Gamerinitiative "Keinen Pixel den Faschisten!"

Die eigene Community gegen Rechts absichern

09:57 Minuten
Als Fantasy- und Science-Fiction-Figuren verkleidete Spielerinnen und Spieler auf einer Spielemesse in Hamburg.
Sieht so ein "Safe Space" aus? Computerspielefans in Hamburg. © imago images / Andre Lenthe
Pascal Wagner im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Zu lange hat die Gamingszene Sexismus und Menschenfeindlichkeit unwidersprochen hingenommen. Das findet die Initiative "Keinen Pixel den Faschisten!" und will in Foren und auf Social Media nun verstärkt Hate Speech widersprechen und aufklären.
Was braut sich da zusammen in den Foren der Gamingszene? Nach den rechtsterroristischen Anschlägen von Christchurch und Halle fiel immer mehr Beobachtern ins Auge, wie an manchen Orten im Netz Sexismus, Rassismus oder Antisemitismus zum normalen Umgangston gehört – und unwidersprochen stehen bleibt.
Von einer "Gamifizierung des Terrors" war gar die Rede, weil sich die Täter von Halle und Christchurch in einem Umfeld radikalisierten, in dem über die Anzahl der Ermordeten gesprochen wurde, als würde es sich um die Jagd nach den nächsten Highscore eines Computerspiels handeln.
Braucht es also eine stärkere demokratische Zivilgesellschaft in der Gamerszene? "Keinen Pixel den Faschisten!" nennt sich eine Initiative, die genau dieses Engagement jetzt entwickeln möchte. Es ist ein Netzwerk verschiedener Projekte, die sich mit Spielen oder Spielecommunities beschäftigen – vom Blog, Podcast über Entwicklerstudios und Forschungskollektiven bis hin zu Streamerinnen.

"Widerrede gegen rechte Tendenzen"

"Was uns eint, ist genau diese Erkenntnis: Es braucht eine Widerrede gegen rechte Tendenzen, die wir alle schon einmal in stärkerer oder schwächerer Form wahrgenommen haben – in unseren eigenen Spielecommunities oder auf Social Media, wie zum Beispiel Twitter", sagt Pascal Wagner, einer der Gründer von "Keinen Pixel den Faschisten!" Eine solche Initiative sei im Grunde seit der rechten Gamergate-Kampagne im Jahr 2014 nötig gewesen. Es habe sich seitdem jedoch zu wenig getan.
Die teilnehmenden Projekte würden darauf achten, dass in ihrem eigenen Umfeld "einerseits kein Hass verbreitet wird, kein Antisemitismus, keine rassistischen Witze gemacht werden, kein Sexismus verbreitet wird." Und sobald sie auf entsprechende Kommentare stießen, würden sie Gegenrede formulieren. Die Initiative wolle so "die eigenen Communities absichern, zu ,Safe Spaces’ machen, indem man von Anfang an informiert, was man nicht akzeptiert, und wie man dagegen vorgehen kann, wenn dann Hass gepostet wird", sagt Wagner.
Zuletzt wolle man ein Informationsportal darstellen – mit Leitfäden, wie man subtilere Formen von Hass oder Rechtsextremismus erkennen könne, oder wie man sich wehren könne.

Das Gerede vom "unpolitischen Spiel"

Es gebe bereits positive Rückmeldung aus der Industrie oder von Publishern. In der Szene fehle jedoch noch immer ein Bewusstsein dafür, dass Spiele mit ihrer Geschichte oder ihrem Gameplay bestimmte Aussagen treffen würden, die problematisch sein könnten. Wenn ein Spiel zum Beispiel ein Mittelalter präsentiere, in dem nur weiße Menschen lebten, sagt Wagner.
Ein problematisches Spiel sei zum Beispiel auch "The Division". Als Elitesoldat bekämpfe man darin in einem dystopischen New York Plünderer – diese seien jedoch meist People of Color. Ein Thema, das bei Gesprächen mit dem Publisher "immer umschifft" und stattdessen gesagt werde, dass das Spiel keine politische Botschaft habe: "Dass man damit aber eben ein Feindbild aufmacht, ein relativ einfach zu greifendes, was dann auch unterbewusst weitergetragen und weiterverarbeitet wird, darauf muss man immer und immer wieder hinweisen – und das wollen wir unter anderem tun."
(sed)
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