Fussball WM

"Löw sah aus wie Mooshammer"

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Bundestrainer Joachim Löw © picture alliance / dpa / Marcus Brandt
Moderation: Dieter Kassel · 27.06.2014
Der Fußballfan und Schriftsteller Jan Weiler zeigte sich zufrieden mit dem Spiel Deutschland - USA. Ihm habe allerdings der deutsche Nationaltrainer Joachim "Jogi" Löw leidgetan.
Dieter Kassel: Jan Weiler ist Journalist und Buchautor. "Maria, ihm schmeckt's nicht" war das Buch, das ihn sehr, sehr bekannt gemacht hat, aber – muss man fast nicht dran erinnern, weil er im Moment schon wieder einen Bestseller in den Bücherlisten hat, "Das Pubertier" heißt dieses Buch, und wir haben ihn jetzt am Telefon, weil er nicht nur Buchautor, sondern auch großer Fußballfan ist. Guten Morgen, Herr Weiler!
Jan Weiler: Guten Morgen!
Kassel: Sie gehen mit dem "Pubertier" auch auf Lesereise, und ich hab das extra noch mal nachgeguckt: Die Lesungen beginnen ein paar Tage nach dem Endspiel. Das ist Absicht, oder? Das wollten Sie nicht während der WM machen?
Weiler: Totale Absicht, denn erstens, da kommt keiner, und zweitens, ich auch nicht, weil ich muss ja Fußball gucken, nicht?
Kassel: Wo haben Sie denn gestern geguckt?
Weiler: Ich hab gestern mit Freunden geguckt, so mit amerikanischem Barbecue im Garten, und es war echt lustig, hat echt Spaß gemacht.
Kassel: Dann reden wir über das Spiel, und machen wir es doch richtig mal getrennt. Die erste Halbzeit, da ist ja erst mal außer Regen und durchaus auch zahlreichen Angriffen von deutscher Seite, nichts passiert. Was hatten Sie nach der ersten Halbzeit zur Pause für ein Gefühl bei diesem Spiel.
"Durch Rasen stapfen und vor sich hin mertesackern zu müssen, ist ganz schön blöd"
Weiler: Wird noch. Ja, wirklich, weil ich war ja nicht – es war ja auch nicht richtig schlecht, muss man ja auch sagen. Also, ich glaube, da im strömenden Regen und so, und diese ganze Stadt steht unter Wasser und man stapft da durch diesen tiefen Rasen und muss da so vor sich hin mertesackern – das ist, glaube ich, ganz schön blöd. Und die Amerikaner wissen natürlich auch genau, wie die Deutschen spielen, stellen sich drauf ein. Dafür fand ich es gar nicht schlecht.
Kassel: Mein Eindruck war auch gerade so am Anfang – weil die Urteile jetzt so in der Presse sind: War sehr durchwachsen und lau –, mir geht es wie Ihnen, zumal, man hat ja auch richtig schön gesehen, die Deutschen waren immer auf der linken Seite in der ersten Halbzeit. Für die, die es wirklich nicht gesehen haben, das war auch richtig, da musste das Ding rein. Sie waren relativ angriffslustig.
"Joachim Löw hat mir so leidgetan mit seiner Frisur"
Weiler: Ich finde auch. Also, sie hatten wahnsinnig hohe Spielanteile, und sie haben, wie gesagt, auch wirklich nicht schlecht gespielt, sondern da steht immer auch noch ein Gegner auf dem Platz, und es ist wahnsinnig schlechtes Wetter. Der Joachim Löw hat mir so leidgetan mit seiner Frisur.
Kassel: Aber das ist, glaube ich, der Preis der Schönheit. Klinsmann sah nicht so aus.
Weiler: Nee, Klinsmann und Hansi Flick sahen eigentlich aus wie immer, und Yogi Löw sah nach 20 Minuten aus wie Rudolf Mooshammer, dieser komische Münchner Modemacher. Der hatte dann auch so Strähnchen in der Stirn, als ob der die so einzeln runtergekämmt hätte. In der zweiten Hälfte alles zurück, so nach hinten gestrichen, und später, beim Interview, dann wieder alles weggefönt.
Kassel: Wobei, ich muss jetzt kurz sagen, ich erinnere mich noch an Mooshammer. Ich bin wesentlich älter als Paolo Nutini, den wir vorhin gehört haben. Mir ist nicht aufgefallen, dass Löw dicker geworden ist durch den Regen. Aber ich weiß, was Sie meinen. Haben Sie denn eigentlich was gespürt – man konnte ja zum Beispiel – hab ich auch nicht gemacht, aber im Live-Stream sogar, das war wirklich, das ZDF hat Bilder angeboten, man konnte, wenn man wollte, die ganzen 90 Minuten wahlweise nur Klinsmann angucken oder nur Löw angucken bei der Übertragung.
Weiler: Wer macht denn so was?
Kassel: Müsste man mal gucken, im Internet kann man per Abruf das feststellen. Aber wenn Sie die beiden gesehen haben, dieses große Theater, was wir in den Medien gemacht haben vorher – die beiden Ex-Freunde, jetzt Feinde wegen des Spiels. Hatten Sie das Gefühl, die beiden hat das während des Spiels überhaupt groß interessiert?
Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss
Weiler: Nein. Die sind ja berufstätig. Die gehen da einem echt anstrengenden Job nach und konzentrieren sich auf ihr Spiel und schauen, ob sie irgendwo was verbessern können, und wo was nicht richtig läuft, und analysieren halt eben, warum etwas jetzt gerade nicht klappt. Und ich glaube, die machen sich da echt überhaupt keine Gedanken über ihre Freundschaft oder so oder gucken dann so rüber und sagen sich, Mensch Jürgen, wie geht's dir? Die haben da andere Sorgen.
