G8-Gipfel in Heiligendamm

Von Jochen Thies |
Zwischen Lübeck-Travemünde und Ahlbeck gibt es in diesen schönen Sommertagen bei Hoteliers, Pensionsbetreibern, Touristen und Anwohnern vermutlich nur ein Stoßgebet, einen Gedanken: Ach, wenn der Gipfel bloß schon vorbei wäre.
Selten sind Gesellschaft und öffentliche Meinung einem Ereignis entgegengesegelt, von dem sich die meisten wünschen, dass es hinter uns liegt: friedlich, mit halbwegs geordnetem Protest und vor allem mit Ergebnissen.

Natürlich kann man nicht mitten im Fluss die Pferde wechseln, natürlich musste dieser G8-Gipfel stattfinden. Aber schon nach dem folgenreichen G8-Treffen in Genua im Jahre 2001 hätte ein Umdenken stattfinden müssen, hätte man sich nach dem Motto klein, aber fein auf ein Schiff, eine Insel oder einen Berg, zum Beispiel den Petersberg – Bonn hätte dann wieder einmal eine Sondereinnahme gehabt – begeben sollen. Aber anscheinend hat der Grillabend, den Angela Merkel im letzten Sommer in Mecklenburg-Vorpommern für George Bush veranstaltete, nicht genügt. Auf die rustikale Fete folgt nun das Treffen in großer Kulisse in Heiligendamm an der Ostsee. Es ist nicht gerade die Croisette von Cannes. Aber selbst der Osten des Landes sonnt sich mittlerweile im Fünfsternebereich. Wir sind wieder wer. Und warum soll das Land nach der Präsentation verschwitzter Trikots bei der Fußball-WM im letzten Jahr nicht die große Soiree bieten, mit Fernsehbildern, die in Shanghai, Neu-Delhi und Dubai ausgestrahlt werden, und die den Milliardär, den Turbanträger und den Scheich vielleicht dazu bewegen könnten, demnächst in Heiligendamm abzusteigen.

Diesen Aspekt sollten dann auch die Protestierenden bedenken, die nach einer ersten, sehr langen Schrecksekunde bei Vater Staat und dem Vorzeigen des großen Holzknüppels nun geradezu genötigt werden, zu kommen und friedlich zu protestieren. Hoffentlich macht das Wetter mit. Aber Dauerregen wäre auch nicht schlecht. Vielleicht schlägt er sich beim Dokument über den Klimawandel nieder. Schließlich muss dem sonst so präzise formulierenden Bundesaußenminister am Ende widersprochen werden. Begegnungen von Spitzenpolitikern sind kein Wert an sich. Es muss etwas dabei herauskommen. Denn: gereist wird, Frau Bundeskanzlerin, Mister Bush, gospodin Putin, genug.

Wenn Deutschland den nächsten Gipfel veranstaltet, könnte er im thüringischen Ilmenau stattfinden. Dort schrieb Goethe mit einem Stift an die Holzplanken einer Hütte: Über allen Gipfeln ist Ruh’.