Rote Linien helfen nicht weiter
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Die internationale Staatengemeinschaft sucht nach Wegen, Afghanistan zu unterstützen. Doch will sie die Hilfe von der Einhaltung der Menschenrechte in dem Land abhängig machen. Diese Strategie könnte scheitern, fürchtet Asienexperte Jost Pachaly.
Die Staats- und Regierungschefs der G20 beraten bei einem Sondergipfeltreffen über die humanitäre Lage und die Terrorismusbekämpfung in Afghanistan. Italien richtet das virtuelle Treffen aus. Das Land hat derzeit den G20-Vorsitz inne.
Angst vor humanitärer Katastrophe
Nach Einschätzung des Asienexperten Jost Pachaly von der Böll-Stiftung muss dringend geklärt werden, wie humanitäre Hilfe ins Land kommt. Weil die Wirtschaft am Boden sei und die Lücken im Haushalt nicht mehr durch ausländische Gelder gestopft würden, drohe eine humanitäre Katastrophe, warnt er.
Die westlichen Staaten hätten inzwischen hinlänglich ihre Bedingungen für eine weitere Zusammenarbeit formuliert, sagt Pachaly. Darunter fiele unter anderem die Achtung der Menschen- und Frauenrechte. Es sei aber zu befürchten, dass der Ansatz, rote Linie zu setzen, in die Irre führe, betont Pachaly:
"Was passiert denn, wenn die roten Linien von den Taliban überschritten werden? Lassen wir das Land dann im Stich? Kümmern wir uns dann nicht mehr um die Bevölkerung?"
Man müsse eine langfristige Strategie finden, auch unter Beteiligung der Nachbarstaaten, wie man sich zu den Taliban verhalte: "So bitter wie das ist, aber ich glaube, es wird nicht anders gehen."
Pakistan und China in der Schlüsselrolle
Hoffnungen setzt Pachaly nun vor allem auf Pakistan und China. Pakistan spiele schon lange für die Entwicklungen in Afghanistan eine wichtige Rolle und habe die Taliban stark unterstützt. Das Land könne deswegen möglicherweise großen Einfluss auf die Taliban ausüben. Auch China pflege bereits enge Kontakte, habe wirtschaftliche Interessen in Afghanistan und wolle deswegen Stabilität.
An dem G20-Gipfel nehmen auch Vertreter der UNO, der EU sowie Katars teil. Afghanistan ist seit Jahren auf internationale Hilfe angewiesen. Nach UN-Angaben ist ein Drittel der Bevölkerung von Hunger bedroht. Das Land leidet unter einer starken Dürre, seit der Machtübernahme der Taliban befindet es sich zudem in einer Wirtschaftskrise.