Galeriekonzert

Oskar Schlemmers Musikwelt

Der Pianist und Komponist Steffen Schleiermacher
Der Pianist und Komponist Steffen Schleiermacher © Xavier Miró
Berühmt wurde Oskar Schlemmer durch seine Bauhaus-Gemälde und das „Triadische Ballett". Doch welche Musik wurde da vertanzt? Eine Spurensuche mit dem Pianisten Steffen Schleiermacher und einem unter Umständen auch mechanischen Klavier aus der Staatsgalerie Stuttgart.
Oskar Schlemmers „Triadisches Ballett" muss man sich als „work in progress" vorstellen. Der aus Stuttgart stammende Maler und Bühnenvisionär (er lebte von 1888 bis 1943) feilte immer weiter daran. Einen endgültigen Zustand dieser Arbeit gab es nie. Ständig erfand der Bauhauslehrer Tänze, Choreographien, Kostüme. Und ebenso ständig wechselte die Begleitmusik. Das hatte vermutlich auch praktische Gründe: Welcher finanzielle und organisatorische Aufwand war für eine Aufführung möglich? Schließlich kam die Musik damals nicht aus der Konserve, sondern musste live gespielt werden.
Oft ist in Schlemmers Aufzeichnungen die Rede von Klavierbegleitung, selten von einem Kammerorchester. Häufige Änderungen der Musik (auch für identische Tänze) sind sicher Schlemmers Experimentieren geschuldet. Ihm schwebte eine eigens komponierte, ultramoderne Musik vor. Im Gespräch war er dafür mit Paul Hindemith, der zumindest Musik zu einem Teil des Balletts komponierte (für elektrische Orgel). Außerdem kontaktierte Schlemmer Hans Heinz Stuckenschmidt und Ernst Toch. Doch keiner lieferte ihm die gewünschte Partitur, aus welchem Grund auch immer. Mangelndes Interesse an der Sache kann es nicht gewesen sein.
Deshalb verwendete Schlemmer für seine Tanz-Aufführungen vorhandene Musik, wobei unklar bleibt, welche. Genaue Angaben sind nur zu wenigen Tänzen überliefert. Und da kommt Erstaunliches zum Vorschein, etwa der häufige Einsatz von Klavierminiaturen des Italieners Marco Enrico Bossi, der heute bestenfalls noch Freunden der Orgelmusik bekannt ist. Ebenfalls verwunderlich ist Schlemmers Vorliebe für die Cembalo-Musik von Georg Friedrich Händel.
Ein unterhaltsamer Streifzug durch mögliche und unmögliche Musikwelten eines Revolutionärs der Bühnenkunst; ein Konzert im Rahmen der Ausstellung „Oskar Schlemmer – Visionen einer neuen Welt", die bis zum 6. April 2015 in der Staatsgalerie Stuttgart zu sehen ist.
Staatsgalerie Stuttgart, Vortragssaal
Aufzeichnung vom 22. Januar 2015
Nicht Jammer über Mechanisierung, sondern Freude über Präzision – Oskar Schlemmers Musikwelt
Werke für Klavier und Phonola von George Antheil, Béla Bartók, Marco Enrico Bossi, Georg Friedrich Händel, Josef Matthias Hauer, Wolfgang Heisig, Paul Hindemith, Steffen Schleiermacher, Igor Strawinsky, Hans Heinz Stuckenschmidt, Ernst Toch und Hans Jürgen von der Wense
Wolfgang Heisig, Phonola
Steffen Schleiermacher, Klavier und Moderation