sammlerstücke in einer Vitrine des Borusseums in Dortmund
© Bild: Wolf-Sören Treusch
"Eieieieaoh, BVB nu-ull-neun."
Nicole Kayser: "2012 hatten wir 60.000, 2013 100.000 und 2014 hatten wir 120.000 Besucher."
Eines der beliebtesten Vereinsmuseen in Deutschland ist das Borusseum in Dortmund. Es befindet sich in der Nordostecke des Stadions. ‚Von Fans für Fans' heißt sein Leitmotiv, das Museum wurde 2008 vor allem dank des Engagements der Fan- und Förderabteilung des Vereins ins Leben gerufen.
Nicole Kayser: "Natürlich, irgendwie sind wir in Dortmund, und der typische Borusseum-Besucher ist Borussia-Fan und kommt aus Dortmund."
Sagt Museumsleiterin Nicole Kayser. Aber, fügt sie hinzu, gerade an Spieltagen kommen viele Besucher aus dem gesamten Ruhrgebiet, sogar aus Polen und Japan.
Wer den Weg hierher findet, taucht ein in die schwarz-gelbe Welt des BVB. Erfährt viel über die abwechslungsreiche Geschichte des Vereins, von der Gründung 1909 in der Kneipe "Zum Wildschütz" bis zu den Erfolgen der Jetztzeit. Die Ausstellung kommt aus ohne viel multimedialen Schnickschnack, sie konzentriert sich aufs Wesentliche.
"Wir sind ein Fußballmuseum, und so verstehen wir uns auch, dass wir nicht nach den modernsten und aktuellsten Sachen nach vorne gehen, sondern wir möchten das Herz der Fans treffen, und das wichtigste sind natürlich auch die Exponate im Borusseum. Da gibt es sehr viele besondere Sachen wie von Lothar Emmerich sein Trikot, wir merken auch mehr und mehr, dass das für die Fans das Wichtigste ist."
Lothar Emmerich, genannt "Emma", eines der größten Idole des BVB. In den 60er-Jahren zweifacher Bundesliga-Torschützenkönig, bekannt für seine linke Klebe und den Spruch "Gib mich die Kirsche".
Nicole Kayser: "Eines meiner Lieblingsexponate ist tatsächlich das Trikot von Lothar Emmerich, ich weiß nicht: das ist irgendwie auch so ein Bauchgefühl, ich mag das unheimlich gern. Da ist noch der Dreck dran. Das ist wirklich so ein typisches Original-Exponat."
Zudem ein ganz besonderes. "Emma" trug es beim Europapokalsieg 1966, dem ersten großen internationalen Erfolg der Borussia. Es hat einen Ehrenplatz an der Wand, gleich daneben in dem kleinen Kino kann man sich die Siegtore von damals anschauen.
Nicole Kayser: "Die Hauptattraktion für die Besucher sind nach wie vor die Trophäen. Also die Schatzkammer ist einfach das absolute Highlight."
Silbrig schimmern sie dort im Dunkeln, die Meisterschale und die verschiedenen Pokale, die der BVB im Laufe seiner Geschichte gewonnen hat. Aber so aus dem Spielzusammenhang gerissen, wirken sie auch seltsam kalt und seelenlos.
Was wirklich zählt im Fußball, erfährt der Besucher ein paar Schritte weiter. Da steht die so genannte "gelbe Wand", ein 4 Meter hohes, 36 Meter breites, beleuchtetes Bild der Südtribüne. Hier wird deutlich, was die einzigartige Fankultur des BVB ausmacht.
"Und dann habe ich dann für Jürgen Rynio und wie die alle hießen die Bälle aus den Dornen geholt, und: mehr Borusse kann man eigentlich gar nicht sein als wenn man das so richtig aufsaugt."
"Ich finde es gut, was sie hier gemacht haben. Also ich finde es echt gut."
Auch Steffen Bauch ist Borussia-Fan. Seit dem Fall der Mauer. Er kommt aus einem Ort in der Nähe von Chemnitz, in Sachsen sind Schulferien, also hat er sich mit Frau und Sohn nach Dortmund aufgemacht.
"Dass da, habe ich vorhin schon zu meiner Frau gesagt, irgendwann mal 18 Leute zusammen an einem Tisch gesessen in einer Kneipe und gesagt haben: Wir gründen mal einen Fußballverein, und was ist draus geworden? Also es ist schon Wahnsinn."
