Fußballpower aus Montabaur

Von Ludger Fittkau |
Noch kann der Frauenfußball mit den Männern nicht mithalten, jedenfalls nicht, was die Zahl der aktiven Spielerinnen betrifft. Doch es werden immer mehr. Der 1. FFC Monatabaur war 2005 der erste eigenständige Frauenfußball-Verein im Rheinland.
Es sind die Väter, die am lautesten singen. Die Spielerinnen-Väter der ersten Mannschaft des 1. FFC Montabaur feiern die Vizemeisterschaft ihrer Töchter. Das Spitzenteam der Regionalliga Südwest hat sich die gute Platzierung im letzten Saisonspiel durch einen sicheren 4:0- Auswärtssieg an der Mosel gesichert – beim gefürchteten Liga-Konkurrenten TuS Issel. Katarina Bigott, eine der Betreuerinnen beim 1.FFC Montabaur, hat wie die meisten mit einem so hohen Sieg nicht gerechnet:

"Ne, also 4:0 mit Sicherheit nicht, ich habe gedacht, Issel würde mit Sicherheit dagegen halten. Ich habe gedacht, dass sie auf jeden Fall ein Tor machen, aber dann hätte das Spiel eine andere Wendung genommen. Aber super für uns 4:0 ist eindeutig und kein Gegentor."

Rund 200 Frauen und Mädchen spielen in den Mannschaften des 1. Frauen-Fußballclubs Montabaur im Westerwald. Der Club war 2005 der erste eigenständige reine Frauenfußball-Verein im starken rheinischen Verband. Katrin Wolf, Spielerin in der 2. Mannschaft, ist schon seit 16 Jahren aktiv dabei. Also seit den Zeiten, als frau im Verein noch mit den Männern zusammen war:

"Ja. Es fing ja erst an in einem Männerverein, bevor wir uns dann eigenständig gemacht haben, das war schon mal hilfreich, sagen wir mal so. Das fängt bei Sponsoren an, bei Trikots, bei der Aufmerksamkeit von der Presse. Sonst sind wir immer so nebenher gelaufen als Frauenmannschaft und so war dann die Frauenmannschaft die wichtigste Mannschaft im Verein. Und das ist dann schon ganz schön, wenn die Aufmerksamkeit dann da ist."

Von den vielleicht 60 Zuschauern beim Regionalligaspiel in Issel an der Mosel sind mehr als die Hälfte aus Montabaur angereist – anderthalb Stunden Autofahrt eine Strecke. Spielerinnen, Trainer und Eltern in Montabaur sind diese Fahrzeiten gewohnt. Denn zum Training im Westerwald reist man teilweise von Wohnorten in ganz Rheinland- Pfalz und aus Nordrhein-Westfalen an: aus Mainz oder Siegen, aus der Eifel oder aus dem Hunsrück. Gaby Karbach fährt ihre siebzehn Jahre alte Tochter Lisa seit Jahren mehrmals wöchentlich drei Stunden zum Training nach Montabaur:

"Es ist der nächsthöhere Verein in unserer Gegend, und ein paar Mädels aus dem Hunsrück haben davor dort eh schon gespielt, und das haben sie dann gehört und dann haben wir gewechselt."

Gaby Karbach nennt noch einen anderen Grund dafür, dass man die lange Fahrt vom Hunsrück über den Rhein in den Westerwald auf sich nimmt: Die Sprüche, die die Mädchen und ihre Mütter in gemischten Vereinen immer noch zu hören bekommen:

"Ach, dass ist ja nur ein Mädel. Das ist im Fußball immer noch extrem gewesen, als sie klein waren. Es ist immer schwierig als Mädel in 'nem Jungsverein. Da haben oft auch die Eltern von außen Probleme: Was, Du wirst Dir doch nicht von nem Mädel den Ball wegnehmen lassen?! Gibt’s heute leider immer noch, so das Frauenfußball leider noch nicht so akzeptiert wird."

Auch Betreuerin Monika Bigott kann solche Alltags-Geschichten der Abwertung erzählen:

"Ich weiß, dass das bei meiner Schwester, die hier in der Ersten spielt auch so war, dass sie bei den Jungen einen anderen Status hatte. Sie musste sich da schon beweisen, aber ich glaube, dass das immer mehr wird und man sieht das ja auch in Montabaur, es sind immer mehr Jugendliche, Kinder, Mädchen und deswegen glaube ich, dass das eher weniger das Problem ist."

In Holland sei man ohnehin schon weiter. Das sagt am Rande des Spielfelds in Issel eine alte Niederländerin, die ihre Enkeltochter Alexandra zum Spiel in Issel begleitet hat. Die trägt das Trikot mit der Nummer 21 und stürmt auf Rechtsaußen. Ihre holländische Großmutter wünscht sich auch an ihrem jetzigen Wohnort, in Montabaur, noch mehr Frauenpower:

"In Holland sind die Sportarten soundso für die Frauen mehr vorwärts noch als in Deutschland. Die jungen Frauen spielen alle Sportarten, ob dat Handball ist. Ob dat Fußball is und so."

Katrin Wolf, die die Zeiten miterlebt hat, als sich der 1. Frauenfußballclub Montabaur von dem Männern gelöst hat, betont: Man sei nicht im Streit auseinandergegangen und habe noch viel miteinander zu tun – gelegentlich sogar auf dem Platz:

"Auch wenn man ein anderer Verein ist, man kann ja trotzdem noch mit denen zusammen trainieren. Wir sind ja nicht in Feindschaft auseinander. Für beide Seiten war es gut so."

Wird die Frauen-Fußball-WM in Deutschland für den Alltag im Frauenfußball einen Schub geben? Die Frauen und Mädchen des 1.FFC Montabaur sind sich nicht sicher. Dunja Hornhoff ist Mutter der Zwillinge Lisa und Diana, die beide in der zweiten Mannschaft Montabaurs spielen:

"Oftmals ist das so ein Strohfeuer. Das war das letzte Mal auch so, dass sie dann alle anfangen wollen, Fußball zu spielen. Und dann kommt der Herbst, wenn das Wetter schlechter wird, es gibt ja dann auch viele, ich weiß nicht, ob das bei den Jungs auch so ist, die dann keine Lust mehr auf Training haben, und das schläft dann immer wieder so ein. Ich denke, es kommt dann kurz danach so hoch und dann wird es wieder, wie es vorher war. Wir werden sehen."

Katrin Wolf hat Karten für die WM-Spiele Deutschland-Nigeria in Frankfurt und Deutschland-Frankreich in Mönchengladbach. Und ihren ganz persönlichen, bescheidenen WM-Traum:

"Ich hoffe, dass es ein bisschen besser wird. Es wäre schon mal ein Anfang, wenn Bundesligaspiele nicht mehr vor 100 Leuten sind. Ein paar mehr Zuschauer wären schon schön. Das es nicht so wird, wie bei den Männern ist auch klar. Aber ich denke schon, das es Schritt für Schritt besser wird."


Links zur Frauen-Fußball-WM auf dradio.de:

"Aktuell" vom 21.6.2011: Die weltbesten Kickerinnen zu Gast in Deutschland - Wer gewinnt die Frauenfußball-WM 2011?

"Aktuell" vom 22.6.2011: Fußball für die Ohren - Alle Beiträge zum Nachhören - die FIFA Frauen WM 2011 im Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur
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