Gabor Steingart über die Situation in Venezuela

"Nur weil wir das Gute wollen, wird das Gute nicht kommen"

08:32 Minuten
Ein Demonstrant auf der Francisco de Paula Santander Brücke in Urena, Venezuela, an der Grenze zu Kolumbien, nach der von Präsident Nicolas Maduro angeordneten Schließung der Grenze
Demonstrant in Urena, Venezuela, an der Grenze zu Kolumbien: Gibt es einen sinnvollen Weg, zu helfen? © RAUL ARBOLEDA / AFP
Moderation: Korbinian Frenzel |
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Wie geht es weiter in Venezuela? Und können wir etwas tun? Sollen wir? Der Journalist Gabor Steingart plädiert dafür, sich nicht einzumischen - das habe in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen einfach zu wenig genützt.
Mit Blick nach Venezuela hat der Publizist Gabor Steingart für ein "Prinzip der Nichteinmischung" geworben. "Können wir von außen die universellen Menschenrechte dort einführen? Wird wahrscheinlich ähnlich wenig klappen wie bei allen anderen Interventionen", sagte Steingart im Deutschlandfunk Kultur. Er warnte davor, in dem Konflikt zum Akteur zu werden.
"Nur weil wir das Gute wollen, wird das Gute nicht kommen", betonte der ehemalige Chefredakteur des Handelsblattes. Er wäre ja für Einmischung, "wenn es etwas nützen würde", sagte Steingart. Das tue es aber nicht.
Seitenansicht des Journalisten Gabor Steingart auf einer Bühne
Gabor Steingart: Gegen die Einmischung bei politischen Konflikten in anderen Ländern - weil es im Regelfall nichts nützt.© imago / Sven Simon
Als Beispiel nannte er Afghanistan. Er sei selbst mehrfach dort gewesen und habe auf einer der Reisen an der Einweihung einer Mädchenschule teilgenommen, berichtete Steingart:
"Die Mädchenschule hat unseren Besuch nur wenige Wochen überlebt. Danach gab es ein Säureattentat, die Schule wurde geschlossen. Sie war auch mit der Bundeswehr nicht zu beschützen. Grausam. Und trotzdem würde ich daraus die Schlussfolgerung ziehen: Das ist zu sehr wie die Christianisierung, wie die Kreuzzüge."

Wo geredet wird, wird nicht geschossen

"Das Prinzip der Nicht-Einmischung ist eine Grundvoraussetzung, damit kommunikative Strategien von Politik, von Diplomatie, wirken können. Auch zu Zeiten von Willy Brandt sind wir nicht wahllos in Interventionspolitik verfallen. Sondern das Motto war: Wo geredet wird, wird nicht geschossen", sagte Steingart.
Vor diesem Hintergrund erteilte er besonders einem militärischen Eingreifen durch die Amerikaner in Venezuela eine Absage. Alle Interventionen in Lateinamerika hätten das Elend der Menschen dort immer nur vergrößert, sagte Steingart.
Die Situation in Venezuela spitzt sich weiter zu. Die Ausweisung des deutschen Botschafters Daniel Kriener stößt unter Politikern hierzulande auf heftige Kritik. Die Maduro-Regierung hatte den deutschen Botschafter am Mittwoch zur unerwünschten Person erklärt und ihm 48 Stunden Zeit gegeben, um das Land zu verlassen. Hintergrund ist Krieners Solidaritätsbekundung für den Oppositionsführer Guaidó.
(ahe)

Die ganze Sendung mit Gabor Steingart hören Sie hier:
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