Geburtstagsrede und Poetikvorlesung
Die Vorbilder des Autors wie Samuel Beckett oder Thomas Mann stehen im Mittelpunkt: Daniel Kehlmann fasst 15 Aufsätze über die Werke seiner Vorfahren, die er in den letzten Jahren publiziert hat, als literarische Rezension zusammen.
Lob über Literatur? Das klingt interessant. Wen lobt der Erfolgsschriftsteller Daniel Kehlmann? Seine literarischen Ahnen, sich selbst? Die Sammlung des Meisters in jungen Jahren (Geburtsjahr 1975) umfasst 15 Aufsätze über Vorbilder, publiziert in Tages-, Wochen- und Literaturzeitschriften zwischen 2007 und 2010.
Die Vorbilder reichen von Vladimir Nabokov bis zum eigenen Vater, dem Regisseur Michael Kehlmann, von Thomas Bernhard bis Max Gold, von Truman Capote bis Knut Hamsun. Aufgeschrieben ist das Lob in Form der literarischen Rezension, der Lob- und Geburtstagsrede und der Poetikvorlesung. Endpunkt des Bandes ist Kehlmanns polemisch und kontrovers diskutierte Eröffnungsrede zu den Salzburger Festspielen 2009.
Man kann das Buch als eines der überflüssigen und eitlen Zweitverwertungen abtun. Man kann es aber auch - und in diesem Fall ist das die bessere Lösung - als ein literarisches Selbstporträt lesen, als vielseitigen Kehlmann-Kommentar. Denn in jedem der Texte, sei er zu Samuel Beckett oder über Thomas Mann, sind reichlich Spurenelemente jenes Daniel Kehlmann zu finden, der einen in 40 Sprachen übersetzten Bestseller über die "Vermessung der Welt" geschrieben hat.
Jenes Daniel Kehlmann, der Thomas Bernhards Talent zur Verzerrung, zu Witz, Brillanz und Gehässigkeit lobt und bei Max Gold überschwänglich den Mut zum Irrsinn und zur Absurdität herausstellt. So etwas gefällt ihm, weil genau diese Eigenschaften, Kehlmanns eigenes Markenzeichen sind - man erinnere sich nur an den tölpelhaften Journalisten im Roman "Ich und Kaminski" oder an die Freude, mit der Kehlmann dem Mathematiker Gauß ein knorziges Wesen verpasst.
Daniel Kehlmann entkernt die Autoren, über die er schreibt, bis zu dem Punkt, wo sie sein eigenes literarisches Schaffen streifen. Er findet dort die empfindlichen Stellen, den Widerstand, die entzündliche Seele, auf die man auch bei seinen keineswegs sanften, sondern oft widerborstigen Figuren trifft.
Und wer kein Buch Kehlmanns kennt und auch keines lesen möchte? Jeder einzelne Text (abgesehen von der Salzburg-Rede) ist ein schönes Stück über Literatur, über das Interesse eines lesenden Schriftstellers an den Werken der Vorfahren. Daniel Kehlmann ist deren selbstbewusster Kenner. Der Band "Lob" ist eine Selbstoffenbarung.
Besprochen von Verena Auffermann
Daniel Kehlmann: Lob - Über Literatur
Rowohlt Verlag, Reinbek 2010
190 Seiten, 18,95 Euro
Die Vorbilder reichen von Vladimir Nabokov bis zum eigenen Vater, dem Regisseur Michael Kehlmann, von Thomas Bernhard bis Max Gold, von Truman Capote bis Knut Hamsun. Aufgeschrieben ist das Lob in Form der literarischen Rezension, der Lob- und Geburtstagsrede und der Poetikvorlesung. Endpunkt des Bandes ist Kehlmanns polemisch und kontrovers diskutierte Eröffnungsrede zu den Salzburger Festspielen 2009.
Man kann das Buch als eines der überflüssigen und eitlen Zweitverwertungen abtun. Man kann es aber auch - und in diesem Fall ist das die bessere Lösung - als ein literarisches Selbstporträt lesen, als vielseitigen Kehlmann-Kommentar. Denn in jedem der Texte, sei er zu Samuel Beckett oder über Thomas Mann, sind reichlich Spurenelemente jenes Daniel Kehlmann zu finden, der einen in 40 Sprachen übersetzten Bestseller über die "Vermessung der Welt" geschrieben hat.
Jenes Daniel Kehlmann, der Thomas Bernhards Talent zur Verzerrung, zu Witz, Brillanz und Gehässigkeit lobt und bei Max Gold überschwänglich den Mut zum Irrsinn und zur Absurdität herausstellt. So etwas gefällt ihm, weil genau diese Eigenschaften, Kehlmanns eigenes Markenzeichen sind - man erinnere sich nur an den tölpelhaften Journalisten im Roman "Ich und Kaminski" oder an die Freude, mit der Kehlmann dem Mathematiker Gauß ein knorziges Wesen verpasst.
Daniel Kehlmann entkernt die Autoren, über die er schreibt, bis zu dem Punkt, wo sie sein eigenes literarisches Schaffen streifen. Er findet dort die empfindlichen Stellen, den Widerstand, die entzündliche Seele, auf die man auch bei seinen keineswegs sanften, sondern oft widerborstigen Figuren trifft.
Und wer kein Buch Kehlmanns kennt und auch keines lesen möchte? Jeder einzelne Text (abgesehen von der Salzburg-Rede) ist ein schönes Stück über Literatur, über das Interesse eines lesenden Schriftstellers an den Werken der Vorfahren. Daniel Kehlmann ist deren selbstbewusster Kenner. Der Band "Lob" ist eine Selbstoffenbarung.
Besprochen von Verena Auffermann
Daniel Kehlmann: Lob - Über Literatur
Rowohlt Verlag, Reinbek 2010
190 Seiten, 18,95 Euro