Die haben gelacht, die haben miteinander gespielt. Man hat gesehen, dass die jetzt mit ihren Gedanken nicht mehr dort sind, wo die einen Monat zuvor die ganze Zeit waren. Und dass es für sie eine enorme Erleichterung ist.
Terroropfer in Israel
Spieler von Borussia Dortmund gedenken vor dem Spiel gegen Werder Bremen bei einer Schweigeminute der Opfer des Nahostkonflikts. © dpa / picture alliance / Noah Wedel
Wie der Fußball Zeichen der Solidarität setzt
06:47 Minuten
Der Angriff der Terrorgruppe Hamas auf Israel hat auch massive Auswirkungen auf den Sport. Insbesondere in Deutschland zeigen sich vor allem große Fußballklubs mit dem jüdischen Staat solidarisch - auch Borussia Dortmund.
Anfang November empfängt Borussia Dortmund in der Bundesliga den FC Bayern. Im Westfalenstadion mit dabei: 14 junge Gäste aus Israel, die den Terrorangriff der Hamas überlebt haben.
Fanklub bringt Überlebende nach Deutschland
Auf dem Rasen, kurz vor dem Spiel, steht ein Junge mit BVB-Schal und blickt staunend auf die Tribünen. Am 7. Oktober wurden seine Großmutter, sein Vater und sein Bruder ermordet.
„Man hat gesehen, dass die Kinder so ein Eskapismus-Erlebnis haben, sozusagen“, sagt Adam Lahav, ein prägender Kopf der „Israelischen Borussen“. Dieser Dortmunder Fanklub hat die Reise der Überlebenden nach Deutschland organisiert.
„Man hat gesehen, dass die Kinder so ein Eskapismus-Erlebnis haben, sozusagen“, sagt Adam Lahav, ein prägender Kopf der „Israelischen Borussen“. Dieser Dortmunder Fanklub hat die Reise der Überlebenden nach Deutschland organisiert.
"Israelische Borussen" haben 75 Mitglieder
Adam Lahav, aufgewachsen in Israel, ist seit der Kindheit Fan von Borussia Dortmund. 2007 gründet er mit Freunden die „Israelischen Borussen“.
Der Fanklub zählt inzwischen 75 aktive Mitglieder. Mehr als 80 Prozent von ihnen leben in Israel, die anderen in Deutschland.
So wie Adam Lahav: „Nach dem Militärdienst in Israel 2010 stand es dann bei mir auf der Liste, dann auch mal das Stadion zu besuchen. Und das Erste, was ich dann gemacht habe, nachdem ich im März 2010 aus dem Militär rausgekommen bin, war dann ein Flug nach Dortmund.“
BVB gegen Antisemitismus
Die Identifikation von Adam Lahav mit Borussia Dortmund hat nicht nur sportliche Gründe. Seit Jahren unterstützt der BVB Projekte gegen Antisemitismus. Mehrfach besuchen Mitarbeitende des Klubs Israel, darunter Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Nach dem 7. Oktober erklärt der BVB früh seine Solidarität mit Israel. Der Verein unterstützt den Plan der „Israelischen Borussen“, Überlebende nach Dortmund einzuladen.
Adam Lahav und seine Mitstreiter sind zwei Wochen lang mit der Organisation beschäftigt, etwa mit dem Sammeln von Spenden für Reise und Unterbringung. Lahav sagt: „Dann haben wir auch selber um die 4.000 Euro gesammelt, die auch zum Beispiel für den Fanshop gedacht waren. Jedes Kind hat von uns 100, 120 Euro für den Fanshop bekommen - für Trikots, Schals, andere Sachen, und auch für das Essen. Und alles andere, was noch auf dem Plan stand.“
Kritik von arabischen Fanklubs
Die Unterstützung für Israel zieht in der BVB-Fangemeinde aber auch negative Reaktionen nach sich.
Sieben Fanklubs aus arabischen Ländern kritisieren in einer Stellungnahme die angeblich „einseitige Positionierung“ des Vereins, ohne dabei den Terror der Hamas zu erwähnen. Die „Israelischen Borussen“, die in den vergangenen Jahren mitunter auch arabische BVB-Fans unterstützt haben, etwa im Libanon, sind darüber enttäuscht.
