Arbeitskämpfe schlichten statt Aliens abschießen
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Action und Kampfgetümmel - damit locken viele Games. Und wenn es dabei mal nicht um durchgeknallte Bösewichte, sondern um Arbeiteraufstand und Streiks ginge? Einige Entwickler versuchen bereits, mehr Politik in ihre Computerspiele zu schleusen.
In Games wird viel gekämpft und herumgeballert. Oft in Form von Kriegssimulationen, mit amoklaufenden Söldnern oder Aliens, die es auszuschalten gilt. Und wenn nicht gekämpft wird, wird aufgebaut und gemanagt: Farmen, Unternehmen, Städte oder gleich ganze Imperien.
Aber wo bleibt bei all der Action eigentlich der soziale Protest, der Arbeiterkampf, die Revolte von links? Der Streik und die Schlichtung als Herausforderung, die Spieler und Spielerinnen bewältigen müssen?
Straßenkämpfe der Unterdrückten
So etwas gibt es tatsächlich bereits. Rudolf Inderst, Professor für Game Design an der Internationalen Hochschule in München, verweist auf „Tonight We Riot". Dort prügelten sich die Spieler in der Rolle von Unterdrückten marodierend durch die Straßen.
„Wenn man mit den Entwicklern spricht, stellt man fest, dass es eigentlich eine ironisch überspitzte linke Machtergreifungsfantasie ist", sagt Inderst. "Die hat natürlich einen ernsten Hintergrund – es geht ja schließlich um Ausbeutung durch das System. Aber letztlich ist es überzeichnet – das ist einfach eine Karikatur.“
Dennoch verdeutlichen Spiele wie "Tonight We Riot“ aus Indersts Sicht den klassenkämpferischen Ansatz, um den es einigen Spieleentwicklerinnen und – entwicklern offenbar geht. So habe ein Entwickler in einem Interview geäußert, er habe „ein bisschen die Schnauze voll davon, dass viele der modernen Military-Shooter ein eher rechtskonservatives Weltbild vermittelten. Und dass es mal Zeit wird, dem etwas entgegenzusetzen.“
Solche Spiele seien durchaus so konzipiert, dass sie mit den üblichen Blockbustern der Szene mithalten könnten, was Unterhaltung und Spannung anbelange, sagt der Game-Experte.
Insgesamt befinden sich die Game-Entwickler seiner Beobachtung nach aber in einem Zwiespalt, denn zu viel ernste Politik solle nun auch wieder nicht Eingang in die Spiele finden. „Da zucken die Marketing-Experten gleich ein bisschen, denn man hat natürlich Angst vor Umsatzeinbußen, dass etwas ‚zu politisch‘ sein könnte.“
Noch kein Arbeitskampf in der Gamesbranche
Ein wenig Arbeitskampf täte der Games-Branche selbst vielleicht auch ganz gut. Denn viele Firmen setzen auf die Selbstausbeutung ihrer hochmotivierten Game-Entwickler, wenn Deadlines näher rücken. Die Überarbeitung bis zur Erschöpfung sei ein weltweites Problem in der Game-Branche, bestätigt Inderst.
Doch bislang entwickelten sich gewerkschaftliche Strukturen nur schleppend. Einzig die Game-Designer und –Programmierer in Frankreich seien bereits gut organisiert. In Deutschland gebe es mit einer deutschen Sektion der Vereinigung Game Workers Unite erste, aber noch recht zaghafte Versuche, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
(mkn)