Garry Disher: "Stunde der Flut"
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Abschied von den Eltern
03:41 Minuten
Garry Disher
Übersetzt von Peter Torberg
Stunde der FlutUnionsverlag, Zürich 2022333 Seiten
24,00 Euro
Der Australier Garry Disher erzählt in seinem Kriminalroman „Stunde der Flut“ von einem Polizistensohn, der den Mord an seiner Mutter aufklären will und dabei auch gegen seinen eigenen Vater ermittelt.
Im Grunde ist Charlie Deravin am Ende. Er weiß es nur noch nicht. Auf den letzten Seiten von Garry Dishers neuem Roman „Stunde der Flut“ will er den Polizistenjob an den Nagel hängen. Seine Therapeutin rät ihm, vielleicht ins Coaching von ausgebrannten Polizisten überzuwechseln.
Eine Copnovel vom australischen Krimi-Meister
Garry Disher, der Krimi-Meister aus dem australischen Bundesstaat Victoria, hat eine Copnovel geschrieben, die wenig zu tun hat mit den bekannten Copnovels dieser Welt.
In diesem Polizeiroman geht es um Familie, Liebe und Abschied: Charlies Mutter ist vor 20 Jahren verschwunden. Ein leeres Auto blieb zurück und nie ganz eingestellte Beschuldigungen gegen Charlies Vater, auch er ein Detective – und verdächtigt, seine Frau umgebracht zu haben. Sein ältester Sohn Liam denkt so und die Polizei von Rosebud auch.
Buschbrände und ein neuer Virus
Charlie hat seinen Vorgesetzten geschubst, jetzt ist er suspendiert und hat Zeit zum Surfen und zum Grübeln. Er fürchtet, letztlich doch wie sein Vater und all die anderen alten Macho-Cops zu sein, die ihn großgezogen haben.
Er fürchtet, dass sein Vater doch schuldig ist, und nutzt die leere Zeit, um nachzuforschen: dem unheimlichen Mieter, den Liam und er aus dem Haus der Mutter warfen, bevor sie selbst verschwand. Er gräbt in alten Zeiten, während Feuer den Busch verschlingen und der Vater sich auf einer Kreuzfahrt mit dem neuen Virus ansteckt.
Ein Podcast-Pärchen, unverschämt forsch und jung, will Charlie interviewen, die alten Zeiten lebendig machen, und er will im Grunde vergessen. Aber er sucht. Und er findet.
Leichen unter einer Betonplatte
Am selben Tag wie seine Mutter ist auch ein kleiner Junge spurlos verschwunden. Jetzt tauchen ihrer beider Leichen unter einer Betonplatte auf. Die alten Zeiten, es ist wieder einmal die „Stunde der Flut“, und diesmal wird alles herausgeschwemmt: das Schweigen der Bullen, ihre Frauenverachtung, die alte korrupte Polizistenwelt, der Charlie nichts mehr entgegenstellen kann außer der nackten, traurigen Wahrheit.
Garry Disher hat mit "Stunde der Wut" ein melancholisches Buch geschrieben: über Väter und Söhne und Brüder, über die Schwierigkeiten der Liebe unter Schweigenden, über eine untergehende Welt mit sehr geringer Hoffnung auf bessere Zeiten.