Gastro- und Hotelbranche in Sachsen

Eine Dampferfahrt soll potenzielle Azubis überzeugen

07:15 Minuten
Illustration: Ein Kellner trägt ein Tablett mit Wein und Gläsern.
Im Service und in der Küche fehlen vor allem jüngere und ganz junge Mitarbeitende. Sachsen will das mit der Aktion "Tourismustalente gesucht!" ändern. © imago / Ikon Images / Neil Webb
Von Alexandra Gerlach |
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Erst fehlten die Gäste wegen Corona, nun das Personal: Viele Hotels und Restaurants suchen händeringend nach Servicekräften und anderen Mitarbeitern. In Sachsen geht der Hotel- und Gaststättenverband nun ungewöhnliche Wege, um Azubis anzulocken.
Mit der Aufhebung der coronabedingten Einschränkungen ist auch das Geschäft der Hoteliers und Gastronomen wieder voll angelaufen. Doch fast alle klagen über zu wenig Personal. Sowohl im Küchenbereich als auch im Service fehlen vor allem jüngere Kräfte. 2020 wurden in Sachsen rund 900 Ausbildungsverträge in diesem Bereich geschlossen, 2019 waren es hundert mehr.
Die Gastronomie müsse sich wandeln, sagt Axel Klein, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Und: Sie sei bereits dabei. Ein Beispiel dafür ist die Dampferfahrt mit anschließendem Drei-Gänge-Menü in einem Landgasthof, zu der er gemeinsam mit dem Landestourismusverband Sachsen Jugendliche eingeladen hat. Titel der Aktion: „Tourismustalente gesucht!“ Spielerisch locker will Klein die sieben Berufsbilder der Gastrobranche präsentieren. Ein ganz neuer Beruf sei auch dabei - und die übrigen wurden mit neuen Ausbildungsinhalten modernisiert. So sei etwa der klassische Restaurantfachmann auf den Veranstaltungsbereich erweitert worden.

Netzwerken auf dem Raddampfer

Rund 35 Jugendliche der Klassen 8 bis 11 sind mit ihren Eltern nach Meißen gekommen, um sich zu informieren. Die Erwartungen sind unterschiedlich, viele wollen erst einmal einfach gucken.
Die 17-jährige Alexandra aus Dresden hingegen hat bereits drei Praktika in der Hotellerie absolviert, alle drei Häuser gehörten zum hochklassigen Segment der Branche. Die Rolle der Gastgeberin hat ihr großen Spaß gemacht. Zu den üblichen Arbeitszeiten auch an Wochenenden und Feiertagen sagt sie: „Ich glaube, das ist für mich kein großes Problem, da mir das so viel Spaß macht.“
An Bord des historischen Raddampfers werden Drinks von Auszubildenden gemixt und erste Kontakte geknüpft. Dehoga-Chef Klein hat die Parole ausgegeben, alle sollten netzwerken – mit den Vertretern aus Hotellerie, Tourismus, Industrie- und Handelskammer sowie einigen Gastronomen aus der Region, die mit an Bord sind.

Einfach mal servieren - probeweise

„Wir müssen gucken, dass wir das, was wir an attraktiven Berufen haben, mehr nach außen tragen, wir müssen mehr auf Leute zugehen", so Klein. Auch die Ausbildungsvergütungen sollen ab 1. August deutlich erhöht werden. Zum 1. April seien sie schon einmal erhöht worden: „Das ist ein Steinchen von vielen.“
Zu Beginn der Sommersaison mache sich in der Hotel- und Gaststättenbranche Zuversicht breit, hatte der Branchenverband Dehoga vor wenigen Tagen mitgeteilt. Doch die Preissteigerungen infolge des Krieges in der Ukraine machten vielen Gastronomiebetrieben zu schaffen.
Lars Schwarz, Präsident des Dehoga-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, spricht von einer „Ausnahmesituation“ nach zweieinhalb Jahren Pandemie. Zudem hätten viele Betriebe nach der Coronazeit mit teilweise monatelanger „Zwangsschließung“ kaum noch Eigenkapital. Manche hätten Darlehen aufnehmen müssen. „Das heißt, wir haben keine Reserven. Wir sind jetzt zum Erfolg verdammt.“
Alle hofften natürlich, dass nur wenige Betriebe aufgeben müssen. „Aber es werden einige sein“, so Schwarz. Weitere Schwierigkeiten bereite der eklatante Personalmangel. Dabei treffe das Vorurteil von schlechter Bezahlung „schon lange“ nicht mehr zu. „Die Betriebe zahlen mittlerweile richtig gut.“ Das müssten sie auch, gerade für Fachkräfte.
Im Landgasthof „Zum Ross“ im Elbweindorf Diesbar können die Jugendlichen an diesem Tag reinschnuppern in die Gastronomie: Chefin Gabriele Dörner lässt sie probeweise Zimmer herrichten und im Restaurant einzelne Gänge servieren. Aktuell gibt es hier keine Auszubildenden. Das Stammpersonal ist auch nach der Coronapandemie geblieben. Ein großer Teil werde aber in den nächsten Jahren in Rente gehen. „Da müssen wir aufstocken.“

"Wir haben einen ganz tollen Beruf"

Die gelernte Hotelfachfrau betreibt das Gasthaus in vierter Generation. Sie findet, dass ihr Handwerk zu Unrecht ein schlechtes Image hat. Man dürfe nicht immer nur sehen, dass man an Wochenenden und an Feiertagen arbeiten müsse. „Wir haben einen ganz tollen Beruf, wir dürfen mit Menschen arbeiten, wir dürfen für Menschen da sein, wir dürfen kreativ sein.“ Allein in der Küche könne man eine Menge auf die Beine stellen, wenn man ein paar Ideen habe und offen dafür sei, für andere da zu sein.
Am Ende des Sonntagsausfluges an die sächsische Weinstraße ist die Resonanz der Jugendlichen weitgehend positiv. Eine Jugendliche sagt, ihr habe es sehr gut gefallen: „Ich habe auch ein Dessert zum Gast gebracht, das war sehr schön.“ Einem Jugendlichen gefiel besonders, Getränke zu mixen. Er sagt, er könne sich vorstellen, in der Gastronomie zu arbeiten.

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