Gauck in Tansania

Ein demokratisch gereifter Staat

Blick auf das Business-Viertel von Daressalaam, Tansania.
Blick auf das Business-Viertel von Daressalaam, Tansania. © picture-alliance/ dpa - epa Sarah Elliott
Von Moritz Behrendt |
Bundespräsident Joachim Gauck besucht Tansania. Das Land macht zaghafte Fortschritte in Sachen Menschenrechte und jüngst entdeckte Gasvorkommen könnten helfen, die Lebensverhältnisse zu verbessern. Doch nicht alle Entwicklungen sind so rosig.
Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme – das ist ein Grundsatz der Afrikanischen Union und auch der Ostafrikanischen Gemeinschaft. Sie umfasst die fünf Staaten Kenia, Tansania, Uganda, Ruanda und Burundi. Ihr Ziel ist eine verstärkte politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Auf seiner fünftägigen Reise nach Tansania will Bundespräsident Gauck die afrikanischen Politiker ermutigen, auf diesem Weg weiter zu gehen. Er wird eine Rede vor dem Parlament der Ostafrikanischen Gemeinschaft in Arusha halten und mit Richtern des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Völkerrecht sprechen.
Der Gerichtshof ermöglicht es allen Afrikanern, gegen ihre Staaten vorzugehen, wenn ihre Menschenrechte verletzt werden, zumindest in der Theorie. In der Praxis sieht der kongolesische Jurist Balingene Kahombo aber noch Defizite:
"Es gibt noch viele Staaten, die das Protokoll zur Gründung des Gerichtshofs nicht ratifiziert haben, andere haben ratifiziert, erlauben es aber bislang nicht, dass Einzelpersonen Klage gegen sie einreichen. Das größte Problem ist aber, dass viele Afrikaner weder wissen, wie das Gericht funktioniert, noch dass es überhaupt existiert und helfen kann, wenn Menschenrechte verletzt werden."
Lobenswerte demokratische Reife
Zu unbekannt und allzu oft nicht zuständig – der Afrikanische Gerichtshof für Menschenrechte wird aber nicht dauerhaft so schwach bleiben, hofft Kahombo:
"Ich bin optimistisch. Der Kontinent erlebt derzeit eine Stärkung afrikanischer Institutionen, die sich den Problemen der Afrikaner annehmen. Das ist positiv, aber die Zivilgesellschaft muss weiter Druck machen, sie hat das größte Interesse an den Menschenrechten und einer überregionalen Rechtsprechung in Afrika."
In Daressalam wird Bundespräsident Gauck vom tansanischen Präsidenten Jakaya Kikwete empfangen. Kikwete steht am Ende seiner zweiten Amtszeit und darf bei der im Herbst anstehenden Wahl nicht mehr antreten. Anders als manch anderer Staatschef in Afrika hat er keine Anstalten gemacht, die Verfassung zu ändern, um an der Macht zu bleiben. Diese demokratische Reife dürfte der Bundespräsident würdigen.
In Fragen der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten steht Tansania im afrikanischen Vergleich einigermaßen gut da. Gerade im Wahljahr ist allerdings auch mit Rückschritten zu rechnen – aktuell erlebt das Land gerade seinen eigenen Karikaturenstreit: Die im Nachbarland Kenia ansässige Wochenzeitung "The East African" hatte Kikwete auf einem Sofa liegend gezeigt, während er von leichtbekleideten Frauen mit Trauben gefüttert wird. "Vetternwirtschaft, Inkompetenz und Korruption" stand unter der Karikatur. Kurz nach der Veröffentlichung wurde "The East African" in Tansania verboten.
Noch ist Tansania von der Landwirtschaft abhängig
Korruption und die mangelhafte Infrastruktur behindern auch die Wirtschaft in Tansania. Das Land zählt weiterhin zu den ärmeren in Afrika, allerdings ist die Wirtschaft in den letzten Jahren kräftig gewachsen - und tansanische und internationale Unternehmen erhoffen sich einen weiteren Schub: Große Erdgasvorkommen, die vor der Küste gefunden wurden, könnten Tansania zu einem Exporteur von Flüssiggas machen. Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der Deutschen Wirtschaft, ist gedämpft optimistisch:
"Die spannende Frage ist, was macht das Land daraus und wie gelingt es, erstens einigermaßen zügig jetzt in die Förderung zu kommen und zweitens, wie gelingt es, aus diesen Gasfunden ein Stück auch Industrialisierung zu machen, also nicht nur einfach Gas aus dem Boden zu holen, sondern dieses umzusetzen. Das ist die große Chance für das Land, für die Industrialisierung des Landes."
Noch ist Tansania stark von der Landwirtschaft abhängig. In diesem Sektor werden mehr als ein Viertel des Inlandsprodukts erwirtschaftet. Zweitwichtigster Wirtschaftszweig ist der Tourismus, mit Sansibar, dem Kilimandscharo und der Serengeti als den herausragenden Zielen.
Im Serengeti-Nationalpark wird Bundespräsident Gauck zum Abschluss seiner Reise ein von der Deutschen Zoologischen Gesellschaft errichtetes Kontrollzentrum gegen die Wilderei übergeben. Laut Tierschützern werden in keinem anderen afrikanischen Land so viele Elefanten wegen ihres Elfenbeins getötet wie in Tansania.
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