Gaza-Konflikt

Nur Sekunden, um sich zu schützen

Israelische Soldaten verlassen mit ihrem Gepäck den Gaza-Streifen.
Zurück aus dem Einsatz: Israelische Soldaten verlassen den Gaza-Streifen © dpa / Jim Hollander
Von Arkadiusz Luba |
Er ist einer von mehreren tausend Reservisten, die Israel für den Einsatz am Gaza-Streifen mobilisiert hatte. Nun ist Eliran Ifrach zurück aus Gaza und spricht über die kleinen und großen Dinge, die ihn glücklich machen.
"Willkommen. Endlich bist du zurück!", freut sich die Mutter des jungen Offiziers und bricht beinah in Tränen aus, als ihr Sohn pünktlich zum Schabbatessen am vergangenen Freitagabend durch die Wohnungstür kommt. Er geht gerade, ruhig, mit konzentriertem Blick; seine Uniform hat er ausgezogen, die Armeestiefel gegen glänzende Lederschuhe eingetauscht. Nach den Umarmungen mit der Mutter und den Geschwistern, nähert er sich dem gedeckten Tisch.
Eliran Ifrach, 25, marokanischer Herkunft, hat seinen ersten größeren Kriegseinsatz hinter sich. Drei Wochen lang war er in der Mitte des Gaza-Streifens für die Kommunikation zwischen den Kommandanturen verantwortlich. Zusammen mit anderen Offizieren sorgte er dafür, dass die Befehle rechtzeitig rausgeschickt wurden. Er saß in einem klimatisieren Büro. Anders als einige seine Kameraden musste er nicht in den Straßen des Gazastreifens kämpfen. Ab und zu hörte aber auch er in seiner geschützten Kommandozentrale Schüsse oder Raketeneinschläge. Über Angst will Eliran nicht sprechen, er freut sich nur über seine Rückkehr:
"Natürlich habe ich meine Verwandten vermisst und habe versucht, sie so oft wie möglich zu sprechen. Aber während man in 'nem Einsatz ist, will man nicht zurück nach Hause, solange man denkt, die Aufgabe sei noch nicht erfüllt. Man will dienen und die besten Leistungen einbringen. Zu Hause wäre man nutzlos."
Das Leben in Israel ist vom Militär geprägt. Direkt nach dem Schulabschluss müssen alle jüdischen Israelis zum Wehrdienst, Männer für drei, Frauen für zwei Jahre. Eliran war insgesamt fünf Jahre beim Militär, weil er sich für die Offiziersschule entschieden hatte. Als Offizier könne er seinem Land mehr danken, sagt er. Und: Er übernimmt gerne Verantwortung – selbst im Kriegseinsatz. Vor zwei Jahren war er schon einmal an der Front im Gazastreifen.
Unverletzt heimgekehrt
"Während des Einsatzes denkt man mehr an Dinge, die man zu tun hat, um Erfolg zu erzeugen. Das allein steuert einen. Nur wenn man Zeit hat, denkt man nach und fürchtet ein bisschen."
Während Eliran entspannt und seine Gefühle ordnet, serviert seine Mutter das Schabbatessen. Sie ist glücklich, dass ihr Ältester unverletzt da ist:
"Ich hatte Angst; die gesamte Situation...; und nicht zu wissen, wohin genau er geht. All die Fernsehnachrichten haben mich nicht beruhigt. Das ist ein Krieg und wir wussten nicht, was mit unserem Sohn passiert."
Das wusste Eliran auch nicht. Ein Anruf – und sein normales Leben war beendet. Eigentlich studiert er Übertragungstechnik und Kommunikation und bereitete sich gerade auf eine Prüfung vor. Nur wenige Stunden hatte er Zeit, Tasche zu packen und sich beim Militärstützpunkt zu melden.
"Sie sagen, 'wir haben einen Platz für dich und du muss jetzt kommen.' So hast du keine Zeit für Abschiedsfeste. Du sagst «tschüß» zu den Eltern und Geschwistern, packst die Tasche und gehst. Auf dem Weg denkt man an viele Dinge: wie wird es sein, was werde ich machen müssen. All diese Fragen haben nicht wirklich eine Antwort. Man will das so schnell wie möglich machen, da man weiß, man wird gebraucht. Ich war stolz und glücklich als ich gehen musste."
Mit der Gitarre für den Frieden
Und dann wird Eliran sichtlich nachdenklich. Er spricht von der Solidarität israelischer Bürger und ihrer Unterstützung für die Soldaten, denen sie ihr Leben zu verdanken hätten:
"Wenn man so nah an den Kibbuzen ist, versteht man die unglaubliche Situation viel besser. Man hat hier zum Beispiel nur fünfzehn Sekunden, um sich vor den Raketen zu schützen. Ich hatte das Gefühl, wir machen eine gute Sache. Wir gingen nicht in den Krieg, um jemanden einfach zu töten oder ein Land zu erobern, aber um Frieden zu erreichen.."
Auf Facebook postete Eliran einige Fotos von seinem Einsatz. Auf einem posiert er mit einem Gitarrenkoffer. Ein Freund kommentierte es mit den Worten 'Spiele nur den Frieden!'
"Das ist ein netter Wunsch, besonders wenn man zu so einem Krieg geschickt wird. Jeder Israeli, den ich kenne, wünscht sich den Frieden, und nicht den Krieg. Als ich ein Kind war, sang ich viele Friedenslieder. Es ist wie eine Tradition, wenn ein Kind geboren wird, sagt die Mutter zu ihm, ich wünschte, du wirst kein Soldat, wenn du erwachsen wirst."
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