Aber Adam Lahav möchte vor allem die Umgebung auf der Dortmunder Südtribüne erwähnen:
Es ist jetzt nicht so, dass wir uns unwohl fühlen im Block. Im Gegensatz. Als die Schweigeminute stattgefunden hat, sind Leute aus der gesamten Umgebung gekommen und haben mich und andere Mitglieder von uns gedrückt. Es sind doch schon sehr viele persönliche Kontakte dadurch entstanden.
Der Fußball zeigt sich hier besonders solidarisch
In keinem anderen Land betont der Fußball seine Solidarität mit Israel so stark wie in Deutschland. Verbände halten Schweigeminuten für die Opfer ab. Fangruppen sammeln Spenden und zeigen Banner gegen den wachsenden Antisemitismus. Und Vereine verbreiten Suchmeldungen der verschleppten Geiseln.
Besonders eng sind die Beziehungen zwischen Israel und dem SV Werder. Ultras aus Bremen pflegen Verbindungen zu Fangruppen von Maccabi Haifa und Hapoel Jerusalem. Schon bald nach dem 7. Oktober spricht sich herum, dass unter den verschleppten Geiseln auch zwei junge Israelis sind, die Kontakte nach Bremen haben. Ihre Vornamen: Hersh und Inbar.
Besonders eng sind die Beziehungen zwischen Israel und dem SV Werder. Ultras aus Bremen pflegen Verbindungen zu Fangruppen von Maccabi Haifa und Hapoel Jerusalem. Schon bald nach dem 7. Oktober spricht sich herum, dass unter den verschleppten Geiseln auch zwei junge Israelis sind, die Kontakte nach Bremen haben. Ihre Vornamen: Hersh und Inbar.
Werder verbreitet Suchaufruf
Der SV Werder verbreitet einen Suchaufruf in sozialen Medien, berichtet Vereinsmitarbeiter Arne Scholz:
„Dass man bitte gucken soll bei den ganzen Videos, die im Internet kursieren, das war ja noch alles recht frisch, ob man sie entdeckt, und ob man irgendwelche Informationen im Netz findet, die diese Personen zeigen und Hinweise darauf geben, wo sie eventuell sein können.“
Liverpool untersagt Gedenkbanner
Der SV Werder trägt dazu bei, dass die Suche nach den jungen Israelis Hersh und Inbar eine größere Reichweite erzielt. Etliche israelische Medien wenden sich an den Klub.
Und so geht Werder noch einen Schritt weiter, erzählt die Geschäftsführerin für Sport und Nachhaltigkeit, Anne-Kathrin Laufmann:
„Wir haben uns dann auch zu unserer Kampagne ,Let Them Free‘ entschieden, unter dem Gesichtspunkt ,Sport Speaks Up“, weil letztendlich die Geiseln für sich jetzt nicht sprechen können, sondern dass der Sport quasi aufruft. Wir haben immer ein Foto von Inbar und ein Foto von Hersh genommen - und dass dann quasi auf der anderen Seite immer einer aus der Geschäftsführung positioniert wurde.“
Aktionen wie diese haben den Ruf der Bundesliga in Israel gestärkt. Dagegen hat die sonst hoch geschätzte Premier League an Vertrauen eingebüßt. Israelische Fans des FC Chelsea teilten mit, dass sie künftig auf den Davidstern auf ihrer Stadionfahne verzichten sollen.
Der Liverpool vebot ein Gedenkbanner
Wollen englische Klubs damit ihre Geschäfte in arabischen Märkten sicherstellen? Oded Breda, der in Israel den Fußball für Erinnerungsarbeit nutzt, nennt noch ein anderes Bespiel:
„Der FC Liverpool untersagte ein kleines Banner in seinem Stadion. Darauf waren vier Fußballfans abgebildet, die auf dem Musikfestival von der Hamas ermordet wurden. Seitdem wollen viele Liverpool-Fans in Israel mit dem Verein nichts mehr zu tu haben. Für sie war das wie ein Schlag ins Gesicht.“
Noch ist der Krieg im Nahen Osten nicht zu Ende. Und so dürften die Vereine zumindest in Deutschland weitere Zeichen der Solidarität senden.