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Kompetent, sachlich und tobt nicht am Mikro herum
Mal wieder muss eine Reporterin die Häme von männlichen Fußballfans ertragen. Der Sportwissenschaftler Gunter Gebauer verteidigt die ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann − und findet, dass das zur Hälfte weibliche TV-Publikum Anspruch auf eine Frau am Mikrofon habe.
Der Sportwissenschaftler Gunter Gebauer ärgert sich sehr über die Häme und den Hass, die die ZDF-Sportkommentatorin Claudia Neumann in den letzten Tagen in den sozialen Medien ertragen musste. Die ansonsten bestens vorbereitete Reporterin hatte bei der Übertragung des WM-Spiels Japan gegen Kolumbien die Namen zweier japanischer Spieler verwechselt.
"Wo ist das Problem?", fragt Gunter Gebauer, der Claudia Neumann als kompetente und sachliche Kommentatorin schätzt. Für die hämischen Kritiker sei wohl das Hauptproblem, "dass Claudia Neumann eine Frau ist und dass sie Fußball kommentiert".
Die männliche Fußballrepublik schreit auf
Die heftige Reaktion auf Neumann erinnert an den Versprecher von Carmen Thomas im "Aktuellen Sportstudio", 1973. Die Journalistin sprach aus Versehen von "Schalke 05" statt von "Schalke 04" − und korrigierte den Fehler Minuten später. Trotzdem gab es einen Aufschrei in der (männlichen) Fußballrepublik, verbunden mit der Schlussfolgerung, man dürfe Frauen eben nicht an die Männerdomäne Fußball lassen.
Hat sich denn seither nichts geändert? Doch, sagt Gebauer. Es gebe eine ganze Reihe von Frauen, die auch Fußball kommentierten, was heute eigentlich niemand mehr in Frage stelle. Frauen kommentierten anders als Männer, weil die schon rein stimmlich anders herüberkämen und "lauter brüllen" könnten "und am Mikrofon herumtoben." Er persönlich sei jedoch mit dem Stil einer Kommentatorin wie Claudia Neumann sehr zufrieden. Vermutlich passe der nicht in Fußball-Eckkneipen, sei aber für den Fußball absolut angemessen.
Außerdem: "Vor den Bildschirmen sitzen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 50 Prozent Frauen ... Dann ist es eigentlich fast ein Anspruch, dass dieses Publikum auch mal eine weibliche Stimme hört." Zumal Neumann eine angenehme Stimme habe.
Putin wird der lachende Sieger sein
Für Gunter Gebauer besteht kein Zweifel: Nach dem Finale der Fußball-WM wird es in Russland definitiv einen lachenden Sieger geben: den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die positive Aufmerksamkeit sei ihm gewiss. Putin präsentierte den Russen und der übrigen Welt eine perfekt organisierte WM, das mache die Bevölkerung stolz und glücklich.
Im Vorfeld − wenige Stunden vor dem Anpfiff des ersten WM-Spiels − hatte Putin den inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny freigelassen. Auch dies nur wegen der Symbolwirkung, sagt Gebauer: "Autoritäre Regimes − wenn sie beobachtet werden und einen Prestigeerfolg haben wollen − lassen zunächst mal einige symbolische Gefangene, die einen besonders hohen Wert für die Weltöffentlichkeit haben, frei. Und dann entsteht zunächst einmal so etwas wie eine Euphorie, dass die Olympischen Spiele, dass die Fußball-WM so etwas zustande bringt. Und hinterher wird wieder angezogen."
In China wehte nach 2008 ein scharfer Wind
China habe das nach den Olympischen Spielen in Peking von 2008 so gemacht − doch danach "die Schrauben noch viel fester gedreht als vorher". Genau das sei in Russland zu befürchten. "Das war nach den Winterspielen in Sotschi auch der Fall. Gleich nach Sotschi kam die Annektion der Krim − am nächsten Tag ging es los, da war die Schlussfeier noch gar nicht zu Ende. Man darf sich da keinerlei Illusionen hingeben."
(mkn)