Kassel: Zweite Halbzeit. Zehn Minuten hat es dann nur noch gedauert, und dann kam das Tor von Thomas Müller. Auch da meckert die Presse wieder. Meinetwegen war es vielleicht nicht sein allerbestes, aber das war doch ein schönes Tor, oder?
Weiler: Also, ich würde sagen, ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss. Und wir haben dieses Tor gemacht, und wer das erzielt und auf welche Weise, ist doch völlig wurscht. Also solange man nicht jemanden noch beißt unterwegs, ist das doch egal, ob das – außerdem, ich fand, es war ja eigentlich ein ganz schönes Tor.
Kassel: Fand ich auch.
Weiler: Also, wer da meckert, glaube ich, ist einfach ein bisschen ungerecht.
Kassel: Aber jetzt haben Sie gesagt, wir haben da ein Tor gemacht. Wie war das gestern beim Barbecue, beim Fußball – Raketen gezündet, gebrüllt?
Die letzten 20 Minuten fand ich eine Frechheit
Weiler: Ja, natürlich, alle gebrüllt, 30 Mann, viele Kinder und so. Auch die Frauen, die sich dann immer so zurückziehen und dann die ganze Zeit über andere Dinge reden – das finde ich ja das Allerschlimmste beim Fußball, wenn da Leute sitzen und über andere Dinge reden – selbst die waren dann für einen Moment echt begeistert. Und ich finde, danach war es dann irgendwie vorbei, da hätte man auch abpfeifen können. Die letzten 20 Minuten fand ich eine Frechheit.
Kassel: Ja, da hatte ich auch das Gefühl, das war genau das, was sich die Spieler auch dachten, man könnte doch jetzt langsam abpfeifen.
Weiler: Ja, ja. Also dieses – ich meine, es war natürlich nicht wie Gijon oder so, aber man hat schon gemerkt, jetzt will sich auch keiner mehr weh tun, und es ist auch okay für beide Seiten, und es ist auch kein Gesichtsverlust für Klinsmann, eins zu null gegen Deutschland verloren zu haben, und jetzt ist es gut.
Kassel: Ja. Mich fasziniert das gerade, was Sie gesagt haben mit den Dazwischenquatschern. Ich hab das Problem, dass ich immer für jemanden gehalten werde, der nicht gerne Fußball guckt. Ich sag jetzt im Radio, das stimmt nicht. Und zu mir kommen immer Leute zu Besuch, die glauben, ja, ein paar Spiele muss man gucken, dann kann man mal quatschen. Was macht man denn da?
Wer beim Spiel quatscht, fliegt raus
Weiler: Furchtbar! Rausschmeißen! Wir hatten hier mal bei der EM jemanden sitzen, so eine Dame, die hat dann während des Spiels angefangen, den Spiegel durchzublättern. Saß bei uns auf der Couch und hat dann so – das finde ich das Letzte. Da bin ich empört. Da kann ich gar nicht mit umgehen. Entweder man guckt Fußball oder man geht woanders hin und liest oder unterhält sich. Und wenn man sich unterhält, dann über Fußball.
Kassel: Zum Beispiel über andere Spiele. Haben Sie kurz mal rübergelinst zu Ghana-Portugal?
Weiler: Nee, gar nicht, ich hab – nee, überhaupt nicht. Ich weiß, wie es ausgegangen ist, aber ich hab es – ich glaube, die haben sogar erst ein Eigentor gebraucht, die Portugiesen von den Ghanaern oder so. Ich hab dann später das Spiel von Algerien-Russland, das habe ich mir noch angesehen.
Kassel: Das passt natürlich. Deutschland muss ja als Nächstes gegen Algerien spielen, K.O.-Runde. Ist es gefährlich oder sagen Sie, das schaffen wir schon?
Weiler: Das schaffen wir schon. Wobei ich vorhin gelesen habe, dass wir gegen Algerien – wir, also wir alle, wir Deutsche –
Kassel: Wir beide und der Rest … (Anmerkung der Redaktion: Wörter unverständlich)
Weiler: – wir zwei und alle Zuhörer und so, also wir haben erst zweimal gegen Algerien gespielt, beide Male verloren.
Dass Flitzer nicht gezeigt werden, ist wahnsinnig absurd
Kassel: Ja, haben wir vorhin auch leider berichten müssen hier. Ganz kurz zum Schluss, weil mich das gestern fasziniert hat wieder beim Spiel. Haben Sie, wenn Sie live im Stadion gewesen sind, je darüber nachgedacht, hatten Sie mal Lust, nackt übers Spielfeld zu laufen?
Weiler: Nein.
Kassel: Weil es ja gestern schon wieder einen Flitzer gab. Die FIFA zeigt uns den immer nicht.
Weiler: Ja, ich weiß, die versuchen immer, die nicht zu zeigen. Ich finde das wahnsinnig absurd.
Kassel: Finde ich auch. Es ist die Frage, was ist schlimmer, quatschen oder sich ausziehen beim Spiel? Das klären wir jetzt nicht mehr, Herr Weiler.
Weiler: Nee, quatschen ist schlimmer.
Kassel: Quatschen ist schlimmer. Dann sollten wir beide jetzt vielleicht auch aufhören. Hat mich aber sehr gefreut. Jan Weiler war das, Autor, aktuelles Buch heißt "Das Pubertier", und nach der WM ist er damit fast überall in Deutschland auf Lesereise. Danke Ihnen für das Gespräch!
Weiler: Tschüs!
Kassel: Tschüs!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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