Gadhimai-Opferfest in Nepal

Zehntausende Tiere sterben für zehntausende Wünsche

06:02 Minuten
Ein Mann mit Machete steht inmitten von Büffeln
Männer, die auf Büffel starren – mit Macheten. Wie das endet, sieht man weiter unten ... © picture alliance/ASIAN NEWS NETWORK/The Kathmandu Post
Axel Michaels im Gespräch mit Dieter Kassel |
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In Nepal findet das Gadhimai-Opferfest statt, bei dem Zehntausende Tiere getötet werden. International wird dagegen protestiert. Der Südasien-Forscher Axel Michaels sagt, dass die Opfer zurückgedrängt werden, hält aber die Kritik für scheinheilig.
Zehntausende Tiere werden getötet, damit eine Göttin Zehntausenden Menschen ihre Wünsche erfüllt – darum geht es beim Gadhimai-Opferfest in Nepal. Zwei Tage lang erschlagen Männer in einem Tempel mit Macheten Wasserbüffel, Schweine, Ziegen und Hühner, die die Menschen mitbringen. Die hinduistische Zeremonie findet alle fünf Jahre in Bariyarpur im Süden des Landes statt.
Tierschützer verurteilen die jahrhundertealte Tradition. Schon vor fünf Jahren gab es internationale Proteste dagegen. Das oberste Gericht Nepals hat die Tempelbetreiber angewiesen, auf lange Sicht von Opfern abzuraten. Außerdem soll die indische Polizei Menschen davon abhalten, Opfertiere über die Grenze zu bringen.
Ein Wasserbüffel läuft zwischen toten Artgenossen
Nach dem Ritual: geopferte Büffel in Nepal. Nicht überliefert ist, wie viele der damit verbundenen Wünsche die Göttin Gadhimai erfüllt hat.© picture alliance/dpa/EPA/Laxmi Prasad Ngakhusi
In Nepal selbst nehme man das Fest kaum wahr, sagt Axel Michaels, der bis 2016 Kultur- und Religionsgeschichte Südasiens am Südasien-Institut der Universität Heidelberg gelehrt und das Buch "Kultur und Geschichte Nepals" geschrieben hat. Es gebe zwar Zeitungsartikel, die sich gegen das Ritual aussprechen, sagt er, aber es finde kein scharfer Protest auf der Straße statt.

Tieropfer werden zurückgedrängt

Im Gegensatz zu Indien, wo Opferriten weitgehend abgeschafft wurden, hätten sie in Nepal nach wie vor eine große Tradition. Michaels' Ansicht nach werden die Tieropfer in Nepal zwar nicht verschwinden, aber mit der Zeit zurückgedrängt werden, da kaum jemand noch diese Opfer verteidige.
"Es ist natürlich sehr spektakulär, die Bilder, die man sieht, sind fürchterlich und grausam", sagt Michaels. "Aber es ist zugleich auch eine sensationslüsterne Kritik und die ist für mein Gefühl etwas bigott." Vor fünf Jahren habe das Fest zeitgleich mit Thanksgiving in den USA stattgefunden, dafür seien 27 Millionen Truthähne umgebracht worden. "Man kann sich natürlich jetzt fragen: Was ist grausamer?"
(leg)
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