Fußball und die Steuern

Die schmutzigen Geschäfte der Spitzenfußballer

Cristiano Ronaldo (re) und Gonzalo Jara (li.) beim ConfedCup 2017
Cristiano Ronaldo (re) und Gonzalo Jara (li.) beim ConfedCup 2017 © Alexander Vilf/dpa/Sputnik
Von Rafael Buschmann · 15.06.2018
Fußballer lassen sich als Nationalhelden feiern - zahlen zu Hause aber kaum Steuern. Der Fußball gleicht mehr und mehr einem Selbstbedienungsladen, sagt Investigativjournalist Rafael Buschmann.
Seit 2006 berichte ich über Welt- und Europameisterschaften. Ich erlebte spannende Orte, sah faszinierende Spieler wie Zinedine Zidane oder Lionel Messi, durfte über den WM-Sieg des DFB-Teams 2014 und die tragische Niederlage 2006 gegen Italien berichten. Ich liebe den Fußball für all seine Emotionalität und die vielen Extreme, auch dadurch ist er eine wichtige gesellschaftliche Fugenmasse.
Das ist die eine, die schöne Seite dieses Sports. Leider ist es nicht die einzige. Die Emotionalität, die der Fußball erzeugt, funktioniert wie eine Droge. Sie lässt die Fans den Sport verklären. Viele Funktionäre, Politiker oder schlichter: Schufte, machen sich diese Emotionalität zu eigen und lassen den Menschen ausschließlich die Fassade des Profifußballs betrachten, die durch PR-Berater und Spinndoktoren strahlend glänzt. Man muss schon sehr genau hinsehen, um zu erkennen, mit welch tiefgreifenden Problemen dieser wunderbare Sport zu kämpfen hat.

Cristiano Ronaldo nur wenig heldenhaft

Wenn am Freitag das erste Topspiel der Weltmeisterschaft stattfindet, treffen mit Portugal und Spanien zwei Mannschaften aufeinander, in deren Heimatländern Dutzende Polizisten, Steuerfahnder und Richter nichts anderes mehr tun, als sich mit den korrupten und trüben Geldflüssen rund um den Spitzenfußball zu beschäftigen. Ich habe im Zuge unserer "Football Leaks"-Recherchen einen tiefen Einblick gewinnen können, wie schmutzig, wie rücksichtslos das Fußballgeschäft ist.
Wir haben aufgedeckt, dass Cristiano Ronaldo, einer der möglichen Helden dieser WM, im wahren Leben nur wenig heldenhaft ist. Er spielt für Real Madrid in Spanien, einem Land mit rund 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit und großen finanziellen Problemen. Das hielt Ronaldo und seine Berater nicht davon ab, eine Steuerrutsche zu bauen, mit der er auf rund 150 Millionen Euro lediglich schnuckelige vier Prozent Steuern zahlen musste. Die Staatsanwaltschaft hat ihn mittlerweile angeklagt, ihm drohen sieben Jahre Haft. Und Ronaldo war keine Ausnahme.

Geldflüsse über Steueroasen

Die Football Leaks, eine Datensammlung aus über 20 Millionen zumeist vertraulichen Dokumenten, zeigen, dass nahezu jeder Spitzenfußballer in Spanien, Portugal, Frankreich, England, Kroatien, Brasilien oder Argentinien seine Geldflüsse über Steueroasen lenkt. So werden die Menschen, die diesen Sportlern zujubeln, am Ende doppelt geprellt: Zum einen ließ der Fußball die Ticket-, Trikot und TV-Preise zuletzt immer weiter in die Höhe schießen, um damit die explodierenden Ablösesummen und Gehälter in dieser Multimilliardenbranche zu refinanzieren. Zum anderen hat der Fußball immer dubiosere Modelle gefunden, um in einer globalen Welt immer weniger Steuern zahlen zu müssen.
Jahrelang ging das gut. Schaut man sich auch die Skandale rund um die Fifa oder das Sommermärchen an, bekommt man den Eindruck, dass das Fußballbusiness tatsächlich eher einem großen Selbstbedienungsladen gleicht. Diejenigen, die in der Branche tätig sind, nehmen, nehmen und nehmen. Der Fan gibt. Das größte Gut des Fußballs, die Emotionalität, lebt insbesondere von einem Wert, der durch all die Skandale immer stärker beschädigt wird: die Glaubwürdigkeit. Sie wird am Ende darüber entscheiden, ob der Fußball auch in Zukunft noch die weltweiten Massen bewegen wird.

Millionenschwere Korruptionsvorwürfe

Ich werde auch diesmal zur WM reisen. Ich werde auch diesmal große sportliche Leistungen und spannende Orte sehen. Ich werde aber wohl auch diesmal wieder desillusionierter zurückkommen. Dieses Turnier findet in einem Land statt, in dem es der Bevölkerung an vielem fehlt. Zugleich wird die WM mit weit über elf Milliarden Euro die teuerste der Historie. Die Gelder kommen hauptsächlich aus öffentlicher Hand. Zu nahezu jedem Stadionbau gibt es millionenschwere Korruptionsvorwürfe.

Rafael Buschmann, geboren 1982, arbeitet seit 2010 für den "Spiegel". Für die Enthüllungsgeschichte über die mutmaßlich gekaufte Weltmeisterschaft 2006 gewann er mit seinen Kollegen 2016 den Henri-Nannen-Preis, im gleichen Jahr wurde er vom »Medium Magazin« zum Sportjournalisten des Jahres gekürt.

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