Eine neue Plattform für die Rechten?
Die neue Social-Media-Plattform Gab.ai will alles erlauben – auch Fake-News oder Hassbotschaften. Der Name kommt von "to gab", zu Deutsch "quatschen". Derzeit ist die Seite noch im Test. 400.000 Menschen stehen auf der Warteliste. Der Redaktionssitz ist in San Francisco.
Kurz nach dem Start von Gab.ai platziert sich der Chef, Andrew Torba, mit Sonnenbrille vor seinem Smartphone. Er will Fragen beantworten und sein soziales Netzwerk erklären. Technisch ist Gab.ai eine Mischung aus Twitter, Facebook und der Diskussions-Plattform Reddit: Nutzer haben ein Profil, können 300 Zeichen posten, andere können diese Posts hoch oder runter voten, kommentieren, teilen. Dann beschreibt Torba, was sein Netzwerk in seinen Augen besonders macht:
"Das neue soziale Netzwerk, das erste von Menschen, für Menschen und für freie Rede."
Andrew Torba ist ein konservativer Unternehmer. Er hat ein Online-Werbe-Start-up gegründet, Donald Trump unterstützt und gefordert, endlich die Mauer an der mexikanischen Grenze zu bauen. Torba sieht sich und Gleichgesinnte verfolgt und zensiert von "Big Social", von den großen sozialen Netzwerken. Er habe Gab.ai gegründet, als er Berichte las, nach denen Facebook konservative Nachrichtenquellen aus seinen Trends herausfiltere.
Es gibt ein Redaktionsteam, das jeden Tag auswählt, was "Nachrichten" sind für Hunderte Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Dieses Team sitzt in San Francisco, das die liberalste und progressivste Stadt der Welt ist. Die Folge ist, dass viele Millionen Konservative nicht mehr das Gefühl haben, frei im Internet zu sprechen.
"Wir werden uns das Internet zurückholen"
Als einige Erzkonservative und rechtsextreme Meinungsmacher von Twitter gesperrt wurden, beschloss Andrew Torba sein eigenes soziales Netzwerk zu bauen. Gab.ai, von to gab, zu Deutsch: quatschen.
"Wir sehen, dass Patrioten aufstehen. Wir lassen das nicht mehr mit uns machen. Wir werden uns das Internet zurückholen und wir werden es wieder großmachen. Wir werden die Leute ermächtigen und wir werden freie Rede fördern und es gibt nichts, was uns stoppen kann."
In der Test-Phase ist Zutritt nur mit Einladung möglich
Ein halbes Jahr nach Start ist Gab.ai noch in der Test-Phase, Zutritt nur mit Einladung, die Warteliste umfasst knapp 400.000 Menschen. Offenbar ist Gab.ai schnell zu einem Sammelbecken von Konservativen und Mitgliedern der rassistischen Alt-Right-Bewegung geworden. Gründer Torba bestreitet das zwar zunächst:
"Alle sind willkommen. Wir sind keine Alt-Right-Community, keine konservative Gemeinschaft, wir sind eine Gemeinschaft aus Menschen."
Doch Nutzer, die ihre Erfahrungen in Gab.ai auf YouTube veröffentlichen, sehen das anders:
"Gab wird bestimmt dadurch, dass es eine Echo-Kammer für die Alt-Right-Bewegung ist."
Who's who der rassistischen Twitter-Rüpel
Die Journalistin Elle Reeve hat sich für die Nachrichten-Sendung VICE News in Gab umgesehen:
"Die populärsten Figuren in Gab sind das Who's who der rassistischen Twitter-Rüpel, alles Leute, die von Twitter wegen Hetze verbannt wurden. Gab ist voll mit Trumps Inhalten: Make America Great Again; die Frauen, die Trump begrabscht hat, gelten als Fake-Opfer; populär ist auch die Verschwörungstheorie, dass das Clinton-Team den konservativen Verfassungsrichter Antonin Scalia ermordet hat."
Gründer Torba gesteht, dass er mit seinem Netzwerk vor allem Konservative anzieht:
"Ja, die Mehrheit sind Konservative, aber wir sehen großes Interesse von progressiven Leuten."
Das muss Torba sagen, denn ein kommerzieller Erfolg kann ein soziales Netzwerk nur werden, wenn es viele Nutzer anzieht. Die Liste der gescheiterten Facebook-Herausforderer ist lang, reicht von Ello bis Google Plus, alle sind gescheitert, weil selbst 100 oder 200 Millionen Nutzer nicht reichen, um als soziales Netzwerk zu überleben. Und Gab habe gerade mal 130.000 Nutzer, sagt Torba, in fünf Jahren will er mehr als eine Milliarde Nutzer haben. Wird Gab also mehr als rechtsextreme Echokammer? Das wird sich erst zeigen, wenn die Testphase beendet, die Posts und Profile öffentlich sind. Bisher sieht es nicht danach aus, sagt VICE-Journalistin Elle Reeve:
"Gab ist eine wahre Echo-Kammer. Sie ist voll mit Trump-Themen. Die populärsten Nutzer haben rund 13.000 Follower und sie schreiben nicht sehr viel. Das liegt vielleicht daran, dass alle in Gab an das Gleiche glauben – und wo ist der Spaß am Trollen, wenn niemand da ist, den man beleidigen kann?"