Ganz ohne Piks

Von Achim Simon |
Prostatakrebs ist eines der häufigsten Krebsleiden bei deutschen Männern. Früh genug erkannt, ist er gut behandelbar. Neue Verfahren helfen, Prostatakrebs auch ohne Gewebeentnahme früh zu erkennen.
Mit über 500.000 Biopsien, die jedes Jahr in Deutschland bei Männern vorgenommen werden, gehört sie immer noch zu einem zentralen Diagnoseverfahren, um Prostatakrebs zu erkennen. Und das, obwohl die Biopsie nur zu etwa einem Drittel treffsicher ist, nicht gerade risikoarm und für den Patienten eine schmerzhafte Prozedur. Der Radiologe Dr. Patrick Zamecnik vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg erklärt die Hauptschwierigkeit:

"Man kann bei der Biopsie auch daneben stechen, in Anführungsstrichen, ja, das passiert schon in relevanter Anzahl der Patienten und was uns natürlich auch die Probleme bereitet und deswegen sind wir auch so daran interessiert, weitere Mittel zu entwickeln, um sozusagen die Biopsie -wenn überhaupt- dann nur als defintiv letztes Mittel zu verwenden."

Und Alternativen gibt es genug. Die Heidelberger Urologen Dr. Joachim-Ernst Deuster und Dr. Thomas Dill haben aus diesem Grunde einen Arbeitskreis "Biopsiefreie Diagnostik" gegründet, in dem führende Experten unterschiedlicher Fachrichtungen die Methoden diskutieren, die jetzt schon in der Praxis eingesetzt werden können. So arbeitet Joachim-Ernst Deuster in der Klinik für Prostata-Therapie mit zwei neuen Tests als Basis, die später noch mit Bild gebenden Verfahren ergänzt werden:

"Es gibt inzwischen die Möglichkeit Art und Anzahl zirkulierender Tumorstammzellen im Blut, also Tumorstammzellen, die aus der Prostata kommen, zu diagnostizieren, und das ist sozusagen die Basisuntersuchung, inzwischen gibt es noch weitere Tests, PCA3- Test, der uns Tumorzellen im Prostatasekret nachweist, also, qualitativ können wir schon sehr früh den Verdacht auf Prostatakrebs erhärten."

Insbesondere der PCA3-Urintest hat seine Verlässlichkeit in zahlreichen klinischen Studien bewiesen und wird bereits häufiger im klinischen Alltag eingesetzt. Der Urologe Prof.Arnulf Stenzl von der Uniklinik Tübingen erklärt warum:

"Dieser Test zeichnet sich vor allem durch eine relativ hohe Spezifität und eine relativ hohe Sensitivität aus, das heißt, es sind, wenn dieser Wert erhöht ist, die Fälle oder die Patienten, die dann ein Prostatakarzinom haben, deutlich höher als mit allen anderen Tests."

PCA3 ist ein genetischer Marker, der in krebsartigen Prostatagewebe verstärkt aufzufinden ist und zugleich - je nach Höhe des ermittelten Wertes - auch Informationen über die Größe des Tumors liefert.

Der zweite Test, der im Blut Tumorstammzellen nachweist, ist ein Verfahren, das von der Krebsspezialistin Katharina Pachmann an der Universität Jena entwickelt wurde. Vorteil dieser präzisen Blutanalyse: Selbst geringste Mengen an Tumor-zellen können hier festgestellt werden.

Auch mit Hilfe bildgebender Verfahren kann Prostatakrebs heute mit hoher Sicherheit erkannt werden. Insbesondere das Cholin-Pet/CT, eine Ganzkörper-Untersuchung mit einem Tomographen ist eine Möglichkeit, sowohl Tumorgewebe in der Prostata als auch Metastasen im Körper zu entdecken. Cholin ist ein Stoff, den wir auch mit der Nahrung aufnehmen, beispielsweise mit Eiern, und der in deutlich erhöhter Form in Tumoren jeder Art zu finden ist. Mit einer ausgefeilten Software kann nach dem Ganzkörper-Scanning der Tumor farblich und in dreidimensionaler Form dargestellt werden. Und das alles schmerzfrei und risikoarm für den Patienten. Für den Nukelarmediziner Dr. Heiner Bihl aus Stuttgart eine Methode mit großem Potential:

"Durch eine Pet-Untersuchung, insbesondere auch bei Prostata, ist es mit großer Wahrscheinlichkeit möglich, sich auf diese Ergebnisse zu verlassen, und dann eine weitere Biopsie zu vermeiden, bevor man zur entsprechenden Prostata-Therapie kommt."

Mit 1000 Euro ist das Pet-CT noch relativ teuer und wird von den Kassen auch nicht erstattet Es gibt daher noch eine kostengünstigere Bild-gebende Methode: Die Ultraschall-Elastographie. Dieses Verfahren macht sich die Tatsache zu Nutze, dass Tumorgewebe in der Prostata verhärtetet ist und sich somit klar vom gesunden und weicheren Gewebe unterscheiden lässt. Auch hier arbeitet eine spezielle Software im Hintergrund, die die Elastizität des Gewebes analysiert und anschließend im Ultraschallbild farblich darstellt.

Fazit: Alle diese Methoden zusammengenommen und auf jeden einzelnen Patienten modulförmig abgestimmt, können schon heute die Biopsie in vielen Fällen auf das Nötigste reduzieren und vielfach auch ersetzen.

www.labor-limbach.de

www.med.uni-jena.de

www.prostata-therapie.com