Game "Loulu"

Dem Algorithmus rechte Einstellungen vorgaukeln

09:57 Minuten
Zweigeteiltes Bild zum Game "Loulu": Links ist ein Smartphone zu sehen, auf dem die Chat-App aus dem Spiel geöffnet ist. Rechts ein Standbild aus einem Video von dem spieleigenen, videobasierten Social Network: Eine verträumt wirkende junge Frau in weißem Kleid und mit langen blonden Haaren läuft über eine Wiese.
Feindbilder erschaffen, sich zum Opfer erklären: "Loulu" zeigt dem Spieler, welche Strategien es im rechtsextremen Spektrum gibt. © onlinetheater.live / HAU Hebbel am Ufer
Natalja Joselewitsch im Gespräch mit Max Oppel |
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Die App "Loulu" macht in Form eines Spiels erfahrbar, wie rechte Influencerinnen in sozialen Netzwerken agieren. Ein gelungenes Aufklärungsprojekt, findet unsere Rezensentin Natalja Joselewitsch.
Die Smartphone-App "Loulu" von onlinetheater.live ist ein Game, das aufklären will: Das Spiel macht Strategien rechter Influencerinnen in sozialen Netzwerken sichtbar und erfahrbar. "Die Charaktere und die Story sind zwar fiktiv, aber ästhetisch und inhaltlich ganz eng angelehnt an real existierende Menschen", sagt die Schauspielerin und Journalistin Natalja Joselewitsch, die das Game bereits durchgespielt hat.

Auf der Suche nach den rechten Trollen

Wer sich die kostenlose App "Loulu" aufs Smartphone lädt und sie öffnet, begegnet dort zunächst zwei Plattformen, die vielen vom eigenen Handy vertraut sein dürften: Es gibt dort ein videobasiertes soziales Netzwerk, das Tiktok und Instagram ähnelt, und einen Messenger, der an die App Telegram erinnert. Dort erhält der Spieler zu Beginn eine emotionale Videonachricht einer befreundeten Influencerin, die nach einem rechten Shitstorm um Hilfe bittet.
"Ausgehend von dieser sehr mitnehmenden Situation muss man gemeinsam mit dieser befreundeten Influencerin herausfinden, wer genau hinter diesem rechten Shitstorm steckt", berichtet unsere Rezensentin. "Am Ende ist das Ziel des Spiels, eine Art Medienstrategiehandbuch dieser rechten Bewegung zu finden."
In der ersten Phase des Spiels geht es darum, überhaupt erst einmal in die rechte Blase auf der Videoplattform reinzukommen. Das schafft man, indem man den Algorithmus austrickst: Man muss rechten Content in dem Netzwerk finden und ihn liken, um mehr Inhalte dieser Art angezeigt zu bekommen.

Anfangs sind die Videos noch subtil

"Das ist erstmal gar nicht so einfach, denn die Videos sind gerade anfangs noch sehr subtil", sagt Joselewitsch. "Da ist zum Beispiel ein Mädchen, das durch die Natur läuft, mit malerischer Musik - und dann findet man den Hashtag #heimatliebe." Doch je weiter rechts der Algorithmus den Spieler anhand seiner Likes einstufe, desto häufiger und aggressiver würden die rechten Inhalte im eigenen Feed.
Es sei eine Stärke des Spiels, die Funktionsweisen von Algorithmen so klar sichtbar zu machen, findet Joselewitsch. "Dass wirklich jeder Klick, den ich mache, jedes Like eine klare Auswirkung auf das hat, was ich in meinem Feed als nächstes sehe. Bis mir nur noch Inhalte gezeigt werden, die meine eigene Meinung bestätigen."
Sobald man als Spieler vom Algorithmus weit rechts eingeordnet wurde, wird man in die private Chatgruppe einer rechten Influencerin eingeladen.
Im Verlauf des Spiels bekommt man so auch immer engeren Kontakt zur Influencerin Loulu, der Titelfigur des Spiels: eine blonde junge Frau, die Backvideos postet und zunächst harmlos und modern wirkt, aber zunehmend mit antifeministischen Inhalten auffällt. Die Aufgabe von Loulu sei, mit vermeintlich harmlosen Videos die breite Masse zu erreichen.

Baukasten für rechte Influencerinnen

Je weiter das Spiel fortschreite, desto mehr erfahre man über die Strategien der rechten Influencerinnen, berichtet unsere Rezensentin: So erklärten sich diese selbst zum Opfer, erschafften Feindbilder und benutzten Witz und Ironie, um nahbar und normal zu wirken. Auf diese Weise wird in "Loulu" allerdings auch ein Baukasten für rechte Influencerinnen beschrieben - und in den fiktiven Videos werden rechte Narrative verbreitet.
Den Macherinnen und Macher des Spiels seien die damit verbundenen Gefahren sehr bewusst, sagt Joselewitsch. Innerhalb des Spiels würden den rechten Inhalten deshalb aufklärende Posts entgegengesetzt. Zudem kann man laut onlinetheater.live keine Screenshots machen, um die Inhalte nicht außerhalb des Kontextes zeigen zu können.
Joselewitsch findet "Loulu" insgesamt sehr gelungen, das Spiel sei sehr spannend. Für eingefleischte Gamer biete die App dennoch vielleicht nicht genügend Herausforderungen.
(jfr)
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