Gasspeicher Rehden
Eduard Schmitke ist Geschäftsführer der astora GmbH, die Deutschlands größten Gasspeicher betreibt. © picture alliance / dpa / Mohssen Assanimoghaddam
Deutschlands größtes "Parkhaus" für Gas
07:47 Minuten

Der Winter kommt, und damit auch die Angst vor kalten Wohnungen. Um das zu verhindern, sollen Deutschlands Gasspeicher gefüllt werden, doch der größte wird das vorgegebene Ziel wohl knapp verfehlen. Ein Besuch in Rehden.
„Letztendlich sind wir so etwas wie Parkhausbetreiber“, sagt Eduard Schmitke, Geschäftsführer der astora GmbH, die Deutschlands größten Gasspeicher betreibt. Das Erdgas, erläutert er, werde nahe der Ortschaft Rehden, knapp 80 Kilometer südlich von Bremen, unterirdisch wie in einem Parkhaus gelagert.
„Wir haben nur die Pflicht, dieses Parkhaus zu betreiben, zu sichern, alles was Vorschriften und Normen betrifft, auch zu erfüllen. Die Parkplätze selber werden von unseren Kunden gemietet – aber das Erdgas, das bei uns in der Erde gelagert wird, gehört nicht uns, sondern unseren Kunden.“
Aktuell steht die astora GmbH als Teil des Energiekonzerns Securing Energy for Europe (Sefe) unter treuhänderischer Verwaltung der Bundesnetzagentur. Früher war das Unternehmen eine Tochter von Gazprom Germania.
Inzwischen prüft der Bund nach Medienberichten auch eine Verstaatlichung nach dem Vorbild der Übernahme des Gasimporteurs Uniper. An der Alltagsroutine für die rund 20 Mitarbeitenden auf dem Betriebsgelände des Gasspeichers ändert das nichts – täglich kommt hier Erdgas aus verschiedenen Regionen der Welt an.
Norwegen ist jetzt wichtigster Gaslieferant
Noch im vergangenen Jahr bezog Deutschland mehr als die Hälfte seines Gasbedarfs aus Russland, dieser Anteil ist inzwischen auf deutlich unter zehn Prozent gesunken. Norwegen hat die Rolle des größten Gaslieferanten für Deutschland übernommen, größere Mengen stammen außerdem aus den Niederlanden und Belgien.
Zwei Pipelines enden auf dem Gelände des Gasspeichers in Rehden, am sogenannten Netzkopplungspunkt. Von hier aus wird das Erdgas über ein für den Laien eher verwirrendes Geflecht von Leitungen und Rohren über das gesamte Gelände verteilt.
Unterirdische Erdgasspeicher sind komplexe Systeme, sie zu betreiben erfordert eine Menge Technik und Knowhow. Es gibt sogenannte Kavernenspeicher; dort werden unterirdische Hohlräume in Salzstöcken genutzt, um Erdgas unter Druck zu lagern. Eine zweite Variante sind sogenannte Porenspeicher, erläutert Betriebsleiter Arkadius Binia:
„Größtenteils sind das ehemalige Erdgaslagerstätten, die leergefördert worden sind. Man hat das Gas aus der Erde durch Produktion herausgenommen, und dieser Vorgang wird umgekehrt, indem man in den Porenraum des Gesteins Erdgas wieder mit hohem Druck einpresst.“
Zwei Kilometer unter der Erde
Genau das geschieht in Rehden. Aus dem Dolomitgestein der Region wurde seit den 1950er-Jahren Erdgas gefördert. Nachdem die Lagerstätten erschöpft waren, baute man die Förderanlagen um, 1993 ging dann der Erdgasspeicher in Betrieb.
Der sogenannte Speicherhorizont, also die Gesteinsschicht, in der das Gas lagert, befindet sich in zwei Kilometern Tiefe und erstreckt sich über eine Fläche von drei mal sieben Kilometern.
Um das angelieferte Erdgas in den Boden zu bekommen, muss es gehörig unter Druck gesetzt werden. Das übernehmen die Verdichter. Überall auf dem Betriebsgelände ist mehr oder weniger laut das Geräusch der Turbinen zu hören, die wie in einem Flugzeugtriebwerk das Gas in den Pipelines beschleunigen und so den Druck erhöhen.
Aktuell liegt der Füllstand des Speichers bei knapp 84 Prozent, deshalb sind die Booster-Verdichter derzeit in Betrieb. In den Gebäuden herrscht ohrenbetäubender Lärm – auf einen Druck von maximal 280 bar wird das Erdgas hier verdichtet.
Ein Speicher reicht für eine Stadt wie Hamburg
Von den Verdichtern führen die Rohrleitungen direkt zu den insgesamt 16 Bohrstellen – hier ist der Lärmpegel wieder deutlich erträglicher. Über diese Bohrstellen wird das Gas bei Bedarf auch wieder aus dem Speicher herausgefördert und in die großen Pipelines des öffentlichen Gasnetzes eingespeist, über das es letztlich zu den Verbrauchern gelangt.
Bis zum ersten November muss eigentlich – so will es das Gasspeichergesetz – auch der Erdgasspeicher Rehden zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein. Das werde wohl nicht ganz funktionieren, meint astora-Geschäftsführer Eduard Schmitke:
„Wenn unsere Händler, also die Lieferanten von Erdgas, weiterhin so das Gas anstellen, dann wird der Speicher Rehden zum ersten November wahrscheinlich bei 92 oder 93 Prozent liegen. Das heißt, wir verfehlen ein bisschen unser Ziel. Jedoch sollte man darauf gucken, dass dieser Speicher auch riesengroß ist. Wir haben 3,9 Milliarden Kubikmeter unten unter der Erde. Und diese Menge reicht zum Beispiel, um eine Stadt wie Hamburg den kompletten Winter über zu versorgen.“
Ganz anders sieht es für den zweiten Speicher aus, den das Unternehmen im ostfriesischen Jemgum an der Ems, ein paar Kilometer südlich von Emden, betreibt. Hier liegt der Füllstand aktuell bei über 98 Prozent.
Im Durchschnitt liegt der Gasspeicherstand in den insgesamt 47 derzeit in Betrieb befindlichen deutschen Untertage-Gasspeichern nach Angaben der Bundesnetzagentur bei fast 96 Prozent, also schon jetzt über der Vorgabe des Wirtschaftsministeriums für den Stichtag ersten November.