Afrikas Hoffnungsträger mit Problemen
Vier Tage lang besucht Bundespräsident Joachim Gauck Nigeria. Begleitet wird er von Wirtschaftsvertretern – das Land gilt als vielversprechender Handelspartner. Doch der Verfall des Ölpreises und der Kampf gegen den islamistischen Terror setzen Nigeria zu.
Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, dessen größte Volkswirtschaft – und eines mit enormen Schwierigkeiten:
"All we are saying: Bring back our girls!"
Demonstranten in Lagos demonstrieren für 219 Schulmädchen, die sich seit fast zwei Jahren in der Gewalt der Terrororganisation Boko Haram befinden. Die Extremisten haben dem sogenannten Islamischen Staat die Treue geschworen und kontrollieren im Norden Nigerias und angrenzenden Staaten ganze Regionen. Tausende Tote gehen auf ihr Konto.
Nigerias vor einem Jahr gewählter Präsident Bohari erklärt unterdessen in einem Interview mit der BBC, die Armee habe Boko Haram so gut wie besiegt. Ein Befund, den viele Beobachter nicht teilen. Die Mädchen bleiben verschwunden, Boko Haram greift weiter Dörfer an. Joachim Gauck trifft den Präsidenten und besucht ein Lager für Nigerianer, die aus dem terrorisierten Nordosten nach in den ruhigeren Süden geflohen sind. Mehr als zwei Millionen haben ihre Häuser verlassen. Der Kampf gegen Terrorismus kostet horrend viel Geld - und das in einer Zeit, in der gerade dies knapp wird.
"Wir haben die Herausforderungen diskutiert, die sich aus dem Verfall des Ölpreises ergeben" – so die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, Anfang des Jahres bei ihrem Besuch in Nigeria. Seit die Erdölpreise weltweit deutlich sinken, verdient das Land drastisch weniger mit dem Verkauf seines wichtigsten Exportguts. Inzwischen verhandelt Nigeria mit der Weltbank über Milliardenkredite. Dennoch ist das Land in den Augen etlicher deutscher Unternehmen nach wie vor ein vielversprechender Handelspartner. Im Flieger des Präsidenten reisen auch Manager aus Deutschland mit.
Kurzbesuch in Mali
Nach vier Tagen in Nigeria landet Joachim Gauck am Freitag für wenige Stunden in Mali, ebenfalls Westafrika. Dort will er unter anderem ein Feldlager der Bundeswehr besuchen. Vor fast genau zwei Jahren hatte Gauck unter anderem in einem Interview mit diesem Sender gefordert, Deutschland solle mehr Verantwortung in der Welt übernehmen:
"Es steht an der Seite der Unterdrückten, es kämpft für Menschenrechte. Und in diesem Kampf für Menschenrechte, oder für das Überleben unschuldiger Menschen, ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen."
Vor Kurzem hat eine Mehrheit im Bundestag das Mandat für bis zu 650 Bundeswehr-Soldaten beschlossen. Sie sollen im ebenfalls terrorerschütterten Norden Malis Informationen sammeln, Aufklärung betreiben. Interessant wird dabei auch sein, ob und wie Gauck seine Haltung bekräftigt, Deutschland solle darüber nachdenken, den Zuzug von Flüchtlingen zu begrenzen.
"Und deshalb bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es in der Bemühung, möglichst vielen helfend zur Seite zu stehen, begründet sein kann, dass man nicht allen hilft."
So Gauck Ende vergangener Woche im Radiosender WDR5. Mali gilt als Land, durch das viele Flüchtlinge Richtung Norden reisen. Auf dem Weg nach Europa.