Fußball-Nationalmannschaft

Was verbindet uns eigentlich mit 23 Millionären?

Die deutsche Fußballnationalmannschaft jubelt nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014.
Vor allem wenn sie zur WM antreten, werden die Nationalspieler als "unsere Jungs" wahrgenommen. © imago sportfotodienst
Wolfram Pyta im Gespräch mit Dieter Kassel |
Jetzt steht fest, wer alles mitfährt zur WM nach Russland. Jogi Löw hat den Kader benannt und damit die Spieler nominiert, die wir in spätestens zehn Tagen wieder als "unsere Jungs" wahrnehmen. Doch woher kommt dieses Gefühl eigentlich?
In wenigen Tagen werden wir alle wieder mit ihnen fiebern, mit "unseren Jungs", die sich ja im Grunde aus 23 einzelnen Fußball-Millionäre zusammensetzen. Was sie verdienen und wie sie im wahren Leben sind, interessiert zu WM-Zeiten allerdings nicht, sagt der Sporthistoriker Wolfram Pyta von der Universität Stuttgart.
Es gehe nicht um die einzelnen Spieler und deren Gehaltsklasse, sagt Pyta im Deutschlandfunk Kultur. "Sondern es geht darum, dass sie in dem Moment, wo sie das Trikot mit dem Adler anziehen als Kulturbotschafter der Nationalmannschaft tätig sind." Das sei wie "ein zweiter Körper", den sie anziehen. Mit dieser Rolle könnten sich die Leute identifizieren. "Das zeigt ja die Welle der Begeisterung, die spätestens seit 2006 zu spüren ist, die ja in keiner Weise von oben gesteuert ist, die nicht manipuliert ist, sondern von unten kommt - das zeugt ja davon, dass die Nationalmannschaft genau diesen Nerv trifft."

Wellen des Wir-Gefühls

Entstanden ist die Wahrnehmung von 'unseren Jungs' allerdings schon weit vor dem Sommermärchen 2006, so Pyta. "Es geht ja darum, dass ja durch den Begriff 'unser' ein Wir zum Ausdruck gebracht wird. Und das hat es schon spätestens 1954 gegeben. Das war der Durchbruch, der Sieg vom 4. Juli 1954 im Endspiel gegen Ungarn. Da gab es eine Welle eines solchen Wir-Gefühls, die über das Land schwappte. Und seit dem gibt es eine Identifikation mit der Nationalmannschaft."
Eine Grundvoraussetzung dafür sei natürlich der Erfolg gewesen, erläutert Pyta: "Wenn Deutschland fußballerisch ein mittelmäßiges Land gewesen wäre, dann wäre diese Karriere des Fußballs als Symbol der nationalen Selbstfindung nicht möglich gewesen."