Geburtsstunde der Germanen
Wald und Wetter als Verbündete: im Herbst des Jahres neun nach Christus wurde das römische Heer mit Statthalter Varus in der Nähe von Osnabrück vernichtend geschlagen. Der Hauptstratege des Triumphes wurde unter dem Namen "Hermann" in Deutschland lange Zeit verehrt. Nach der Schlacht begann der Rückzug der Römer von Rhein und Elbe.
Jahre vor der christlichen Zeitenwende hatte sich das römische Imperium bis an die Grenzen des Rheins ausgedehnt. Schließlich rückten die römischen Armeen noch weiter vor und überquerten sogar die Elbe. Die Römer setzten bei diesem Vorstoß auf Quinctilius Varus, einen erfahrenen Statthalter. Doch im Herbst des Jahres 9 wurde er mit seinen Truppen auf dem Gebiet des heutigen Kalkriese, nahe Osnabrück von den Germanen überraschend angegriffen. Der Hergang der Schlacht, so Stefan Burmeister, Historiker am Museum Kalkriese, lässt sich nur ungefähr rekonstruieren.
"DIE Varusschlacht im eigentlichen Sinne gab es so gar nicht. Allein aus den historischen Quellen wissen wir schon, dass sich das Kampfgeschehen über drei, vier Tage, auf jeden Fall über drei Tage hinzog, und die Römer auch immer wieder weiterzogen. Also, zum Schluss mag das sicherlich so ein Marsch der Elenden gewesen sein, aber die Römer haben sich immer weiter bewegt und auf ihrer Strecke, auf ihrem Marsch ist es fortlaufend zu Kampfhandlungen gekommen."
Möglich war der Sieg nur, weil die Germanen einen Verbündeten hatten, der die römische Kriegsstrategie bestens kannte: der Cherusker Arminius. Er hatte lange Jahre im römischen Militär gedient und höchste Ränge bekleidet. Warum er sich dann aber gegen Rom wendete, ist bis heute nicht geklärt. Dass er auf Kriegsbeute hoffte, ist unwahrscheinlich: als Statthalter Roms hätte er ungleich reicher werden können. Eher kann man annehmen, dass er sich am Ende seiner Karriereleiter sah. So wechselte er wieder auf die Seite der Germanen. Seine Motive, meint die Historikerin Heidrun Derks, seit Jahren mit der Schlacht befasst, waren jedenfalls nicht ganz so selbstlos wie man es lange Zeit hatte glauben wollen.
"Wie großherzig war denn da sein Hinterhalt, hatte er da vielleicht noch ganz andere Interessen als jetzt nur das, was dann später immer propagiert wurde, die Befreiung Germaniens von den Römern – hatte er da wirklich eigene Interessen auch an der Macht? Und so würde ich sagen, wir bewerten das Bild heute nicht gänzlich neu, wir sehen es einfach viel differenzierter und sind aufgrund dessen auch eher bereit, durchaus egoistische Motive in dieser Tat zu sehen."
Auf jeden Fall war Arminius ein begnadeter Stratege. Er lenkte die Römer von ihrer ursprünglichen Route ab und postierte die ihm unterstehenden germanischen Truppen so geschickt, dass der Gegner in eine tödliche Falle tappte. Doch Kriegskunst allein, so der Historiker Alexander Demandt, verhalf dem Überläufer nicht zu seinem Triumph.
"Seine wichtigsten Verbündeten waren der Wald und das Wetter, die es den Römern unmöglich machten, ihre Überlegenheit zu entfalten. Die kilometerlange Marschkolone der Legionäre wurde von der Seite angegriffen. Vernichtet wurden drei Legionen und ihre Hilfstruppen. Varus nahm sich das Leben. Mommsen schätzt die römischen Verluste auf 20.000 Mann. Den Ort des Überfalls hatte ja bereits Mommsen durch Münzfunde 1885 identifiziert, aber keinen Glauben gefunden. Zur Identität von Kalkriese mit dem Hauptkampfplatz der Varusschlacht gibt es bisher aber keine seriöse Alternative."
Lange Zeit wurde die Varusschlacht als nationaler Triumph gefeiert. Mit entsprechendem Eifer suchten die Wissenschaftler nach dem genauen Austragungsort. Insgesamt 700 Vorschläge wurden gemacht, doch plausibel begründen konnte man die wenigsten. Nirgendwo ließen sich materielle Beweise aus dem Boden graben. Ausgenommen von diesem Dilemma war allein Kalkriese. Heidrun Derks:
"Wir haben hier über 5.000 archäologische Funde, Militaria, Ausstattung von Legionären und allem, was dann zu so einem Heereszug dazugehörte. Also, die Römer sind hier in voller Gänze wirklich in einem Umfang und einer Masse nachgewiesen, das gibt es an gar keinem anderen Ort auf dieser Welt."
