G20-Gipfel

Der Verlierer Putin, die Gewinnerin Merkel

Angela Merkel beim G20-Treffen in Brisbane
Angela Merkel beim G20-Treffen in Brisbane © dpa/picture alliance/Sergey Guneev
Von Benjamin Hammer |
Die Mächtigen dieser Welt haben sich am Wochenende zum G20-Gipfel im australischen Brisbane getroffen. Angela Merkel schlüpfte dabei in die Rolle einer globalen Chefdiplomatin. Russlands Präsident Wladimir Putin war dagegen sichtbar isoliert. Eine Bilanz.
Dieser Gipfel hat zwei Gewinner und zwei Verlierer. Die Gewinner: Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama. Die Verlierer: Russlands Präsident Wladimir Putin und Australiens Premier Tony Abbott.
Beginnen wir mit Abbott. Der verkündete in Brisbane immer wieder eine simple Botschaft: Um zusätzliche zwei Prozentpunkte soll die Weltwirtschaft in den kommenden fünf Jahren wachsen. Fünf Jahre sind jedoch eine lange Zeit in der Ökonomie. Hinzu kommt: Politiker können die Wirtschaft gar nicht prozentgenau steuern. Und Sanktionsmechanismen, wenn ein Land nicht liefert, die gibt es ebenfalls nicht. Die Australier setzten dennoch auf ihre Wachstumsstory. Da war es bezeichnend, dass die anderen Staats- und Regierungschefs das Thema kaum erwähnten.
Barack Obamas Seitenhieb auf den australischen Premier Tony Abbott
Abbott verlor auch an einer anderen Front. Und das liegt an einem Gewinner des Gipfels: Barack Obama. Der hatte am ersten Gipfeltag unter tosendem Applaus von Studenten erklärt, dass es mehr Anstrengungen für den Klimaschutz geben müsse. Er wolle, dass seine Töchter auch noch in 50 Jahren das Great Barrier Reef besuchen könnten. Das Korallenmeer ist durch den Klimawandel in seiner Existenz bedroht. Obama wählte diesen Seitenhieb auf Tony Abbot ganz bewusst. Denn der gilt als Klimaskeptiker und hatte versucht das Thema klein zu halten. Durch den Einsatz von Obama und anderen Staats- und Regierungschefs gibt es jetzt ein Bekenntnis der G20 für den Klimaschutz. Gut so.
Der zweite Verlierer des Gipfels heißt Wladimir Putin – auch wenn er das wahrscheinlich anders sieht. Putin war sichtbar isoliert, saß beim Grillfest der Australier zwischenzeitlich ganz alleine da. Zum gemeinsamen Frühstück am Sonntag kam er erst gar nicht. Bei öffentlichen Auftritten schaute er grimmig drein und er hatte im Vorfeld mal eben vier russische Kriegsschiffe vor Australiens Küste geschickt. Ein solcher Auftritt mag zum Kalten Krieg passen. Nicht jedoch zum dialogischen Charakter der G20.
Womit wir zur zweiten Gewinnerin des Gipfels kommen. Angela Merkel. Die unterhielt sich ganze dreieinhalb Stunden mit Putin und avancierte so zumindest in Brisbane zur globalen Chefdiplomatin.
Hat sich der ganze Aufwand gelohnt?
Gewonnen haben Merkel und Deutschland auch bei den Wirtschaftsbeschlüssen der G20. Merkel sah sich in den vergangenen Wochen dem Vorwurf ausgesetzt, dass Deutschland seine Sparpolitik überdenken müsse. In Brisbane war davon nichts zu hören. Im Beschluss der Staats- und Regierungschefs ist nun außerdem von notwendigen Strukturreformen die Rede. Ein Anliegen von Merkel.
Fast 16.000 Kilometer und 24 Flugstunden trennen Berlin von Brisbane. 6000 Polizisten waren für den G20-Gipfel abgestellt, damit hatte rechnerisch fast jeder Delegierte und jeder Journalist seinen eigenen Polizisten. Eine große Sperrzone wurde errichtet, die Stadt war spürbar nervös, es war die größte internationale Veranstaltung in der Geschichte Australiens.
Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? Ja, das hat er. Dieser Gipfel widerlegt anschaulich das Klischee, dass die G20 ein besonders teurer Redeklub ohne Ergebnisse sind. Das Treffen hat bereits im Vorfeld eine Dynamik entfaltet. Die USA und China etwa haben einen Klimadeal geschlossen. Indien gibt endlich seine Blockadehaltung in der Welthandelsorganisation auf. In Brisbane wurde nun außerdem beschlossen, dass Großkonzerne ihre Steuern dort zahlen sollen, wo sie ihr Geld verdienen. Und: Die größten Banken der Welt müssen sich in Zukunft noch besser gegen Krisen wappnen.
All das ist das Ergebnis von einem beeindruckenden internationalen Dialog. Von Kompromissen, die mühsam ausgehandelt wurden. Dies war kein Gipfel der simplen Botschaften und weitestgehend kein Gipfel der Konfrontation. Tony Abbott und Wladimir Putin sollten sich das zu Herzen nehmen.
Mehr zum Thema