Viele Besucher holen sich ein Kombi-Ticket: erst eine Führung durchs Stadion, dann ein Gang durchs Borusseum. So auch Steffen Bauch mit seiner Familie. Vor wenigen Minuten saß er noch in der Kabine auf dem Platz von Marco Reus, ging durch den Spielertunnel aufs Spielfeld. "Das bissel Beiwerk" – er meint das Museum und schmunzelt – könne er dann auch noch mitnehmen.
"Ein Museum ist immer interessant, viele denken: „Museum, das ist was Kaltes, was Steriles, da hängt irgendwas an der Wand, das kann man angucken", aber hier ist unheimlich viel Leben. Man kann hier kleine Quizsachen machen, man kann sich hier ein Fußballspiel noch einmal angucken, was ich mir jetzt schon das zweete Mal angeguckt habe, weil es einfach nur geil war, und, ja, ist ne interessante Sache."
"Ahh, mein lieber Mann!"

Vom Borusseum aus Richtung Norden sind es nur ein paar Kilometer bis zum deutschen Fußballmuseum. Im Depot hat Gründungsdirektor Manuel Neukirchner zum Fototermin geladen.
Manuel Niederkirchner (links) und Martin Kree
Manuel Niederkirchner (links) und Martin Kree© Bild: Wolf-Sören Treusch
(Neukirchner) "Ja, wo wollen wir uns denn aufstellen?"
(Fotograf) "Können Sie beides vielleicht noch mal hochheben mit der 16, Herr Kree?"
Martin Kree, in den 90er Jahren eisenharter Abwehrspieler von Borussia Dortmund, übergibt dem Museum zwei wertvolle Ausstellungsstücke.
Fotograf: "Halten Sie ruhig ein bisschen höher! Genau."
Sein Endspieltrikot und die Siegermedaille aus dem gewonnen Champions League-Finale 1997 gegen Juventus Turin.
Fotograf: "Können Sie die noch ein bisschen mehr kippen, die Medaille?"
"Ist gut, dass man hier nicht posthum nur aufgenommen wird, (Lachen) das sind schon die beiden Dinge, an denen ich am meisten hänge von den Trikots und Asservaten, die man so zuhause hat. Und da überlegt man sich schon: Gebe ich das jetzt ab? Auf der anderen Seite, bin ich ganz ehrlich, kann ich ja auch ein bisschen stolz sein. Ist nicht irgendein Museum, sondern ein sehr offizielles Museum vom aktuellen Weltmeister, und wenn man da so einen kleinen Teil dazu beiträgt und demnächst da auch ein paar Menschen, hoffentlich viele, da rein gehen und das dann sehen, finde ich das schon gut."
Ein Reporter fragt, warum er die beiden Schmuckstücke dem deutschen Fußballmuseum gibt und nicht dem Borusseum.
"Da hat mich bisher, wenn ich ehrlich bin, keiner gefragt nach den beiden Dingen, und ich hätte es da genauso ... ich habe da, was habe ich denn da gehabt, irgendetwas habe ich da auch gehabt, also, dass ich da mal hingegeben habe, aber wie gesagt: Nach diesen beiden Sachen ist noch nicht gefragt worden. Noch mal: Dass wir das Museum hierhin gekriegt haben, finde ich ne ganz große Sache, und wenn ich dann einen Teil ... nicht dazu beitragen, das ist Blödsinn, aber wenn ich ein Teil habe, dass für mich auch einen Wert hat, dass auch für die handelnden Personen einen Wert hat, ist das doch toll. – Und es wird auch den Ehrenplatz bekommen. Also noch mal ganz herzlichen Dank. – Gerne."
Museumsdirektor Manuel Neukirchner ist hörbar stolz auf die beiden Neuzugänge. Im Regal nebenan liegt ein weiteres Highlight und wartet auf seinen Einsatz:
"Wir haben den Günter Netzer gefragt: ‚Herr Netzer, wir brauchen doch irgendwas von Ihnen'? Und er sagte: ‚Nein, ich lebe nicht in der Vergangenheit, ich habe auch nichts mehr'. Habe ich gesagt: ‚Herr Netzer, irgendetwas müssen Sie doch haben'. Und dann sagte er: ‚ich habe nur noch so einen alten Lappen irgendwo auf dem Dachboden, ich weiß auch gar nicht, was das ist, dann bringe ich den mal mit'. Und dann hatten wir dieses Trikot, haben das recherchiert, das ist das erste Meistertrikot von Gladbach, von 69/70, und da gibt es ja das berühmte Bild von Netzer in der Kabine mit Weisweiler, und da sieht man die gleichen Flecken, die sind noch da drauf, die sieht man auf dem historischen Foto auch. Also: wunderbares Exponat. – Freunde von mir, die sind so Gladbach-Fans, die würden dafür töten, glaube ich. (Lachen) Stark."