Lange Zeit galt die Varusschlacht als Geburtsstunde des Volkes der Germanen, die bis dahin in einzelnen, voneinander isolierten Stämmen gelebt hatten. Tatsächlich zerfiel das Bündnis nach der Schlacht aber bald wieder. Das Heer der Römer jedoch hatten sie so vernichtend geschlagen, dass diese nicht mehr daran dachten, die Germanen unterwerfen zu wollen. Ihre eroberten Gebiete gaben die Römer zwar nicht gleich auf, wie man bis ins 19. Jahrhundert hinein behauptete, aber nach weiteren kleineren Scharmützeln zogen sie sich aus den meisten Teilen Germaniens endgültig zurück.
"DIE Varusschlacht im eigentlichen Sinne gab es so gar nicht. Allein aus den historischen Quellen wissen wir schon, dass sich das Kampfgeschehen über drei, vier Tage, auf jeden Fall über drei Tage hinzog, und die Römer auch immer wieder weiterzogen. Also, zum Schluss mag das sicherlich so ein Marsch der Elenden gewesen sein, aber die Römer haben sich immer weiter bewegt und auf ihrer Strecke, auf ihrem Marsch ist es fortlaufend zu Kampfhandlungen gekommen."
Möglich war der Sieg nur, weil die Germanen einen Verbündeten hatten, der die römische Kriegsstrategie bestens kannte: der Cherusker Arminius. Er hatte lange Jahre im römischen Militär gedient und höchste Ränge bekleidet. Warum er sich dann aber gegen Rom wendete, ist bis heute nicht geklärt. Dass er auf Kriegsbeute hoffte, ist unwahrscheinlich: als Statthalter Roms hätte er ungleich reicher werden können. Eher kann man annehmen, dass er sich am Ende seiner Karriereleiter sah. So wechselte er wieder auf die Seite der Germanen. Seine Motive, meint die Historikerin Heidrun Derks, seit Jahren mit der Schlacht befasst, waren jedenfalls nicht ganz so selbstlos wie man es lange Zeit hatte glauben wollen.
"Wie großherzig war denn da sein Hinterhalt, hatte er da vielleicht noch ganz andere Interessen als jetzt nur das, was dann später immer propagiert wurde, die Befreiung Germaniens von den Römern – hatte er da wirklich eigene Interessen auch an der Macht? Und so würde ich sagen, wir bewerten das Bild heute nicht gänzlich neu, wir sehen es einfach viel differenzierter und sind aufgrund dessen auch eher bereit, durchaus egoistische Motive in dieser Tat zu sehen."
Auf jeden Fall war Arminius ein begnadeter Stratege. Er lenkte die Römer von ihrer ursprünglichen Route ab und postierte die ihm unterstehenden germanischen Truppen so geschickt, dass der Gegner in eine tödliche Falle tappte. Doch Kriegskunst allein, so der Historiker Alexander Demandt, verhalf dem Überläufer nicht zu seinem Triumph.
"Seine wichtigsten Verbündeten waren der Wald und das Wetter, die es den Römern unmöglich machten, ihre Überlegenheit zu entfalten. Die kilometerlange Marschkolone der Legionäre wurde von der Seite angegriffen. Vernichtet wurden drei Legionen und ihre Hilfstruppen. Varus nahm sich das Leben. Mommsen schätzt die römischen Verluste auf 20.000 Mann. Den Ort des Überfalls hatte ja bereits Mommsen durch Münzfunde 1885 identifiziert, aber keinen Glauben gefunden. Zur Identität von Kalkriese mit dem Hauptkampfplatz der Varusschlacht gibt es bisher aber keine seriöse Alternative."
Lange Zeit wurde die Varusschlacht als nationaler Triumph gefeiert. Mit entsprechendem Eifer suchten die Wissenschaftler nach dem genauen Austragungsort. Insgesamt 700 Vorschläge wurden gemacht, doch plausibel begründen konnte man die wenigsten. Nirgendwo ließen sich materielle Beweise aus dem Boden graben. Ausgenommen von diesem Dilemma war allein Kalkriese. Heidrun Derks:
"Wir haben hier über 5.000 archäologische Funde, Militaria, Ausstattung von Legionären und allem, was dann zu so einem Heereszug dazugehörte. Also, die Römer sind hier in voller Gänze wirklich in einem Umfang und einer Masse nachgewiesen, das gibt es an gar keinem anderen Ort auf dieser Welt."
Lange Zeit galt die Varusschlacht als Geburtsstunde des Volkes der Germanen, die bis dahin in einzelnen, voneinander isolierten Stämmen gelebt hatten. Tatsächlich zerfiel das Bündnis nach der Schlacht aber bald wieder. Das Heer der Römer jedoch hatten sie so vernichtend geschlagen, dass diese nicht mehr daran dachten, die Germanen unterwerfen zu wollen. Ihre eroberten Gebiete gaben die Römer zwar nicht gleich auf, wie man bis ins 19. Jahrhundert hinein behauptete, aber nach weiteren kleineren Scharmützeln zogen sie sich aus den meisten Teilen Germaniens endgültig zurück.