"Würgen und Halstechniken sind strikt verboten"
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Der Europarat kritisiert die bei einer Abschiebung nach Afghanistan angewendeten Methoden. Der Vize-Chef der GdP, Bundespolizist Jörg Radek, sagt, was da geschildert werde, entspreche nicht den Vorschriften. Er fügt an, die Politik erhöhe den Druck.
Als im vergangenen August 46 Menschen nach Afghanistan abgeschoben wurden, waren neben rund 100 Polizisten auch drei Beobachter des Europarats an Bord. Sie gehören dem Anti-Folter-Komitee (CPT) des Europarats an und haben nun ihren Bericht vorgestellt.
Das CPT hat die Aufgabe, die Einhaltung der Europäischen Anti-Folter-Konvention zu überwachen. Die drei Beobachter schildern, die Migranten seien friedlich gewesen – mit Ausnahme zweier Männer, die sich allerdings heftig gewehrt hätten. Den Beobachtern zufolge wurden sie mit Hand- und Fußschellen sowie Klebeband gefesselt und von mehreren Polizisten gewaltsam in die Maschine befördert.
Unangemessenes Vorgehen
Als ein Migrant auch im Flugzeug seinen Widerstand fortgesetzt habe, sei er von sechs Polizisten festgehalten worden, heißt es in dem Bericht. Ein Beamter habe ihm einen Arm gegen den Hals gedrückt, was seine Atemfähigkeit eingeschränkt habe. Ein anderer Polizist habe dem am ganzen Körper mit Klebeband Gefesselten mehrmals für längere Zeit die Genitalien gequetscht.
Diese Methode "zielt eindeutig darauf ab, durch Zufügung starker Schmerzen kooperatives Verhalten zu erreichen", kritisierten die Experten des Europarates. Diese Methoden seien "unverhältnismäßig und unangemessen", so die Experten weiter.
Sie fordern, bei der Abschiebung von Flüchtlingen solchen Methoden abzuschwören. Deutschland müsse "sofort Maßnahmen ergreifen", um die Anwendung dieser Techniken zu unterbinden.
Teilnahme an Abschiebungen freiwillig
Der Bundespolizist und stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, erklärt im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, jeder Kollege müsse sich selbst fragen, ob er für Abschiebungen geeignet sei.
Die Situation bei einer Abschiebung sei schwierig, erläutert Radek. Polizisten, die Abschiebeflüge begleiten, müssten deshalb auch eine dreiwöchige Spezialausbildung absolvieren. Dort würden sie unter anderem lernen, mit dem Stress umzugehen.
Ob die Beamten, die am 15. August 2018 mit nach Kabul flogen, dieses Seminar besucht haben, wisse er nicht, sagt Radek. Doch könne es aufgrund des Personalmangels gut sein, dass dies nicht der Fall gewesen sei.
Generell sei die Teilnahmen an Abschiebungen für Beamten der Bundespolizei freiwillig. "Dafür wird nicht Schlage gestanden", fügt Radek hinzu, auch weil die Arbeitsbedingungen bei Abschiebeflügen meist schlecht seien.
Für die Einsätze gelte das Motto "Keine Rückführungen um jeden Preis". Allerdings, so erklärt Radek, wachse der Druck der Politik, Abschiebungen durchzusetzen.
Strikte Vorgaben bei Abschiebungen
Radek sagt, er könne sich zwar nicht zu dem vom Europarat kritisierten Flug äußern. Doch entsprächen die vom CPT geschilderten und kritisieren Methoden nicht den Vorgaben der Bundespolizei.
"Es gibt ganz klare Vorschriften, welche Festhaltegriffe erlaubt sind. Es gibt ein Einsatzhandbuch, aus dem deutlich hervorgeht, dass Würgen und Halstechniken strikt verboten sind", betont Radek
(rzr)