"Die Exponatbeschaffung habe ich unterschätzt. Es gibt viele Spieler, die etwas gesammelt haben, die es dann aber nicht abgeben wollen, weil sie es eben auch gesammelt haben und für sie ein Schatz darstellt, viele Spieler, die haben nichts gesammelt, denen bedeutet auch die Vergangenheit nicht allzu viel, die sind nur im Hier und Jetzt, auch viele ehemalige Nationalspieler, die haben dann auch folglich nichts, und dann gibt es viele Vereinsmuseen, viele Bundesligavereine haben heute ihr eigenes Vereinsmuseum, haben auch schon viele Schätze dort ausgestellt, wir werden aber jetzt schlussendlich schon auf 1.800 Exponate auch kommen."
Manchmal braucht es auch einfach nur Glück. Wie im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten. Bei der Spendengala ‚Ein Herz für Kinder' zahlte ein anonymer Wohltäter zwei Millionen Euro für einen Fußballschuh. Allerdings nicht für irgendeinen, sondern für den linken Schuh, mit dem Mario Götze den Siegtreffer im WM-Finale 2014 gegen Argentinien erzielt hatte. Anschließend stellte der Spender das wertvolle Stück dem deutschen Fußballmuseum zur Verfügung. Nun bekommt der neongelbe Schuh einen Ehrenplatz in der Dauerausstellung.
"Es ist auch nicht alles da, alles, was man sich wünscht, manchmal findet man einfach die Bilder nicht. Man hat ne Vorstellung von Fußball, aber ich habe die Bilder nicht. Das ist dann schon mal ärgerlich."
Uli Voigt ist beim Deutschen Fußballbund der Mann für die Videos. Er liefert das Filmmaterial für die mehr als 300 Einspieler, die im Fußballmuseum zu sehen sein werden.
"Es ist ja immer noch die dramatischste Geschichte des Fußballs, dass in der Geschichte der Bundesliga das erste Tor nicht im Bild ist, von Timo Konietzka, wir haben es auch nicht gefunden, leider nicht, aber: ist ne Riesenherausforderung, es macht unheimlich Spaß, ich habe jetzt die 1962-WM, wo ich echt nichts mehr von wusste, da haben wir so geiles Bildmaterial gekriegt, mit schon Preisausschreiben, Reisen mit Fritz Walter und Max Morlock, das gab es schon 1962, dass die Gewinner von Preisausschreiben mit zwei ehemaligen Nationalspielern nach Chile gefahren sind, alles das, was es heute auch gibt, das gab es auch damals schon. Das ist schon super. Wir haben so tolles Material da, deswegen ist das jetzt meine Lieblings-WM geworden. Obwohl wir da nicht gut gespielt haben."
Der Innenausbau und die technische Gebäudeausrüstung des deutschen Fußballmuseums kommen voran. Im Sommer wird eröffnet. 36 Millionen Euro kostet das Museum. Etwa die Hälfte zahlt das Land Nordrhein-Westfalen, die andere Hälfte der Deutsche Fußballbund samt Sponsoren. Darin fließen ein knapp acht Millionen Euro aus den Überschüssen, die der DFB bei der Heim-WM 2006 erzielt hat.
"Wir sind zum Erfolg ein Stück verdammt, haben allerdings durch die Strahlkraft des Fußballs es sicherlich auch einfacher, Partner aus der Wirtschaft zu finden, und wir wollen sozialverträgliche Tickets auch anbieten, das heißt irgendwo müssen wir das kompensieren, und das tun wir dann mit der Kraft des Sponsorings, die der Fußball einfach auch hat. Im Vergleich besser hat als manches Kunstmuseum vielleicht auch."
Der Bund der Steuerzahler kritisiert die hohen Ausgaben. Begründung: "Zu viel Steuergeld für eine Nebensache".
Im Erdgeschoss des deutschen Fußballmuseums wird künftig ein Spruch des legendären Trainers Ernst Happel zu lesen sein: "Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag".
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